Das OLG Braunschweig hat in einem Verfahren gegen ein freies Autohaus im Zusammenhang mit dem sog. Abgasskandal die Klage eines Autokäufers abgewiesen - dieser hat demnach keinen Anspruch gegen das Autohaus auf Nachlieferung eines mangelfreien fabrikneuen typengleichen Ersatzfahrzeugs. Eine solche Nachlieferung wäre nach dem Gericht nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich.
Darum geht es
Der Kläger hatte gegen das Autohaus als Verkäufer mit dem Ziel geklagt, einen fabrikneuen Pkw im Austausch gegen sein VW-Fahrzeug, Typ Caddy 1,6 TDI zu bekommen, weil in diesem ein Motor der Bau-reihe EA 189 mit einer sogenannten Abschaltautomatik verbaut war.
Das Landgericht Braunschweig hatte die Klage abgewiesen. Dieses Urteil wurde nun durch den 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Braunschweig bestätigt.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Das OLG Braunschweig hat zunächst ausgeführt, dass der klägerische Antrag auf Lieferung des Ersatzfahrzeugs unzulässig sei.
Ein solcher Antrag müsse so genau bestimmt sein, dass bei einer Verurteilung ein Gerichtsvollzieher wisse, was er vollstrecken müsse. Dies sei bei dem Antrag auf Nachlieferung eines Ersatzfahrzeugs mit einer „gleichartigen und gleichwertigen technischen Ausstattung“ wie beim VW Caddy 1,6 TDI nicht der Fall, denn diese Worte würden einen zu weiten Spielraum lassen.
Die Berufung blieb aber auch in der Sache ohne Erfolg. Der Kläger habe keinen Anspruch gegen das Autohaus auf Nachlieferung eines mangelfreien fabrikneuen typengleichen Ersatzfahrzeugs für den ihm verkauften Pkw.
Das Gericht bejahte in diesem Zusammenhang ausdrücklich das Vorliegen eines Sachmangels. Ein Fahrzeug mit der vorliegenden Steuerungssoftware weise nicht die Beschaffenheit auf, die bei Sachen der gleichen Art üblich sei und die der Käufer erwarten könne.
Dennoch könne der Käufer im konkreten Fall keine Lieferung eines mangelfreien Ersatzfahrzeugs verlangen. Diese Ersatzlieferung wäre im Vergleich zur Nachbesserung des Fahrzeugs durch Aufspielen eines ebenfalls zur Mangelbeseitigung geeigneten Software-Updates nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich.
Im Verhältnis zu den Kosten des Aufspielens des Software-Updates lägen die Kosten für die Beschaffung eines mangelfreien Fahrzeugs, von denen der Wert des zurückzugebenden klägerischen Fahrzeugs abzuziehen sei, um mehr als das 117fache höher. Dies ermögliche es dem Autohaus als Verkäufer, die vom klägerischen Käufer gewählte Form des Gewährleistungsrechts zu verweigern.
Deliktische Ansprüche des Klägers bestünden ebenfalls nicht. Das freie Autohaus hafte nicht für etwaiges Verschulden der VW AG als Herstellerin.
OLG Braunschweig, Urt. v. 13.06.2019 - 7 U 289/18
Quelle: OLG Braunschweig, Pressemitteilung v. 13.06.2019