Ein „Hartz IV“- Bezieher, der eine Erbschaft u.a. für Nachtclubbesuche ausgab, muss kein Arbeitslosengeld II zurückzahlen. Das Sozialgericht Heilbronn stellte klar: Soweit die Ausgaben das sog. Schonvermögen betreffen, können diese nicht sozialwidrig sein und damit auch nicht zu einer Rückerstattung führen. Außerdem war der Bescheid des Jobcenters nach Ansicht des Gerichts unklar formuliert.
Darum geht es
Der 1955 geborene Kläger bezog in der Vergangenheit Leistungen nach dem SGB II (sog. „Hartz IV“), bis er vorübergehend eine Arbeitsstelle fand. Im März 2009 erbte er (nach Abzug von Steuern und nachlassbedingten Ausgaben) gut 16.000 € und bestritt in der Folgezeit allein hiervon seinen Lebensunterhalt, wobei er den Betrag eigenen Angaben zufolge u.a. einer Nachtclubtänzerin zuwendete und für das „Knüpfen von Beziehungen“ ausgab.
Im Dezember 2009 beantragte der inzwischen wieder mittellose K erneut SGB II - Leistungen, welche ihm das Heilbronner Jobcenter fortlaufend bewilligte. Im Oktober 2011 erließ das Jobcenter folgenden Bescheid:
„Sie haben nach den vorliegenden Unterlagen Ihr Einkommen oder Vermögen vermindert. Aus den vorliegenden Unterlagen ist kein wichtiger Grund für Ihr Verhalten erkennbar. (…) Sie haben grob fahrlässig gehandelt. Sie sind deshalb zum Ersatz der deswegen gezahlten Leistungen verpflichtet. (…) Da der Ersatz der deswegen gezahlten Leistungen Sie jedoch künftig nach dem SGB II bzw. SGB XII abhängig machen würde, ist von der Rückzahlung (...) abzusehen. Ich weise Sie daraufhin, dass der Verzicht auf die Rückzahlung unverzüglich widerrufen wird, sobald sich Ihre finanziellen Voraussetzungen (..) ändern.“
Wesentliche Entscheidungsgründe
Die hiergegen gerichtete Klage war erfolgreich. Das Sozialgericht Heilbronn hat den Bescheid aufgehoben.
Er sei nicht hinreichend bestimmt und widersprüchlich, weil auch nach mehrmaligem Lesen nicht verständlich sei, was das Jobcenter habe entscheiden wollen. So solle K einerseits „zum Ersatz verpflichtet“ werden, andererseits werde aber von der Rückzahlung „abgesehen“ bzw. hierauf „verzichtet“. Im Übrigen brauche nicht entschieden werden, ob das Ausgeben einer Erbschaft für Nachtclubtänzerinnen als sozialwidriges Verhalten anzusehen sei. Denn K stehe ein Vermögensfreibetrag von knapp 9.000 € zu (sog. „Schonvermögen“).
Diesen Betrag hätte K sogar weiter besitzen und trotzdem Hartz IV in voller Höhe beziehen können. Ein Ausgeben dieses Betrags könne daher nicht sozialwidrig sein. Zudem sei zu berücksichtigen, dass K in den 9 Monaten vom Erhalt der Erbschaft bis zum erneuten Bezug von „Hartz IV“ mindestens notwendige Ausgaben in Höhe von 8.000 € hatte (monatlich rund 400 € Miete, knapp 140 € Krankenversicherungsbeitrag und 359 € sonstige Lebenshaltungskosten bei Ansatz des seinerzeitigen Regelsatzes).
Sozialgericht Heilbronn, Urt. v. 24.07.2014 - S 9 AS 217/12 K
Quelle: Sozialgericht Heilbronn, Pressemitteilung v. 28.07.2014