Das OLG Frankfurt hat über zahlreiche mögliche Mietmängel in einem gemischt genutzten Haus entschieden. Gründe für eine Mietminderung können demnach Bauarbeiten in der Nachbarschaft sein. Abgestellte Gegenstände von Mitbewohnern und Küchengerüche stufte das Gericht hingegen als sozialadäquat ein. Auch dass der Vermieter sich im Hof nackte sonne, sei kein Minderungsgrund.
Darum geht es
Der Kläger vermietete an die Beklagte eine Büroetage in einem Gebäude im Frankfurter Westend, welches zum Teil zu reinen Wohnzwecken - u.a. vom Kläger - genutzt wurde. Die Beklagte minderte die Miete nach knapp einjähriger Mietzeit.
Mit seiner Klage begehrt der Vermieter u.a. rückständige Mieten. Das Landgericht hatte der Klage hinsichtlich der ausstehenden Mieten nach einer aufwändigen Beweisaufnahme überwiegend stattgegeben (Landgericht Frankfurt am Main, Urt. v. 12.04.2022 - 2-21 O 135/17).
Wesentliche Entscheidungsgründe
Die Berufung der Beklagten gegen die Entscheidung der Vorinstanz hatte vor dem OLG Frankfurt am Main nur geringfügig Erfolg.
Zu Recht habe die Beklagte die Miete allerdings wegen umfangreicher Bauarbeiten in der Nachbarschaft gemindert.
Im Hinblick auf die Beeinträchtigung der Nutzbarkeit der Räume durch Lärm und Staubimmissionen im Umfeld des Mietobjektes, habe die Beklagte für drei Monate die Miete um 15 % mindern dürfen.
Die Baumaßnahmen in der Nachbarschaft und damit verbundene Beeinträchtigungen seien hier nicht mehr als unwesentlich oder ortsüblich einzuordnen.
Für die Höhe der Minderung sei einerseits wesentlich, dass keine Zugangsbeeinträchtigung für die Laufkundschaft entstanden sei, andererseits aber das Objekt in einer ruhigen Nebenstraße in einem sehr gehobenen Wohngebiet liege.
Die „Ruhe und Gediegenheit“ des Umfelds sei in Form des Ambientes des Mietortes Bestandteil der vertraglichen Beschaffenheit geworden.
Weitergehende Minderungsgründe bestehen dagegen nicht. Soweit die Beklagte die Miete gemindert habe, da im Erdgeschossbereich „Gerümpel“ abgestellt worden sei, sei dies unbegründet.
Das Verhalten der Mitbewohner sei zwar häufiger Anlass für Beanstandungen. „Da die Wohnung neben der Funktion der Unterkunft und Lebensmittelpunkt auch soziale Kontakte, individuelle Erholung und Entspannung ermöglichen soll, sind Konflikte vorprogrammiert“.
Der Freiraum der Mitbewohner sei unter dem Gesichtspunkt der Sozialverträglichkeit zu werten und mit dem Gebot der Rücksichtnahme abzuwägen.
Beeinträchtigungen durch abgestellte Sachen im Flur (Kinderwagen, Schuhe, Ranzen, Tüten oder ähnliches) gingen nur in Ausnahmefällen über das als sozialadäquat hinzunehmende Maß der Beeinträchtigung durch einen Mitmieter hinaus.
Hier sei nicht feststellbar, dass es zu einer massiven über das sozialadäquate Maß hinausgehenden Beeinträchtigung gekommen sei.
Ohne Erfolg habe die Beklagte auch eine Minderung in Hinblick auf Küchengerüche vorgenommen.
Vor dem Hintergrund der gemischten Nutzung des Gebäudes ist auch mit sozialadäquaten Verhalten der Mitbewohner zu rechnen. Dazu gehört, dass man sich gelegentlich ein Mittagessen kocht und es gelegentlich auch riecht.
Im Rahmen des extra zur Mittagszeit durchgeführten Ortstermins seien im Treppenhaus zu dem keine Küchengerüche festgestellt worden. Auch der behauptete „muffige Geruch“ sei nicht zu riechen gewesen.
Schließlich könne die Miete auch nicht gemindert werden, soweit sich der Kläger unstreitig nackt im Hof sonne.
Rein das ästhetische Empfinden eines anderen verletzende Umstände führten grundsätzlich nicht zu einem Abwehranspruch, sofern sie sich nicht gezielt gegen den anderen richteten. Eine „grob ungehörige Handlung“ im Sinne des § 118 OWiG liege nicht vor.
Durch den sich im Hof nackt sonnenden Kläger werde die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache nicht beeinträchtigt. Es fehle an einer unzulässigen, gezielt sittenwidrigen Einwirkung auf das Grundstück.
Der Ort, an dem der Kläger sich unbekleidet auf seine Liege lege, sei von den Räumlichkeiten der Beklagten aus nur dann sichtbar, wenn man sich weit aus dem Fenster herausbeuge. Dies stehe einer gezielten Einwirkung entgegen.
Soweit die Beklagte behaupte, dass der Kläger sich bereits unbekleidet durch das Treppenhaus zum Hof begebe, so dass „ein sich zufällig zu diesem Zeitpunkt auf der Treppe befindlicher Bewohner oder Besucher mit seiner Nacktheit“ konfrontiert würde, sei dies nicht nachgewiesen worden.
Der Kläger habe vielmehr glaubhaft bekundet, stets einen Bademantel zu tragen, den er erst unmittelbar vor der Sonnenliege ausziehe.
OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 18.04.2023 - 2 U 43/22
Quelle: OLG Frankfurt am Main, Pressemitteilung v. 26.04.2023