Wann greift bei betrieblichen Ausflügen die gesetzliche Unfallversicherung? Das LSG Baden-Württemberg hat entschieden, dass kein Arbeitsunfall nach einem Sturz auf einem vom Arbeitgeber organisierten „Skitag“ vorliegt, mit dem nur die skifahrenden Mitarbeiter angesprochen wurden. Ausschlaggebend ist, ob die Veranstaltung auf die Förderung der Verbundenheit aller Mitarbeiter ausgerichtet ist.
Darum geht es
Der 1966 geborene Kaufmann K nahm im März 2018 gemeinsam mit anderen Mitarbeitern an einem von seinem Arbeitgeber initiierten „Firmenskitag 2018“ in Österreich teil.
Die an die „Mitarbeiter/innen“ gerichtete Einladung enthielt keine weiteren Hinweise zum Ablauf des „Firmenskitags“ Von den mehr als 1100 Betriebsangehörigen nahmen 80 Mitarbeiter teil.
Eine etwaige Übernachtung war selbst zu organisieren und zu bezahlen. Am Beschäftigungsstandort des K war dieser der einzige Teilnehmer. Während des Skifahrens stürzte K und zog sich einen teilweisen Sehnenriss an der linken Schulter zu.
Seine Berufsgenossenschaft (BG) lehnte die Anerkennung als Arbeitsunfall ab: Es liege kein Versicherungsfall vor, weil K zur Zeit des Sturzes keine versicherte Tätigkeit verrichtet habe.
Aufgrund der geringen Teilnehmerzahl von weniger als 7 % sei die Veranstaltung nicht geeignet gewesen, die Verbundenheit zwischen der Betriebsleitung und der Belegschaft zu fördern. Im Vordergrund hätten für den skifahrenden Teil der Belegschaft private Freizeitinteressen gestanden.
Die hiergegen gerichtete Klage vor dem Sozialgericht verlief für K erfolglos.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Im Berufungsverfahren hat das Landessozialgericht Baden-Württemberg das erstinstanzliche Urteil bestätigt.
Mit seiner freiwilligen Teilnahme am Firmenskitag und damit auch am Skifahren habe K keine Pflicht aus dem Beschäftigungsverhältnis erfüllt. Das seinerzeitige Skifahren sei auch nicht als versicherte betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung zu werten.
Denn die Veranstaltung habe nicht der Pflege der Verbundenheit und der Förderung des Gemeinschaftsgedankens zwischen Unternehmensleitung und Beschäftigten bzw. zwischen den Beschäftigten untereinander gedient.
Insoweit sei maßgeblich, ob die Teilnahme grundsätzlich allen Beschäftigten des Unternehmens offen gestanden habe und objektiv möglich gewesen sei.
Erkennbar habe die Einladung aber nur auf den Personenkreis der Skifahrer unter den Mitarbeitern abgezielt und bereits deshalb nur einen Teil der Belegschaft angesprochen, was auch in der im Verhältnis zur Gesamtbelegschaft sehr geringen Teilnehmerzahl von 80 Personen deutlich werde.
Die Mitarbeiter der Tochtergesellschaften des Arbeitgebers aus Ungarn und der Slowakei hätten wegen der Entfernung zudem schon keine Einladung für den Firmenskitag bekommen. Dass tatsächlich auch ein Alternativprogramm für Nichtskifahrer in Gestalt von „Wandern“, „Rodeln“ und „Sonnen“ angeboten worden sei, ergebe sich weder aus der Einladung noch aus den an die angemeldeten Mitarbeiter per E-Mail versendeten Informationen.
Im Übrigen habe es auch keine gemeinsame, auf Stärkung des Wir-Gefühls ausgelegte Programmpunkte aller Teilnehmer gegeben.
Zum vom Arbeitgeber übernommenen Mittagessen hätten die Teilnehmer nach Belieben kommen und gehen können. Eine strukturierte Stärkung des Gemeinschaftsgefühls sei daher am Firmenskitag nicht möglich gewesen.
Zusammenfassend hätten damit Freizeit und Erholung in Gestalt von Skifahren und sonstigen Aktivitäten im Vordergrund gestanden, was eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung ausschließe.
Insoweit unterscheide sich der Fall auch von der Konstellation, welche dem Urteil des 10. Senats des Landessozialgerichts vom 28.05.2020 (Az. L 10 U 289/18) zu Grunde gelegen habe.
Im dortigen Fall sei zu einem mehrtägigen „Teambildung 2016“ mit einem auf Förderung des Gemeinschaftsgedankens ausgerichteten Gesamtprogramm eingeladen worden, an der mehr als 50% der Mitarbeiter teilgenommen hätten.
Eine andere Bewertung ergebe sich nicht aus dem Umstand, dass im hiesigen Fall der Arbeitgeber die Kosten für den Skipass, das Mittagessen und die Getränke - bis auf hochprozentig alkoholhaltige Getränke - sowie teilweise für die Zugtickets übernommen habe.
Denn die Teilnahme an reinen Freizeit- und Erholungsveranstaltungen sei selbst dann nicht versichert, wenn diese vom Unternehmen organisiert und finanziert werden.
LSG Baden-Württemberg, Beschl. v. 21.05.2021 - L 3 U 1001/20
Quelle: LSG Baden-Württemberg, Pressemitteilung v. 26.05.2021