Parken im Halteverbot kann insbesondere dann teuer werden, wenn das Fahrzeug abgeschleppt wird. Streitig ist dann oft die Höhe der jeweils erstattungsfähigen Abschleppkosten. Das Amtsgericht München hat im Fall eines abgeschleppten Fahrzeugs, das widerrechtlich auf einem privaten Parkplatz geparkt war, die von einem Abschleppunternehmer veranschlagten Kosten deutlich gekürzt.
Darum geht es
Die Klägerin ist Abschleppunternehmerin, spezialisiert auf das Abschleppen von Fremdfahrzeugen. Der Beklagte war Halterin eines VW Polo, der am 28.03.2018 von der Beklagten auf dem privaten Außenstellplatz des Olympia Towers in München abgestellt wurde. An der Stirnseite des Stellplatzes war das allgemein bekannte Verkehrszeichen für absolutes Halteverbot mit einem Zusatz der Abschleppung für den Fall einer Zuwiderhandlung angebracht.
Von ca. 19:30 Uhr bis 21:30 Uhr führte die Klägerin eine Fremdabschleppung des benannten Pkws der Beklagten durch. Zunächst wurde ein Landrover Defender eingesetzt, der den Polo halb aus dem Stellplatz herauszog, bis dann ein Abschleppwagen erschien. Zwischenzeitlich war die Beklagte zu ihrem Fahrzeug zurückgekehrt und setzte sich auch kurz in ihr Fahrzeug. Sie rief die Polizei zu Hilfe, die nach längerer Erörterung die Mitarbeiter der Beklagten gewähren ließen.
Da die Beklagte nicht bereit war, die von den Mitarbeitern für die Anfahrt geforderten 330 € bar zu zahlen, schleppten die Mitarbeiter den Pkw zu ihrer Verwahrstelle, wo der Pkw zunächst für zwei Tage abgestellt und nach Hinterlegung einer Summe von 635 € durch die Beklagte beim Amtsgericht München zur Abwendung eines Zurückbehaltungsrechts der Klägerin an die Beklagte herausgegeben wurde.
Die Klägerin ist der Auffassung, dass sie einen Anspruch auf Zahlung von 635 € gegen die Beklagte wegen verbotswidrigen Parkens und der deshalb erfolgten Fremdabschleppung habe. Die Kosten würden sich auf Grundlage einer Abschleppdauer von 2,5 Stunden, einem Zuschlag für einen Einsatz außerhalb der Öffnungszeiten, Zusatzkosten für den Einsatz eines Radrollers, zwei Tage Standgebühren und erforderliche Vorbereitungsmaßnahmen errechnen.
Die Kosten seien auch deshalb höher als üblich, da die Beklagte den Abschleppvorgang mutwillig verlängert habe, indem diese die Polizei gerufen und sich zur Verhinderung des Abschleppvorgangs in das Auto gesetzt habe.
Die Beklagte ist der Auffassung, dass die geltend gemachten Abschleppkosten jedenfalls weit überhöht und damit nicht ersatzfähig seien.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Der zuständige Richter am Amtsgericht München sah den Schadensersatzanspruch nur teilweise als begründet an und gab der Klage auf Auszahlung des von der Beklagten hinterlegten Betrages nur in Höhe von € 344,75 statt.
Der Klägerin stand gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung der Abschleppkosten dem Grunde nach zu, da die Beklagte ihr Fahrzeug zu Unrecht auf dem ausreichend beschilderten Privatparkplatz am 28.03.2018 abgestellt hatte.
Nach höchstrichterlichen Rechtsprechung gehören zu den erstattungsfähigen Abschleppkosten nicht nur die reinen Abschleppkosten, sondern auch die Kosten, die im Zusammenhang mit der Vorbereitung des Abschleppvorgangs entstanden sind, etwa durch die Überprüfung des unberechtigt abgeschleppten Fahrzeuges, um den Halter ausfindig zu machen, die Zuordnung des Fahrzeuges in eine bestimmte Fahrzeugkategorie und das Anfordern eines geeigneten Abschleppfahrzeuges.
Die Höhe des zu leistenden Schadensersatzes wird durch das Gebot der Wirtschaftlichkeit begrenzt. Danach hat der Geschädigte unter mehreren zum Schadensausgleich führenden Möglichkeiten im Rahmen des ihm Zumutbaren und unter Berücksichtigung seiner individuellen Lage grundsätzlich den wirtschaftlichsten Weg für die Beseitigung der verbotenen Eigenmacht zu wählen.
Als erforderlich sind diejenigen Aufwendungen anzusehen, die ein verständiger und wirtschaftlicher denkender Mensch in der Lage des Geschädigten machen würde.
Nach den bislang beim Amtsgericht München seit 2015 eingeholten Sachverständigengutachten zu Abschleppkosten betreffend Fremdfahrzeuge von Parkplätzen auf Privatgrund hat das Gericht den verfestigten Eindruck gewonnen, dass es in München keinen richtigen Markt mit einer hinreichenden Anzahl von Markteilnehmern gibt, bei dem sich ein Marktpreis ermitteln lässt, der den ortsüblichen Preis für die Abschleppmaßnahme samt ersatzfähiger Vorbereitungsmaßnahmen für München widerspiegelt.
Das Gericht konnte eine Schätzung nach § 287 ZPO vornehmen. Das Gericht hält daher für den am 28.03.2018 erfolgten Fremdabschleppvorgang einen Grundbetrag von 230 € netto zuzüglich eines Zuschlages von 15% für Sonn- und Nachtarbeit und zuzüglich 19% Mehrwertsteuer zuzüglich nicht bestrittene Standgebühren für den Pkw der Beklagten in Höhe von weiteren 30 € für zwei Tage für ersatzfähig, so dass der von der Klägerin zu fordernde Betrag insgesamt 344,75 € (314,75 € + 30 €) beträgt.
Das Urteil ist nach Rücknahme der Berufung rechtskräftig.
Amtsgericht München, Urt. v. 15.11.2018 - 472 C 8222/18
Quelle: Amtsgericht München, Pressemitteilung v. 05.04.2019