Das Landgericht München I hat entschieden, dass ein Abschleppunternehmer keine Erpressung bzw. versuchte Erpressung begeht, wenn ihm nicht nachgewiesen werden kann, vorsätzlich von Autobesitzern einen so überhöhten Betrag verlangt zu haben, dass die Schwelle der Strafbarkeit überschritten ist. Im entschiedenen Fall ging es um Fahrzeuge, die widerrechtlich auf Privatgrundstücken geparkt waren.
Darum geht es
Ein Abschleppunternehmen war von Privatpersonen bzw. Privatunternehmen beauftragt worden, auf deren Parkflächen widerrechtlich abgestellte Fahrzeuge abzuschleppen. Einer weit verbreiteteten Praxis folgend gab das Abschleppunternehmen die Fahrzeuge erst gegen Geldzahlung wieder an die Autobesitzer heraus. Mehrere Hundert Euro sollen dabei verlangt worden sein.
Die Staatsanwaltschaft hatte in insgesamt 29 Fälle den Abschleppunternehmer wegen Erpressung, versuchter Erpressung bzw. Beleidigung angeklagt und eine Freiheitsstrafe von drei Jahren beantragt. Das Verfahren gegen einen vormaligen Mitangeklagten war schon zu einem früheren Zeitpunkt eingestellt worden.
Wesentliche Entscheidungsgründe
In der Beweisaufnahme hat das Landgericht an insgesamt 14 Verhandlungstagen mehr als 100 Zeugen vernommen und sich mit der einschlägigen zivil- und strafrechtlichen Rechtsprechung auseinandergesetzt. Im Ergebnis bejahte das Landgericht in keinem der Fälle eine Strafbarkeit.
In keinem Fall sei nachweisbar gewesen, dass der angeklagte Abschleppunternehmer ordnungsgemäß geparkte Fahrzeuge abgeschleppt hatte. Die jeweiligen Fahrzeugführer hätten vielmehr einräumen müssen, dass ihre Fahrzeuge vor dem Abschleppen widerrechtlich geparkt waren.
Einige Eigentümer der privaten Parkplätze hatten sogar behauptet, dass die Autobesitzer wiederholt vorherige Ansprachen ignoriert hätten. Das Gericht hat daraus geschlossen, dass der Einsatz des Abschleppunternehmens des Angeklagten für einige Parkplatzeigentümer das letzte Mittel gewesen sei. Den Einsatz sogenannter „Parkkrallen“ hat das Landgericht zwar für unzulässig gehalten - aber auch hier habe dem Angeklagten kein Vorsatz nachgewiesen werden können.
Auch für den Vorwurf, der Abschleppunternehmer habe die Autobesitzer widerrechtlich zur Zahlung überhöhter Abschleppkosten genötigt, sah das Gericht keinen abschließenden Nachweis. Insoweit sei es nicht Aufgabe eines Strafverfahrens, die Höhe „angemessener“ Abschleppkosten verbindlich festzulegen. Dies sei hingegen Aufgabe der Zivilgerichte, deren Rechtsprechung aber diesbezüglich nicht einheitlich sei.
Die für das Strafverfahren maßgebliche Frage, ob dem Angeklagten nachgewiesen werden konnte, vorsätzlich einen so überhöhten Betrag verlangt zu haben, dass die Schwelle der Strafbarkeit überschritten war, konnte demnach nicht eindeutig bejaht werden. Insoweit war auch von Bedeutung, dass der Angeklagte hinsichtlich der Zulässigkeit seines Geschäftsmodells angeblich von mehreren Anwälten rechtlich beraten wurde. In diesem Zusammenhang hat das Gericht aber betont, dass mit seiner Entscheidung keine Legitimierung des Geschäftsgebarens des Angeklagten verbunden sei.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Landgericht München I, Urt. v. 12.08.2015
Quelle: OLG München, Pressemitteilung v. 12.08.2015