Auch bei Wohnungen von älteren Mietern besteht für die Beseitigung von Mängeln ein Betretungsrecht. Arbeiten müssen dem Mieter rechtzeitig angekündigt werden. Dazu gehört die Angabe, wann Arbeiten beginnen und wie lange sie voraussichtlich dauern. Insbesondere bei Vorarbeiten dürfen diese Anforderungen aber nicht überspannt werden. Das hat das Amtsgericht München entschieden.
Darum geht es
Mit Mietvertrag vom 18.04.2005 mietete die Beklagte zusammen mit ihrem zwischenzeitlich verstorbenen Ehemann die streitgegenständliche Drei-Einhalb-Zimmer-Wohnung von 100 qm in München-Arabellapark an. Der Kläger erbte die Wohnung und trat damit auf Vermieterseite in das bestehende Mietverhältnis ein.
Die Beklagte hatte bereits im November 2007 auf die Undichte der Fenster, die daraus resultierende erhebliche Schimmelbildung und Gesundheitsgefährdung hingewiesen und deswegen mit anwaltlicher Unterstützung in Absprache mit dem Vermieter die Mietzahlung ab 2013 um 15% gekürzt.
Der Kläger hatte die Beklagte im Juni 2018 davon informiert, dass nach längerem Entscheidungsprozess der zuständigen Eigentümerversammlung nun ein Austausch der Fenster anstehe und auf Verlangen die für die Dauer von schätzungsweise vier Tagen anstehenden Bauschritte vorgestellt:
Asbesthaltige Fensterelemente müssten unter Anbringung einer Staubschutzwand demontiert, Heizkörper vorübergehend ausgebaut und Möbel und Küchenelemente bis zu einem Meter Abstand von einem dazu beauftragten Schreiner vorübergehend zurückgebaut werden.
Die ihr für die Aufmaßarbeiten angebotenen Termine im September 2019 lehnte die Beklagte ab, da ihr zuvor die Übernahme von Hotelkosten bzw. Verpflegungs- und Reinigungskosten schriftlich zugesagt werden müssten.
Nach Auffassung des Klägers ist die Mängelbeseitigung nicht abhängig vom Alter der Mieterin, sondern vom Ausmaß des Mangels und der Massivität ihres Wunsches nach Beseitigung. Ohne Abklärung der erforderlichen Arbeiten könne die Mieterin noch keine Gegenforderung hinsichtlich Hotel, Verpflegung und Reinigung stellen. Die Beklagte sei noch sehr rüstig.
Die Beklagte ist der Meinung, dass mit ihr als ängstlicher gewordener Person anders als mit jungen Mietern umgegangen werden müsse. Sie verweigere sich nicht, wolle nur Sicherheit. In anderen Wohnungen sei man bei einer solchen Renovierung fast eine Woche ohne Küche gewesen. Ob das der heutige Umgang mit Mietern ihres Alters sei? Sie sei durch das Verhalten des Klägers mittlerweile gesundheitlich so angegriffen, dass sie an Auszug denke.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Die zuständige Richterin am Amtsgericht München gab dem Kläger Recht.
Das Amtsgericht München verurteilte die 92 jährige Mieterin, den beauftragten Handwerkern zur Maßaufnahme sowie zur Feststellung der erforderlichen Vorarbeiten zum Fensteraustausch nach vorheriger schriftlicher Ankündigung mit einer Frist von fünf Tagen montags bis freitags in der Zeit zwischen 09.00 Uhr bis 17.00 Uhr den Zutritt und den Aufenthalt zu gewähren und die Maßaufnahme der Fensterelemente sowie die Feststellung der erforderlichen Vorarbeiten zu dulden und nicht zu behindern.
Gemäß § 555 a Absatz 1 BGB hat der Mieter Maßnahmen zu dulden, die zur Instandhaltung oder Instandsetzung der Mietsache erforderlich sind. Gemäß § 555 a Absatz 2 BGB sind Erhaltungsmaßnahmen dem Mieter rechtzeitig anzukündigen.
Eine besondere Form der Ankündigung ist im Rahmen des § 555 a BGB nicht vorgeschrieben. Auch eine mündliche Mitteilung hätte ausgereicht. Inhaltlich soll die Ankündigung die beabsichtigte Maßnahme zumindest grob nach Art und Umfang beschreiben.
Entscheidend ist, dass der Mieter in die Lage versetzt wird, die für ihn mit den Erhaltungsmaßnahmen verbundenen Beeinträchtigungen zu beurteilen. Der Vermieter sollte mitteilen, wann die Arbeiten beginnen sollen und wie lange die Arbeiten voraussichtlich dauern werden.
Die inhaltlichen Anforderungen an die Ankündigung sind hierbei nicht zu überspannen. Vorliegend wird lediglich die Zutrittsgewährung für die Vorarbeiten zum Fensteraustausch verlangt. Vorbereitende Maßnahmen sind Teil der Maßnahmen nach § 555a BGB. Auch 92-jährige Mieter müssen Erhaltungsmaßnahmen dulden, zumal hier eine Mängelrüge auch wegen undichter Fenster erfolgte.
Die Beklagte darf die Duldung der Instandsetzungsmaßnahmen auch nicht davon abhängig machen, ob sie eine Ersatzwohnung erhält und Mahlzeiten zur Verfügung gestellt werden. Im Übrigen geht es vorliegend auch nur um Termine zur Maßaufnahme und zur Feststellung eventueller Vorarbeiten.
Das Urteil ist nach Zurücknahme der Berufung rechtskräftig.
Amtsgericht München, Urt. v. 13.12.2018 - 418 C 18466/18
Quelle: Amtsgericht München, Pressemitteilung v. 24.05.2019