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Familienrecht -

Unterhaltsstreit: Welche Auskünfte müssen Selbständige geben?

In welchem Umfang müssen Selbständige in einem Unterhaltsstreit Auskunft über ihr Einkommen geben? Das OLG München hat entschieden, dass sich die Auskunftsverpflichtung zwar auf den Gewinn erstreckt, aber kein Auskunftsanspruch über die zugrundeliegenden Geschäftsvorfälle besteht. Auskünfte sind nur so zu erteilen, wie sie zur Feststellung des Unterhaltsanspruchs erforderlich sind.

Sachverhalt

Das Familiengericht hat in einem Unterhaltsrechtstreit der als selbstständige Zahnärztin tätigen Antragsgegnerin aufgegeben, Auskunft durch eine systematische Aufstellung über ihre sämtlichen Einnahmen und Aufwendungen aus selbstständiger Tätigkeit zu erteilen. Ebenso wurde von der Frau verlangt, aus Kapitalvermögen, aus Vermietung und Verpachtung sowie aus anderer Herkunft unter Angabe der Privatentnahmen in den Jahren 2014 bis 2016 Auskunft zu geben.

Diese Auskünfte seien durch Vorlage der Einkommenssteuererklärung 2016 mit allen Anlagen, insbesondere der Bilanz nebst Gewinn- und Verlustrechnung bzw. etwaiger Einnahmenüberschussrechnung für 2016, jedenfalls ggf. in vorläufiger Form (BWA) für 2016 sowie des Einkommenssteuerbescheides 2016 zu belegen.

Für die Zulässigkeit der von der Antragsgegnerin eingeleiteten Beschwerde kommt es darauf an, ob der Beschwerdewert von 600 € erreicht wird; hierfür ist der mit der Erfüllung dieser Auskunftsverpflichtung verbundene Aufwand maßgeblich.

Wesentliche Aussagen der Entscheidung

In seinem Hinweisbeschluss bejaht das OLG dies und gibt dabei wertvolle Hinweise für die praktische Ausgestaltung eines Auskunftsantrags gegenüber einem selbstständig tätigen Beteiligten.

Einnahmen sind nach § 4 Abs. 3 EStG jeder Zahlungs- bzw. geldwerte Eingang eines Steuerpflichtigen. Unter einer Aufwendung wird jeder Geschäftsvorfall verstanden, der zu einer Eigenkapitalminderung des Buchführungs- und Steuerpflichtigen führt.

Mit der Auflage, sämtliche Einnahmen und Aufwendungen eines bestimmten Zeitraums zu beauskunften, wird der Antragsgegnerin im Grundsatz aufgegeben, die gesamte Buchführung vorzulegen und darzulegen, inwieweit die dort genannten Geschäftsvorfälle zu Betriebseinnahmen bzw. Aufwand geführt haben und dies näher zu erläutern.

Die Antragsgegnerin berechnet den Gewinn durch Einnahmen-Überschussrechnung gem. § 4 Abs. 3 EStG. Hierdurch wird aber der Aufwand nicht periodengerecht erfasst. Hierfür wäre für die Buchführung ein Kontenrahmen zu entwickeln, der geeignet ist, einen Jahresabschluss zu entwickeln. Sodann wären sämtliche Geschäftsvorfälle in diesen Kontenrahmen nachzuerfassen.

Ihr wurden in weitergehendem Umfang Auskunftsverpflichtungen auferlegt, als dies gem. §§ 1361 Abs. 4 , 1605 BGB geschuldet ist. Der Auskunftspflichtige hat Auskunft über die Einkünfte zu erteilen, soweit sie für die Feststellung des Unterhaltsanspruchs erforderlich sind.

Da die Antragsgegnerin als selbstständige Zahnärztin tätig ist und keine nichtselbstständige Tätigkeit ausgeübt hat, war sie auch nicht verpflichtet, Belege über das aus einer solchen Tätigkeit erzielte Einkommen vorzulegen.

Keinesfalls erstreckt sich die Auskunftsverpflichtung eines Selbstständigen auf sämtliche Betriebseinnahmen und Aufwendungen (Betriebsausgaben), die erzielt wurden bzw. angefallen sind. Auskunft zu erteilen ist über den im Auskunftszeitraum erzielten Gewinn – nicht aber über die diesem Gewinn zugrunde liegenden Geschäftsvorfälle.

Ein Anspruch über im Auskunftszeitraum erzielte Steuererstattungen besteht nur, soweit diese dem Auskunftsberechtigten nicht bekannt sind. Bei gemeinsamer Veranlagung ist aber eine erfolgte Einkommensteuererstattung bekannt. Umsatzsteuererstattungen sind bereits im Rahmen der Gewinnermittlung zu berücksichtigen.

Schließlich besteht auch keine Rechtsgrundlage, dass sie verpflichtet wird, Auskunft über Alters- und Vorsorgeaufwendungen sowie Kinderbetreuungskosten zu geben. Es ist Sache des Unterhaltspflichtigen, im Rahmen des Betragsverfahrens solche Aufwendungen geltend zu machen.

Folgerungen aus der Entscheidung

Der Antragsteller hatte seinen Antrag offenbar vollständig aus einem der gängigen Formularbücher entnommen. Die Benutzung von Formularbüchern ist zwar in der Praxis hilfreich, darf aber keinesfalls den Blick auf den konkreten Fall verstellen. Nur die Informationen sind geschuldet, die im konkreten Fall auch tatsächlich für die Unterhaltsberechnung einschlägig sind.

Praxishinweis

Ein Auskunftsanspruch besteht auch hinsichtlich des Familienunterhaltsanspruches eines verheirateten Unterhaltspflichtigen. Eine entsprechende Auskunft ist dem Unterhaltsberechtigten so zu erteilen, wie sie zur Feststellung des Unterhaltsanspruchs erforderlich ist. Belege müssen nicht vorgelegt werden (BGH, Urt. v. 02.06.2010 – XII ZR 124/08, FamRZ 2011, 21; vgl. auch OLG Hamm, Beschl. v. 15.12.2010, II-5 WF 157/10, FamRZ 2011, 1302; OLG Frankfurt, Beschl. v. 29.04.2014 – 7 UF 2/14, FamRZ 2014, 1927).

OLG München, Beschl. v. 03.08.2018 – 16 UF 645/18

Quelle: Dr. Wolfram Viefhues, weiterer Aufsicht führender Richter am Amtsgericht a.D.