Neben einem Amtsvormund ist für einen unbegleiteten minderjährigen Flüchtling kein weiterer Vormund zu bestellen, auch wenn dem Amtsvormund einschlägige juristische Sachkunde fehlt. Die Bestellung eines Rechtsanwalts zum Mitvormund in asyl- und ausländerrechtlichen Angelegenheiten hat der BGH in diesem Fall abgelehnt. Ausreichend sei eine gewöhnliche Beauftragung eines Anwalts.
Sachverhalt
Ein 15 Jahre altes albanisches Kind kam allein nach Deutschland. Das AG stellte das Ruhen der elterlichen Sorge fest und bestellte das Kreisjugendamt zum Amtsvormund. Da dem Amt die notwendige juristische Sachkunde fehlt, um dem Kind in den Fragen der Aufenthaltssicherung nach dem Asyl- und Ausländerrecht behilflich sein zu können, beantragte es die Bestellung eines fachkundigen Rechtsanwaltes zum Mitvormund. AG und OLG wiesen den Antrag zurück. Der BGH bestätigte die Entscheidungen.
Wesentliche Aussagen der Entscheidung
Da das minderjährige Kind dauerhaft allein in Deutschland lebte, konnten seine Eltern die elterliche Sorge nicht ausüben. Aus diesem Grunde stellte das AG fest, dass die elterliche Sorge ruht. Aufgrund der Minderjährigkeit musste aber jemand benannt werden, der an Stelle der Eltern die elterliche Sorge ausübt. Deshalb wurde das Kreisjugendamt zum Vormund bzw. zum Amtsvormund benannt, da es sich um eine Behörde handelt.
Das Gesetz gibt vor, dass nach Möglichkeit nur eine Person oder eine Stelle als Vormund bestellt werden soll. Die Aufteilung der Aufgaben eines Vormundes auf mehrere Personen oder Stellen soll unterbleiben. Naturgemäß ist als Vormund jemand auszusuchen, der zur Führung der Vormundschaft geeignet ist. Das ist bei einem Kreisjugendamt stets der Fall.
Dass sich bei Führung der Vormundschaft besondere Fragen ergeben (Wie sind Interessen des Kindes – Mündels – im Hinblick auf ausländerrechtliche und asylrechtliche Fragen zu wahren?) und der Amtsvormund nicht in der Lage ist, diesen Aufgabenkreis selber sachgerecht zu bearbeiten, heißt nicht, dass ein Mitvormund zu bestellen sei – so die durchgängige Ansicht der angerufenen Gerichte.
Vielmehr sei in dieser bzw. einer solchen Situation vom Amtsvormund ein fachkundiger Rechtsanwalt mit der Interessenwahrnehmung zu beauftragen. Es sei ein normales Mandatsverhältnis zu begründen und bedürfe nicht der Sonderform der Bestellung eines Mitvormundes.
Folgerungen aus der Entscheidung
Wenn ein Vormund (sei es eine Privatperson, sei es ein Amtsvormund) nicht über die notwendigen Fachkenntnisse verfügt, um sich um die Interessen seines Mündels zu kümmern, hat er sich die entsprechende fachliche Hilfe einzuholen. Es handelt sich insofern um dieselbe Situation wie bei gesundheitlichen Fragen. Wird das Mündel krank, wird es ggf. ärztlich untersucht und behandelt, der behandelnde Arzt deshalb aber nicht zum Mitvormund ernannt.
Praxishinweis
Fehlen dem Mündel die Mittel, die anwaltschaftliche Unterstützung zu bezahlen, muss auf die Möglichkeiten der Beratungs- bzw. Prozesskostenhilfe zurückgegriffen werden.
BGH, Beschl. v. 13.09.2017 – XII ZB 497/16
Quelle: Rechtsanwalt und FA für Familienrecht Dr. Lambert Krause