Eine zu Unrecht gekündigte Mieterin war vor dem Landgericht Coburg mit ihrer Klage auf Ersatz des durch die Anmietung und Renovierung von Ersatzräumlichkeiten entstandenen Schadens überwiegend erfolgreich. Das Gericht lehnte ein Mitverschulden der Mieterin ab, weil die unwirksame Kündigung vorsätzlich erfolgte und deren Unwirksamkeit für die Mieterin nicht unbedingt offenkundig war.
Darum geht es
Die Klägerin betreibt mit zwei angestellten Mitarbeitern eine Kinderbetreuung. Hierzu hatte sie vom Beklagten im Jahr 2015 für insgesamt zehn Jahre Räume angemietet. Die notwendigen Renovierungsarbeiten führte die Klägerin in Eigenregie durch und investierte insgesamt 15.000 €, die durch ein Darlehen finanziert wurden.
Die Parteien hatten vereinbart, dass dieser Investitionsbetrag an die Klägerin über eine von 300 € auf 175 € reduzierte monatliche Miete zurückfließen soll.
Im Jahr 2018 kündigte der Beklagte den Mietvertrag wegen eines Verkaufs der betroffenen Immobilie. Daraufhin mietete die Klägerin zu einem monatlichen Mietzins von 600 € Ersatzräumlichkeiten an, die wiederum für mehr als 20.000 € renoviert werden mussten.
Weil die Kündigung des Beklagten unwirksam war, forderte die Klägerin Ersatz des ihr entstandenen Schadens, u. a. wegen des höheren Mietzinses und der in die neuen Räume investierten Renovierungskosten.
Der Beklagte meinte, die Klägerin habe die Unwirksamkeit der Kündigung erkennen und sich vor Anmietung der Ersatzräume auch rechtlich beraten lassen müssen. Ein Schadensersatzanspruch stünde der Klägerin deshalb nicht zu.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Das Landgericht Coburg gab der Klage weitgehend statt und verurteilte den Beklagten zur Zahlung von Schadensersatz, weil dieser durch die unwirksame Kündigung seine Pflichten als Vermieter gegenüber der Klägerin verletzt hat.
Die ausgesprochene Kündigung war unwirksam. Wegen des zeitlich auf zehn Jahre befristeten Mietvertrages kam eine ordentliche Kündigung schon von vornherein nicht in Betracht. Für eine außerordentliche Kündigung lag kein wichtiger Grund vor.
Der Verkauf des Mietobjekts genügt dafür jedenfalls nicht. Der Beklagte hatte in der Verhandlung außerdem zugegeben, von Anfang an gewusst zu haben, dass die Kündigung unwirksam war. Er ist deshalb der Klägerin zum Schadensersatz verpflichtet.
Das Gericht setzte sich in seiner Entscheidung auch mit der Frage auseinander, ob die Klägerin ein Mitverschulden trifft und sie deshalb den Schaden teilweise selbst zu tragen hat. Die Voraussetzungen dafür sind hier jedoch nicht gegeben.
Die Unwirksamkeit der erfolgten Kündigung lag für die Klägerin nicht erkennbar auf der Hand. Auch der im Gesetz verankerte Grundsatz „Kauf bricht nicht Miete“ ist nicht allgemein bekannt. Vielmehr durfte die Klägerin, der auch von anderen Mietern des betroffenen Objekts der geplante Abriss und nachfolgend geplante Hotelneubau bestätigt worden waren, von der Wirksamkeit der Kündigung ausgehen.
Gerade auch wegen der Auflagen des Jugendamtes für die von der Klägerin betriebene Kinderbetreuung durfte diese nach der Kündigung sogleich mit der Suche nach geeigneten Ersatzräumlichkeiten beginnen und diese anmieten.
Vor allem weil der Beklagte den Mietvertrag gekündigt hatte, obwohl er sich der Unwirksamkeit der Kündigung bewusst war, kam ein Mitverschulden der Klägerin am erlittenen Schaden nicht in Betracht.
Die vom Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Coburg geführte Berufung blieb ohne Erfolg. Über ein gegen die Berufungsentscheidung des Oberlandesgerichts Bamberg eingelegtes Rechtsmittel hat der Bundesgerichtshof noch nicht entschieden.
Landgericht Coburg, Urt. v. 03.05.2019 - 15 O 639/18
Quelle: Landgericht Coburg, Pressemitteilung v. 30.04.2020