Ein privater Grundstücksbesitzer ist in der Regel berechtigt, Falschparker sofort abschleppen zu lassen, ohne die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme beachten zu müssen, solange die Maßnahme erforderlich ist, um die Besitzstörung zu beenden. Vor dem Amtsgericht München nützte einem Falschparker deshalb auch ein am Fahrzeug angebrachter Hinweiszettel mit Telefonnummer nichts.
Darum geht es
Der Kläger aus Köln stellte seinen Pkw am Samstag, dem 24.10.2015, um 22:30 Uhr auf einer Parkfläche für Bahnbedienstete in Augsburg ab, die als privater Parkplatz von der beklagten Grundstücksbesitzerin gekennzeichnet ist. Als er am 25.10.2015 um 1:30 Uhr zurückkehrte war der PKW nicht mehr da. Der Kölner wandte sich an die örtliche Polizeidienststelle und erfuhr dort, dass sein Fahrzeug von einem Abschleppdienst auf Veranlassung der Grundstücksbesitzerin abgeschleppt worden ist.
Zwischen der Beklagten und dem Abschleppdienst besteht eine Rahmenvereinbarung. Nach dieser Vereinbarung tritt die Grundstücksbesitzerin alle ihre Ansprüche gegen unberechtigte Parkplatznutzer auf Kostenerstattung an den Abschleppdienst ab, so dass der Abschleppdienst die Abschleppkosten erhebt. Der Kläger zahlte an den Abschleppdienst insgesamt 253 € bevor er sein Fahrzeug wieder in Empfang nehmen konnte.
Der Kläger hatte hinter der Windschutzscheibe seines Pkw einen Zettel mit dem Hinweis ?bei Parkplatzproblemen bitte anrufen? mit seiner Mobilfunknummer hinterlassen. Er ist der Meinung, dass das Abschleppen unverhältnismäßig gewesen sei. Er habe sich in der Nähe aufgehalten und hätte das Fahrzeug umgehend entfernen können. Das Fahrzeug habe auch niemanden behindert. Zudem seien die von ihm verlangten Kosten zu hoch. Den Aufwand für die Dokumentation (65,50 €) schulde er nicht, ebenso wenig den Nachtzuschlag (23 €). Er verlangt die Abschleppkosten zurück. Da die Grundstückseigentümerin nicht zahlte, erhob der Kölner Klage zum Amtsgericht München.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Die zuständige Richterin wies die Klage ab. Die beklagten Grundstückseigentümerin habe von dem falschparkenden Kläger Schadensersatz verlangen können, die Zahlung des Klägers an den Abschleppdienst sei daher mit Rechtsgrund erfolgt.
Indem der Kläger sein Fahrzeug auf dem nicht der Öffentlichkeit gewidmeten Grundstück der Beklagten abstellte, verletzte er deren Eigentum und Besitz. Hierin liegt eine verbotene Eigenmacht und ein teilweiser Besitzentzug (§§ 858, 859 Abs. 3 BGB). Der Kläger handelte auch schuldhaft (§ 823 Abs. 2 Satz 2 BGB).
Dem Kläger hätte diese Verletzung des Eigentums und des Besitzes der Beklagten beim Abstellen seines Fahrzeugs auffallen müssen. Er räumt selbst ein, dass entsprechende Hinweisschilder für eine private Nutzung der Parkfläche vorhanden waren. Der Schaden der Grundstücksbesitzerin liege in den Kosten, die sie wegen des Falschparkens des Klägers hatte, also den Abschleppkosten.
Dabei sei die Grundstückseigentümerin - anders als eine staatliche Stelle - nicht an den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebunden, solange ihre Maßnahmen dazu erforderlich sind, den Schaden (also die Besitzstörung durch den Falschparker) zu beseitigen. Danach musste die Beklagte, die dort Parkplätze für übernachtende Bahnmitarbeiter bereit hält, mitten in der Nacht nicht bei einem ihr völlig unbekannten Kfz-Halter anrufen, mit dem sie ersichtlich in keinerlei geschäftlichen Kontakt stand (ggf. anders bei Kundenparkplätzen, wenn es um dort mutmaßlich abgestellte Kundenfahrzeuge geht).
Insoweit kann auch der weitere Vortrag des Klägers zu seinem allgemein gehaltenen Hinweis hinter der Windschutzscheibe als zutreffend unterstellt werden. Aus diesem Zettel ging nicht hervor, dass er sich nur wenige Minuten auf dem Parkplatz der Beklagten aufhalten will; ganz im Gegenteil suggeriert sein Hinweis, dass der Parkplatz von ihm nicht nur kurzfristig genutzt werden sollte. Ebenso wenig kann dem Zettel entnommen werden, dass sich der Kläger im Falle eines Anrufs sofort wieder einfinden werde. Sein Aufenthaltsort und der Zweck seines Aufenthalts werden darin nicht mitgeteilt.
Die Beklagte durfte unter diesen Umständen das ihr zur Verfügung stehende effektivste Mittel des Abschleppens wählen, um die vom Kläger verübte Eigentumsstörung und die darin liegende verbotene Eigenmacht ?sofort? zu beenden?, so die Urteilsbegründung. Die reinen Abschleppkosten in Höhe von 164,50 € zuzüglich des Nachtzuschlags seien nicht zu beanstanden, da sie ortsüblich wären. Auch die Dokumentationskosten seien erst durch das Falschparken ausgelöste worden und daher erstattungsfähig.
Das Urteil ist rechtskräftig.
Amtsgericht München, Urt. v. 02.05.2016 - 122 C 31597/15
Quelle: Amtsgericht München, Pressemitteilung v. 15.07.2016