Eine Erbschaft, über die der Erbe wegen einer vom Erblasser verfügten Testamentsvollstreckung nicht in angemessener Zeit nach Gewährung jugendhilferechtlicher Leistungen verfügen darf, ist bei der Erhebung des Kostenbeitrags zu diesen Leistungen nicht zu berücksichtigen. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden und damit die Revision der Stadt Trier zurückgewiesen.
Darum geht es
Die Klägerin bezog mit Vollendung ihres 18. Lebensjahres von April 2010 bis April 2012 in drei Bewilligungsabschnitten Hilfe für junge Volljährige in Form der Heimerziehung nach dem Kinder- und Jugendhilferecht. Zu den Kosten dieser Maßnahme wurde sie durch Kostenbeitragsbescheid i. H. v. rund 98.000 € herangezogen.
Bei der Ermittlung dieses Betrags berücksichtigte die Beklagte eine Erbschaft der Klägerin aus dem Jahre 2006, für die bis zur Vollendung ihres 25. Lebensjahres im April 2017 Testamentsvollstreckung angeordnet worden war, als verwertbares Vermögen. Widerspruch und Klage blieben erfolglos. Auf die Berufung der Klägerin hob das Oberverwaltungsgericht den Kostenbeitragsbescheid auf.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten hatte keinen Erfolg.
Bei der bis April 2017 der Testamentsvollstreckung unterliegenden Erbschaft der Klägerin handelt es sich nicht um „verwertbares Vermögen“ im Sinne der jugendhilferechtlichen Kostenbeitragsvorschriften. Deshalb durfte die Erbschaft bei der Heranziehung der Klägerin zu den Kosten der ihr gewährten Heimerziehung nicht berücksichtigt werden.
Der Begriff der Verwertbarkeit enthält eine zeitliche Komponente i. d. S., dass die Verwertung des Vermögens in angemessener, also absehbarer Zeit möglich sein muss. Dies ist grundsätzlich nur anzunehmen, wenn der wirtschaftliche Wert der Vermögensgegenstände in der Zeit, für die die jugendhilferechtliche Leistung bewilligt wurde, realisiert werden kann.
Wenn - wie hier - das Verwertungshindernis nach dem Ende des Bewilligungszeitraums wegfällt und konkret feststeht, wann dies der Fall ist, kann ausnahmsweise auch dieses Vermögen verwertbares Vermögen darstellen. Ob der bis dahin verstreichende Zeitraum als angemessen anzusehen ist, ist ausschließlich nach zeitlichen Gesichtspunkten zu beurteilen.
Unabhängig davon, ob allein auf die Dauer des Bewilligungszeitraums oder auf das Verhältnis zwischen dieser und dem Zeitraum zwischen dem Beginn des Bewilligungszeitraums und dem Eintritt der Verwertbarkeit abgestellt wird, kann hier nicht von einer Verwertbarkeit in angemessener Zeit ausgegangen werden.
BVerwG, Urt. v. 25.06.2015 - 5 C 12.14
Quelle: BVerwG, Pressemitteilung v. 25.06.2015