Für die Darstellung der Leistungsunfähigkeit muss ein auf Mindestunterhalt in Anspruch genommener Unterhaltsschuldner Ausführungen zu seinem Alter, seiner Vorbildung und seinem beruflichen Werdegang machen. Nur der Hinweis auf eine Leistungsunfähigkeit reicht nicht aus. Das hat das OLG Brandenburg entschieden. Auch bei gesundheitlichen Problemen greifen Auskunfts- und Darlegungspflichten.
Sachverhalt
Der Vater wendet sich gegen die Versagung von Verfahrenskostenhilfe zur Verteidigung gegen die Inanspruchnahme auf Kindesunterhalt unterhalb des Mindestunterhalts für sein 2003 geborenes Kind.
Er wendet Leistungsunfähigkeit ein. Zudem verfüge die Mutter, gegen die er derzeit ein Auskunftsverfahren betreibe, über ein deutlich höheres Einkommen als er, sodass sie als andere Barunterhaltspflichtige nach § 1603 Abs. 2 Satz 3 BGB in Betracht komme.
Wesentliche Aussagen der Entscheidung
Die Beschwerde bleibt erfolglos. Das OLG stellt klar, dass sich die Leistungsunfähigkeit (§ 1603 BGB) des Vaters nicht feststellen lässt. Die Leistungsfähigkeit eines Unterhaltsschuldners wird nicht nur durch sein tatsächlich vorhandenes Vermögen und Einkommen bestimmt, sondern auch durch seine Arbeits- und Erwerbsfähigkeit. Wenn seine tatsächlichen Einkünfte nicht ausreichen, um den Unterhaltsbedarf des minderjährigen Kindes zu decken, trifft ihn unterhaltsrechtlich die Obliegenheit, die ihm zumutbaren Einkünfte zu erzielen.
Er muss insbesondere seine Arbeitsfähigkeit so gut wie möglich einsetzen und eine ihm mögliche Erwerbstätigkeit ausüben. Kommt er dieser Erwerbsobliegenheit nicht nach, muss er sich so behandeln lassen, als ob er das Einkommen, das er bei gutem Willen erzielen könnte, tatsächlich erzielt. Zum unterhaltsrechtlich relevanten Einkommen zählen daher auch Einkünfte, die der Unterhaltspflichtige in zumutbarer Weise erzielen könnte, aber tatsächlich nicht erzielt.
Der Unterhaltsschuldner trägt die Darlegungs- und Beweislast für seine eigene Lebensstellung. Im vorliegenden Fall hat der Vater aber hinsichtlich eines ihm möglichen Einkommens schon keine hinreichenden Ausführungen zu seiner Vorbildung und seinem vollständigen beruflichen Werdegang gemacht. So fehlen z.B. Angaben über den Zeitpunkt und das Niveau seines Schulabschlusses ebenso wie eine lückenlose Darstellung seines Ausbildungsgangs, seiner nach dem Ausbildungsabschluss ausgeübten Tätigkeiten und seiner dabei erzielten Einkommen.
Damit sind auch die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme eines anderen unterhaltspflichtigen Verwandten nach § 1603 Abs. 2 Satz 3 BGB, auf die sich der Vater beruft, nicht schlüssig dargetan. Zwar kann auch der Elternteil, der das Kind betreut, ein solcher leistungsfähiger anderer Verwandter sein. Jedoch lässt sich nicht ausschließen, dass der Vater den beanspruchten Unterhalt bei Erfüllung seiner einfachen Erwerbsobliegenheit ohne Beeinträchtigung seines angemessenen Selbstbehalts leisten kann. Denn auch zur etwaigen Beurteilung eines erheblichen finanziellen Ungleichgewichts zwischen den Eltern sind die Einkommen unter Einbeziehung der fiktiven Einkünfte des barunterhaltspflichtigen Elternteils zu vergleichen.
Folgerungen aus der Entscheidung
Diese Entscheidung bestätigt die strenge Linie, die die Familiengerichte bei der Unterhaltsverpflichtung gegenüber minderjährigen Kindern in ständiger Rechtsprechung verfolgen. Der schlichte Hinweis auf seine Leistungsunfähigkeit entlastet den Unterhaltspflichtigen nicht.
Praxishinweis
Im gerichtlichen Verfahren muss der zum Minderjährigenunterhalt Verpflichtete ausreichende substanziierte Ausführungen machen, um seine Leistungsunfähigkeit darzustellen. Es genügt nicht, sich lediglich auf mangelnde Erwerbsmöglichkeiten oder gesundheitliche Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit zu berufen. Der gesamte Ausbildungsweg und der bisherige berufliche Werdegang sind detailliert vorzutragen.
Beruft sich der Unterhaltsschuldner auf gesundheitliche Probleme, sind nicht nur die konkreten Beschwerden und deren konkrete Auswirkungen auf die beruflichen Möglichkeiten darzulegen, sondern ist auch auf bisherige Therapien und weitere Rehabilitationsmöglichkeiten einzugehen. Eine Bezugnahme auf beigefügte Atteste ersetzt den eigenen Sachvortrag nicht. Ein ohne substanziierten Sachvortrag gestellter Antrag auf Einholung eines ärztlichen Gutachtens stellt einen unzulässigen Ausforschungsbeweisantrag dar, dem das Gericht nicht nachgehen muss.
OLG Brandenburg, Beschl. v. 01.11.2016 – 13 WF 244/16
Quelle: Richter am Amtsgericht a.D. Dr. Wolfram Viefhues