Das Amtsgericht Frankfurt hat entschieden, dass ein Reiseveranstalter verschuldensunabhängig in Zahlungsverzug gerät, wenn er dem Kunden die gezahlten Reisekosten nicht innerhalb von 14 Tagen nach einer Corona-bedingten Stornierung zurückzahlt. Die „freiwillige Gutschein-Lösung“ darf nicht zu Lasten des Kunden gehen. Das Gericht erkannte vorgerichtliche Anwaltskosten und Verzugszinsen an.
Darum geht es
Im zugrundeliegenden Verfahren buchte der Kläger bei einem in Frankfurt ansässigen Reiseunternehmen einen Pauschalurlaub nach Spanien. Wegen der Corona-Pandemie stornierte die Veranstalterin die Reise aber noch vor deren Beginn.
Sie erstattete dem Kläger den gezahlten Reisepreis in Höhe von 2.381,35 Euro jedoch nicht zurück, sondern gewährte ihm lediglich Reisegutscheine in entsprechender Höhe.
Eine Rückzahlung des Reisepreises erfolgte auch nicht nach vorgerichtlicher Einschaltung und Fristsetzung durch einen Anwalt. Der Kläger hat deswegen Klage mit der Begründung erhoben, dass er einen Anspruch auf Rückerstattung seines Geldes und nicht bloß auf den Erhalt von Gutscheinen habe.
Das nun beklagte Reiseunternehmen erkannte die Klage in Höhe von 2.381,35 € an. Es ist jedoch der Auffassung, dass es weder Verzugszinsen noch vorgerichtliche Anwaltskosten als Schaden des Klägers erstatten müsse.
Die Beklagte sei mit der Rückzahlung des Reisepreises nicht in Verzug gewesen. Insbesondere sei ihr die Rückzahlung wegen unvorhersehbarer Liquiditätsschwierigkeiten und nicht zu bewältigendem Organisationsbedarf nicht möglich gewesen.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Das Amtsgericht Frankfurt am Main hat der Klage stattgegeben. Die Beklagte sei nach nationalem und europäischem Recht 14 Tage nach Stornierung der Reise automatisch in Verzug geraten.
Die Mitteilung, dass die Reise wegen der Corona-Pandemie nicht durchgeführt werden könne, stellt nach Ansicht des Gerichts einen zumindest konkludent erklärten Rücktritt des Reiseunternehmens vom Reisevertrag dar.
Die 14-Tage-Frist wurde auch nicht durch Gutschriften gewahrt, denn darin sei keine „Erstattung“ des Reisepreises nach § 651h Abs. 5 BGB zu sehen.
Ein Angebot von Gutscheinen oder die Tatsache, dass sich der Veranstalter in Liquiditäts- und Organisationsschwierigkeiten wegen der Corona-Krise befindet ändert nach dem Gericht nichts an der Rückzahlungsverpflichtung.
Nach dem Grundsatz „Geld hat man zu haben“ müsse die Beklagte verschuldensunabhängig für die Rückzahlung ihrer Geldschuld einstehen.
Insbesondere berechtige sie die durch den Bundestag gewählte sog. „freiwillige Gutschein-Lösung“ nicht, zu Lasten des Kunden ihre Rückzahlungspflicht auszusetzen. Das durch den Gesetzgeber im Rahmen der Krise auf einigen Bereichen eingeführte Zahlungsmoratorium gelte im Zusammenhang mit dem Pauschalreiserecht gerade nicht.
Dem Kläger steht nach dem Gericht auch ein Erstattungsanspruch für die vorgerichtlichen Anwaltskosten zu. Demnach habe der Kläger durch Vorlage einer Quittung nachgewiesen, dass er die entsprechenden Gebühren an seinen Rechtsvertreter gezahlt hat.
Das Gericht hielt die Mandatierung auch für erforderlich, da die Beklagte sich bereits mit der Rückzahlung in Verzug befand und von dem Kläger nicht erwartet werden konnte, dass er vertraut mit den insoweit neuen reiserechtlichen Fragen ist.
Das Gericht wies ferner darauf hin, dass die Kosten auch mit dem geltend gemachten Gegenstandswert angesetzt werden durften (1,3 Regelgeschäftsgebühr, 20 € Verwaltungspauschale und Steuer). Zudem ergaben sich als weiterer Verzugsschaden gemäß § 288 Abs. 1 BGB nach Ablauf der gesetzten Frist Verzugszinsen.
Die Entscheidung ist rechtskräftig.
Amtsgericht Frankfurt am Main, Urt. v. 15.10.2020 - 32 C 2620/20 (18)
Quelle: Amtsgericht Frankfurt am Main, Pressemitteilung v. 28.10.2020