Das Landgericht Frankfurt hat entschieden, dass die Schließung eines Einzelhandelsgeschäfts im Zuge der Corona-Pandemie keinen Mangel darstellt und keine Mietminderung rechtfertigt. Eine Mieterin kann auch nicht wegen „Störung der Geschäftsgrundlage“ eine Vertragsanpassung und eine Reduzierung der Miete verlangen, solange sie nicht ausnahmsweise in ihrer Existenz bedroht ist.
Darum geht es
Die beklagte Mieterin verkauft Kleidung und Textilien und betreibt in Deutschland viele Filialen. Eines ihrer Einzelhandelsgeschäfte in Frankfurt musste sie vom 18.03.2020 bis zum 20.04.2020 wegen einer Anordnung des Landes Hessen im Zuge der Corona-Pandemie schließen.
Dadurch entstand ihr im März ein Umsatzrückgang von 54 % und im April von 41 % im Vergleich zu den beiden Vorjahren. Die Beklagte verzeichnete eine so erhebliche Liquiditätslücke, dass sie die Miete für das Geschäft in Frankfurt im April 2020 zunächst nicht begleichen konnte.
Vor dem Landgericht Frankfurt am Main klagte die Vermieterin auf Zahlung der Miete für diesen Monat in Höhe von rund 6.000 €.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Das Landgericht Frankfurt am Main gab der Klage der Vermieterin statt.
Zwar könnten auch öffentlich-rechtliche Einschränkungen oder Verbote gerade bei der Vermietung von Gewerberäumen grundsätzlich einen Mietmangel darstellen.
Dafür müsse die Ursache der staatlichen Nutzungsuntersagung aber in dem Mietobjekt selbst oder seiner Beziehung zur Umwelt begründet sein. Das sei bei Betriebsschließungen aufgrund der Corona-Pandemie jedoch nicht der Fall.
Die hoheitlichen Maßnahmen dienen demnach dem Schutz der Bevölkerung vor allgemeinen gesundheitlichen Gefahren. Sie knüpfen nicht unmittelbar an die Beschaffenheit der Mietsache an, sondern allgemein an deren Nutzungsart sowie dem Umstand, dass in den Flächen Publikumsverkehr stattfindet und dadurch Infektionen begünstigt werden.
Die Mieterin könne von der Vermieterin auch keine Vertragsanpassung und keine Reduzierung der Miete wegen einer sog. Störung der Geschäftsgrundlage verlangen.
Bei unvorhersehbaren Ereignissen könne eine Mietpartei zwar grundsätzlich eine Änderung der vereinbarten Mietzahlungen einfordern, wenn dies zur Vermeidung eines untragbaren, mit Recht und Gerechtigkeit nicht zu vereinbarenden Ergebnisses unabweislich erscheint.
Einen solchen extremen Ausnahmefall, der nur bei existenziell bedeutsamen Folgen gegeben sei, habe die beklagte Mieterin aber nicht dargelegt.
Ihre Liquiditätsengpässe reichten dafür nicht, zumal sie durch eine kurzfristige Gesetzesänderung vor einer Kündigung wegen Corona-bedingter Zahlungsschwierigkeiten geschützt worden sei. Insoweit verwies das Gericht auf Art. 240 § 2 Abs. 1 S. 1 EGBGB, wonach der Mieter vor einer Kündigung geschützt ist, soweit er - bedingt durch die Corona-Pandemie - seine Miete vorübergehend nicht pünktlich leisten konnte.
Außerdem habe die Beklagte in allen Filialen Kurzarbeit eingeführt und dadurch beträchtliche Einsparungen verbuchen können. Der Umsatzrückgang sei demnach vorübergehend geblieben. Weil die Mieterin nicht vorgetragen habe, dass ihre Liquiditätssituation bis dato immer noch angespannt war, sei ihr a auch zumutbar, die rückständige Miete zu begleichen.
Landgericht Frankfurt am Main, Urt. v. 05.10.2020 - 2-15 O 23/20
Quelle: Landgericht Frankfurt am Main, Pressemitteilung v. 16.11.2020