Bei der Frage der Zulässigkeit einer Mieterhöhung kann es auf die Wohnfläche ankommen. Das Landgericht Berlin hat hierzu entschieden, dass Balkone lediglich zu einem Viertel zur Wohnfläche hinzuzurechnen sind, wenn keine Anhaltspunkte für eine abweichende Berechnung vorliegen. Eine verbreitete anderweitige Praxis ist demnach nicht als örtliche Verkehrssitte gerechtfertigt.
Darum geht es
Auch in diesem Rechtsstreit ging es um die Frage, ob der Mieter einer Wohnung der von der Vermieterin gewünschten Mieterhöhung zustimmen musste. Es handelte sich um eine in Berlin-Wedding liegende Wohnung, für die in dem Mietvertrag zunächst eine Wohnfläche von 94,48 m² angegeben und diese Angabe dann durchgestrichen worden war, da der beklagte Mieter Einwände gegen diese Größe hatte.
Mit Schreiben vom 31.01.2012 forderte die klagende Vermieterin den Mieter auf, der Erhöhung der Nettokaltmiete von bisher monatlich 423 € um 64,60 € auf 507,60 € zuzustimmen. Der Mieter hielt zuletzt lediglich eine Erhöhung auf 444,36 € für berechtigt, so dass die Vermieterin Klage gegen ihn auf Zustimmung zu der weiteren Erhöhung erhob. Das Amtsgericht Lichtenberg sah eine Miete von 486,45 € als ortsüblich an und urteilte entsprechend.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Die Berufung des beklagten Mieters war teilweise erfolgreich. Das Landgericht Berlin verurteilte den Mieter, einer Erhöhung lediglich auf 451,36 € zuzustimmen.
Maßgeblich in diesem Rechtsstreit war die Wohnungsgröße, um den zulässigen Erhöhungsbetrag zu ermitteln. Dafür wurden mehrere Sachverständigengutachten eingeholt. Aufgrund der Beweisaufnahme kamen sowohl das Amtsgericht als auch in der zweiten Instanz das Landgericht zu dem Ergebnis, dass die Wohnfläche lediglich 84,01 m² betrage und anhand dieser Größe die zulässige Erhöhung zu berechnen sei.
Der umbaute Wohnraum umfasse nach der sachverständigen Ermittlung 76,27 m². Entgegen einer weit verbreiteten Praxis in Berlin sei die Fläche der für diese Wohnung nutzbaren zwei Balkone lediglich mit einem Viertel hinzuzurechnen, da keine Anhaltspunkte für eine abweichende Berechnung vorlägen.
Grundsätzlich sei bei nicht preisgebundenem Wohnraum die Größe einer Wohnung nach der örtlichen Verkehrssitte zu ermitteln. Dabei kämen neben der für preisgebundenen Wohnraum seit dem 01.01.2004 anwendbaren Wohnflächenverordnung auch alternative Regelwerke wie zum Beispiel die DIN Vorschriften in Betracht.
Aufgrund der durchgeführten Datenerhebung des Sachverständigen u.a. mittels eines Fragebogens sei festzustellen, dass in zurück liegenden Zeiten die Mehrheit der Befragten die Wohnflächenverordnung anwenden würde, um die Wohnungsgröße zu ermitteln. In dieser Verordnung sei jedoch ausdrücklich festgelegt, dass die Flächen von Terrassen, Balkonen und Wintergärten nur zu einem Viertel angerechnet werden könnten.
Die Umfrage habe allerdings auch ergeben, dass viele der befragten Privatvermieter insoweit die Wohnflächenverordnung rechtsfehlerhaft anwenden und die Hälfte von Balkonflächen berücksichtigen würden, während die Mehrheit der Großvermieter die Wohnflächenverordnung auch in dieser Hinsicht korrekt anwenden würden.
Es sei nicht gerechtfertigt, die bisherige häufig vorkommende Praxis als örtliche Verkehrssitte anzusehen. Denn die Mehrheit sehe ein Regelwerk als verbindlich an, das bei zutreffender Anwendung eine anderweitige Flächenberechnung vorschreibe.
Da in dem zu entscheidenden Fall die Wohnungsgröße tatsächlich 11,08 % weniger betrug als ursprünglich dem Mietvertrag zu Grunde gelegt, hielt das Landgericht auch einen Minderungsbetrag der ursprünglichen Miete von 11,08 % für gerechtfertigt und verurteilte die Vermieterin aufgrund der Widerklage des Beklagten, bereits erhaltenen Mietzins für die Monate Januar 2009 bis März 2012 in Höhe von 46,87 € monatlich zurückzuzahlen.
Das Urteil des Landgerichts Berlin ist nicht rechtskräftig, da die Kammer die Revision zum BGH zugelassen hat. Die Revision ist bereits eingelegt und wird beim BGH zum Aktenzeichen VIII ZR 33/18 geführt.
Landgericht Berlin, Urt. v. 17.01.2018 - 18 S 308/13
Quelle: Landgericht Berlin, Pressemitteilung v. 15.02.2018