Das OLG Stuttgart hat einer Klage einer Verbraucherzentrale stattgegeben und es der Allianz Lebensversicherung untersagt, sich gegenüber Verbrauchern auf eine Klausel in Verträgen über eine fondsgebundene Riesterrente zu berufen, die eine Reduzierung der Rente bei nachhaltig abgesunkener Rendite der Kapitalanlagen vorsieht, aber keine Rückanpassung bei verbesserten Verhältnissen.
Darum geht es
Die Allianz hat in ihren Allgemeinen Versicherungsbedingungen für Verträge über eine fondsgebundene Riesterrente eine Klausel verwendet, die es ihr erlaubt, u.a. im Fall einer bei Vertragsschluss nicht vorhersehbaren und nicht nur vorübergehenden Absenkung der Rendite der Kapitalanlagen den sog. Rentenfaktor und damit die monatliche Rente des jeweiligen Versicherungsnehmers herabzusetzen.
In dem Fall, der vorliegend Anlass zur Klage gab, wurde bei Abschluss des Rentenversicherungsvertrags im Jahr 2006 der Rentenberechnung ein Rechnungszins von 2,75 % zugrunde gelegt, was eine Rente von 38,74 € pro 10.000 € Policenwert ergeben hätte.
Unter Berufung auf die Klausel hat die Beklagte den Rentenfaktor in zwei Schritten auf 30,84 € unter Zugrundelegung eines Rechnungszinses von 1,25 % reduziert.
Die klagende Verbraucherzentrale Baden-Württemberg hält die Anpassungsklausel für unwirksam, weil die Klausel weder eine Verpflichtung des beklagten Versicherers vorsehe, die Rente bei einer Verbesserung der Umstände wieder zu erhöhen noch dem Verbraucher die Möglichkeit einräume, nach erfolgter Anpassung mit zusätzlichen Beiträgen das Rentenniveau wieder anzuheben.
Das Landgericht Stuttgart hat die Klage der Verbraucherzentrale abgewiesen (Urt. v. 10.07.2023 - 53 O 214/22).
Wesentliche Entscheidungsgründe
Das OLG Stuttgart hat der Berufung der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg stattgegeben und der Allianz die Verwendung dieser Klausel sowie inhaltsgleicher Klauseln untersagt.
Nach dem Urteil des Senats ist die streitgegenständliche Klausel gem. § 307 Absatz 1 BGB wegen einer unangemessenen Benachteiligung des Verbrauchers unwirksam. Denn mit der Klausel wird allein das Interesse des Versicherers verfolgt, die Rentenhöhe abzusenken.
Die Klausel sieht hingegen nicht vor, dass die Absenkung wenigstens teilweise wieder rückgängig gemacht wird, wenn sich die Verhältnisse wieder nachhaltig bessern. Damit wird das Recht zur Vertragsanpassung einseitig zugunsten des Versicherers ausgestaltet.
Die freiwillig in späteren Anschreiben abgegebene Zusage, den Rentenfaktor wieder zu erhöhen, wenn sich bei Rentenbeginn mit den dann maßgebenden Rechnungsgrundlagen ein besserer Rentenfaktor ergibt, ändert an der Unangemessenheit der Klausel nichts. Eine entsprechende Verpflichtung muss sich vielmehr aus den damals verwendeten Versicherungsbedingungen ergeben.
Eine unangemessene Benachteiligung des Verbrauchers liegt dem Senat zufolge ferner darin, dass ihm keine Möglichkeit eingeräumt wird, auf die vorgenommene Rentenkürzung durch Einzahlung entsprechend höherer Prämien zu reagieren, um so die Rentenkürzung durch zusätzliche Einzahlungen wenigstens teilweise zu kompensieren.
Dass der Versicherungsnehmer nach den Versicherungsbedingungen ohnehin das Recht hat, einmal jährlich Zuzahlungen zu leisten oder den vereinbarten Beitrag zu erhöhen, stellt nach Auffassung des 2. Zivilsenats keine hinreichende Reaktionsmöglichkeit dar.
Denn diese Zusatzzahlungen sind in ihrer Höhe beschränkt und nicht mehr möglich, wenn der steuerlich absetzbare Höchstbetrag von 2.100,00 Euro pro Jahr schon ausgeschöpft ist.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der Senat hat die Revision zum BGH wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
OLG Stuttgart, Urt. v. 30.01.2025 - 2 U 143/23
Quelle: OLG Stuttgart, Pressemitteilung v. 30.01.2025