Das OLG Nürnberg hat die Voraussetzungen eines Kündigungsausschlusses während der Corona-Pandemie aufgezeigt. Demnach setzt ein Kündigungsausschluss im Gewerberaummietrecht keine Vermögenslosigkeit des Mieters voraus. Es reicht nach dem Gericht aus, dass die Pandemie mitursächlich für die Nichtzahlung der Miete war. Es muss nicht auf sonstige Rücklagen zurückgegriffen werden.
Darum geht es
Der Beklagte betreibt in Nürnberg eine Gaststätte. Er war von der Klägerin bei dem Landgericht Nürnberg-Fürth auf Räumung verklagt worden, wobei die Kündigung u. a. darauf gestützt wurde, dass der Beklagte die Monatsmieten für Mai und Juni 2020 nicht bezahlt hatte.
Das Landgericht hat den Beklagten zur Räumung verurteilt und dies damit begründet, dass der Kündigungsausschluss während der Corona-Pandemie nicht greife, da der Beklagte den Zusammenhang zwischen der Nichtzahlung der Miete und der COVID-19-Pandemie nicht glaubhaft gemacht habe.
Das Urteil war vorläufig vollstreckbar und der Beklagte hätte die Vollstreckung nur durch Leistung einer Sicherheit von 30.000 € abwenden können. Gegen das Urteil des Landgerichts hat der Beklagte Berufung beim OLG Nürnberg eingelegt und gleichzeitig beantragt, die Zwangsvollstreckung einstweilen ohne Sicherheitsleistung einzustellen.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Der Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung hatte Erfolg, das Berufungsverfahren ist noch nicht abgeschlossen.
Das OLG Nürnberg kam im Rahmen seiner bei der Entscheidung über die Einstellung der Zwangsvollstreckung vorzunehmenden summarischen Prüfung zu dem Ergebnis, dass eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür spreche, dass das Urteil des Landgerichts mit der gegebenen Begründung nicht aufrechterhalten bleiben könne.
Der Beklagte hatte vorgetragen, dass er aufgrund der Pandemielage im April 2020 keine und in den Monaten Juni und Juli nur sehr geringe Einnahmen gehabt habe.
Die finanziellen Reserven seien bereits in den Monaten März und April 2020 aufgrund der laufenden Kosten aufgebraucht gewesen. Auch die Corona-Soforthilfe hätte nicht ausgereicht, um den Finanzbedarf zu decken. Er sei auch nicht in der Lage, eine Sicherheit von 30.000 € zu leisten.
Zur Glaubhaftmachung hat der Beklagte - allerdings erstmalig in der Berufungsinstanz - eine eidesstattliche Versicherung des Steuerberaters sowie Unterlagen aus der Buchhaltung vorgelegt.
Das OLG sah aufgrund dieses Vorbringens und der vorgelegten Beweismittel den erforderlichen Zusammenhang zwischen der COVID-19-Pandemie und der Nichtleistung der Miete als belegt an.
Ein weiteres Vorbringen des Beklagten sei nicht nötig. Dieser müsse insbesondere nicht seine Vermögenslosigkeit im Zeitraum der Nichtzahlung der Miete beweisen. Es komme entscheidend darauf an, dass die Miete aus den laufenden gewerblichen Einnahmen oder sonstigen Erträgen nicht bezahlt werden könne.
Die Tatsache, dass Gastwirte im Zeitraum zwischen 20.03.2020 und 29.05.2020 keinen Umsatz erzielen konnten, sei aufgrund der damaligen Rechtslage in Bayern offenkundig und bedürfe keines weiteren Beweises.
Gaststätten, die keinen Außer-Haus-Verkauf betreiben, konnten in diesem Zeitraum keine Umsätze erzielen.
Es sei insbesondere nach dem Gesetz auch nicht erforderlich, dass der Gastwirt auf „sonstige Rücklagen“ zurückgreifen müsse. Deshalb reiche es für den Kündigungsausschluss aus, dass die Pandemie mitursächlich für die Nichtzahlung der Miete gewesen sei.
Die Tatsache, dass der Beklagte im Juni und Juli wieder Einnahmen erzielen konnte, ist nach Ansicht des OLG Nürnberg bei der Beurteilung der Voraussetzungen des Kündigungsausschlusses von untergeordneter Bedeutung.
Die Miete habe nach dem Vertrag jeweils am Monatsanfang bezahlt werden müssen. Dass der Beklagte zu einem späteren Zeitpunkt über Mittel verfügte, lasse sein Unvermögen, die Miete im Mai und Juni 2020 fristgerecht zu bezahlen, nicht rückwirkend entfallen.
Die gesetzliche Regelung lässt nicht die Zahlungspflicht entfallen, sondern bedeutet nur, dass man nicht gekündigt werden kann, wenn man im fraglichen Zeitraum nicht bezahlt.
OLG Nürnberg, Beschl. v. 04.09.2020 - 13 U 3078/20
Quelle: OLG Nürnberg, Pressemitteilung v. 30.11.2020