Wann können Vermieter nach Abbruch der Vertragsverhandlungen und nicht zustande gekommenem Mietvertrag Schadensersatz verlangen? Das Amtsgericht München hat entschieden: Ohne mögliche Prüfung der konkreten Vertragsregeln - etwa in einem Mietvertragsentwurf - kann keine Partei von einem sicheren Vertragsschluss ausgehen. Eine Haftung aus „culpa in contrahendo“ scheidet dann aus.
Darum geht es
Die Kläger beauftragten im August 2019 einen Immobilienmakler, da sie ihre Wohnung zum 01.10.2019 vermieten wollten. Die Beklagten bewarben sich per E-Mail vom 13.08.2019 auf diese Wohnung.
Nach Durchführung von ca. 60 Besichtigungen verblieben zwei Paare, die die Zustimmung der Kläger fanden, darunter die Beklagten. Die Kläger entschieden sich dafür, den Beklagten ein Vertragsangebot zu machen. Hierzu teilte der Makler dem Beklagten telefonisch am 05.09.2019 mit, dass sie die Wohnung bekommen würden.
Die Beklagten waren zu dieser Zeit im Urlaub, aus dem sie am 16.09.2019 wieder zurückkehrten. Dann sollte der Mietvertrag unterschrieben werden. Zwischenzeitlich bereitete der Makler den schriftlichen Mietvertrag vor, holte die Unterschrift der Kläger ein und sagte den anderen Bewerbern ab.
Zum Abschluss eines Mietvertrages kam es nicht, da die Beklagten während ihres Urlaubes festgestellt hatten, dass sie doch nicht mehr zusammenziehen wollten. Dies erfuhren die Kläger durch einen Telefonanruf des Maklers bei der Beklagten am 17.09.2019.
Trotz neuerlicher Inserierung mit Besichtigungstermin am 20.09.2019 und Bezug zum 01.10.2019 erfolgte eine Vermietung der Wohnung zum 01.10.2019 aber nicht.
Auch wenn der Mietvertrag hier erst schriftlich geschlossen werden sollte, hätten die Beklagten nach Ansicht der Kläger den Vertragsschluss als sicher hingestellt. Die Beklagten hätten nie verlangt, bereits vor Unterschrift einen Vertragsentwurf zu sehen.
Sie hätten im Telefonat vom 05.09.2019 vielmehr ausdrücklich ihre Unterschriftsbereitschaft bekräftigt. Es sei auch kein Fall bekannt, in dem es auf Verlangen der Mieter zu einer Änderung des Vertragsentwurfs nach Muster des Münchner Haus- und Grundbesitzervereins gekommen wäre.
Die Beklagten meinen, dass die Kläger frühestens nach Erhalt und Überprüfung eines Vertrags von einer verbindlichen Zusage der Beklagten ausgehen hätten können. Den Beklagten hätten aber lediglich den Text der Online-Wohnungsanzeige gekannt. Tatsächlich sei auch nur von 1.350 € Miete geredet worden.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Das Amtsgericht München hat die die Klage der beiden Vermieter einer Drei-Zimmer-Wohnung in München auf Zahlung der entgangenen Oktobermiete in Höhe von 1.450 € gegen die beiden Beklagten abgewiesen.
Vor allem bei grundlosem Abbruch der Vertragsverhandlungen sowie bei schuldhafter Verhinderung der Wirksamkeit eines Vertrags kommt durchaus eine Haftung aus „culpa in contrahendo“ für Aufwendungen in Betracht, die bereits in Erwartung des Vertragsabschlusses getätigt wurden und die sich jetzt infolge des „Abbruchs“ der Verhandlungen oder auf Grund der Undurchführbarkeit des Vertrags als nutzlos erweisen.
Die Kläger konnten bei der geschilderten Sachlage aber schon nicht davon ausgehen, dass der Vertragsschluss nach den Verhandlungen zwischen den Parteien als sicher anzunehmen gewesen wäre, denn die Beklagten hatten zu keinem Zeitpunkt einen Mietvertragsentwurf oder einen Mietvertrag in Händen gehabt.
Ohne konkreten Mietvertrag war es den Beklagten aber gar nicht möglich die vertraglichen Verpflichtungen, die sie übernehmen würden, zu prüfen. Ohne Prüfung der konkreten Vertragsregeln kann keine Partei von einem sicheren Vertragsschluss ausgehen.
Das Vorliegen der Werbeannonce ersetzt nicht ansatzweise den konkreten Vertrag(sentwurf). Ein Kontrahierungszwang besteht auch in einem angespannten Mietmarkt wie München ausdrücklich nicht, auch wenn dies nach der Darlegung der Klagepartei den Anschein haben könnte.
Dass zwei Mitmieter, die als Paar eine Wohnung anmieten wollen, vor Vertragsschluss im gemeinsamen Urlaub merken, dass sie nicht zusammenpassen und besser getrennte Wege gehen, ist ein ohne weiteres jedem einleuchtender Grund, der den Abbruch von Vertragsverhandlungen rechtfertigt.
Die Beklagten hatten auch nicht die Obliegenheit oder gar Rechtspflicht, aus dem Urlaub heraus die Klagepartei über den sich verschlechternden Beziehungszustand zu informieren.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Amtsgericht München, Urt. v. 14.07.2020 - 473 C 21303/19
Quelle: Amtsgericht München, Pressemitteilung v. 24.07.2020