Beschäftigte sind auf Dienstreisen gesetzlich unfallversichert. Das gilt allerdings nicht rund um die Uhr. Die konkrete Tätigkeit auf einer Dienstreise muss - ebenso wie am Arbeitsplatz - mit dem Beschäftigungsverhältnis wesentlich zusammenhängen und diesem dienen. Das hat das Hessische Landessozialgericht entschieden und für einen Skiunfall den Versicherungsschutz abgelehnt.
Darum geht es
Der in Darmstadt lebende Geschäftsführer eines Fachhandelsunternehmens organisierte für Firmenkunden eine sechstägige Skireise nach Aspen in Colorado, mit welcher die Kundenbindung intensiviert werden sollte.
Während der Reise stürzte der 50-Jährige bei einer Skiabfahrt, als sich beim Umsetzen seine Skier verkanteten. Er zog sich eine Oberschenkelfraktur zu, die noch in den USA operativ versorgt wurde.
Die Berufsgenossenschaft lehnte die Anerkennung eines Arbeitsunfalls ab, da sich der Unfall nicht während einer versicherten Tätigkeit ereignet habe.
Reine Freizeitbetätigungen seien auch dann nicht versichert, wenn sie in eine Veranstaltung eingebettet seien, welche dienstlichen Belangen diene. Die Teilnehmer der Skireise hätten sich zwar täglich zum Frühstück und Abendessen getroffen, ansonsten seien sie in der Gestaltung der täglichen Aktivitäten aber vollkommen frei gewesen.
Der Verunglückte berief sich dagegen darauf, dass er von seiner Arbeitgeberin beauftragt worden sei, die geschäftlichen Kontakte zu den mitreisenden Führungskräften der Geschäftspartner zu pflegen.
Der Firma sei es wichtig gewesen, dass er an den Aktivitäten einschließlich des Skifahrens teilnehme. Die Mitreisenden hätten am Unfalltag ausdrücklich seine Teilnahme an der Skiabfahrt gewünscht. Beim Aufstieg sei ferner über geschäftliche Dinge gesprochen worden.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Das Hessische Landessozialgericht verneinte - wie die Vorinstanz - einen Arbeitsunfall.
Die maßgebliche Skiabfahrt sei eine privatwirtschaftliche Tätigkeit gewesen. Diese Freizeitaktivität stehe mit der versicherten Beschäftigung des Geschäftsführers in keinem sachlichen Zusammenhang und sei daher nicht gesetzlich unfallversichert.
Skifahren habe offenkundig nicht zu dessen arbeitsvertraglichen Pflichten gehört. Auch sei ihm keine entsprechende Weisung zur Teilnahme an einer Skiabfahrt erteilt worden.
Zudem sei die Skifahrt nicht im Rahmen einer Dienstreise gesetzlich unfallversichert gewesen. Denn nicht alle für ein Unternehmen nützlichen Aktivitäten stünden unter Versicherungsschutz.
Gerade bei längeren Dienstreisen ließen sich vielmehr regelmäßig Tätigkeiten unterscheiden, die für das Unternehmen in einem wesentlichen Zusammenhang stünden und solchen, bei denen dies in den Hintergrund trete.
Es sei schon fraglich, ob die Skireise überhaupt eine Geschäfts- bzw. Dienstreise oder nicht vielmehr eine sog. Motivations- bzw. Incentivereise gewesen sei. Jedenfalls aber habe das Skifahren im Mittelpunkt der Reise gestanden und sei nach dem vorgelegten Flyer sogar der einzige Programmpunkt gewesen.
Auch die Pflege geschäftlicher Kontakte begründe keine versicherte Tätigkeit. Der Versicherte und seine Arbeitgeberin hätten es schließlich nicht in der Hand, Freizeitaktivitäten (Skifahren) insgesamt dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung zu unterstellen, indem sie diese mit betrieblichen Motiven (Kundenbindung) verknüpften.
Dies gelte gleichermaßen für die betriebliche Finanzierung der Skireise, die Freistellung des Geschäftsführers von der Arbeit und die Erwartung der Arbeitgeberin, dass er an der Freizeitaktivität teilnehme. Es stehe insoweit nicht zur Disposition von Arbeitgeber und Arbeitnehmer, den gesetzlichen Versicherungsschutz auf beliebige Sachverhalte mit eigenwirtschaftlichem Charakter auszuweiten.
Die Revision wurde nicht zugelassen.
Hessisches LSG, Urt. v. 14.08.2020 - L 9 U 188/18
Quelle: Hessisches LSG, Pressemitteilung v. 07.09.2020