Welche Folgen hat eine Schätzung des Gasverbrauchs? Wann können Rückzahlungen verlangt werden? In einem Streitfall beim Amtsgericht München hatte eine Kundin eine deutlich zu hohe Gasrechnung moniert. Das Gericht bestätigte das Vorgehen des Energieversorgers, der einen zunächst nur geschätzten Verbrauch im Folgejahr aufgrund von abgelesenen Werten nach oben korrigiert hatte.
Darum geht es
Die Klägerin hatte für ihre Immobilie von der Beklagten Gas bezogen. Gegenstand der Klage war die Erdgasjahresabrechnung vom 13.04.2021 für den Zeitraum von März 2020 bis März 2021 mit einem Rechnungsbetrag von 4.259,56 EUR und einem berechneten Gasverbrauch von 63.528 kWh.
Die Klägerin war der Auffassung, dass dieser Gasverbrauch von der Beklagten um ein Vielfaches zu hoch ermittelt worden sei. Dies folge daraus, dass auch der in der vorangegangenen Jahresabrechnung ermittelte Verbrauch von 10.347 kWh wesentlich niedriger gewesen sei und sich hieran in der Folgezeit nichts geändert habe.
Nach den Feststellungen des Gerichts beruhte der sehr hohe Verbrauch aus dem Jahr 2021 allerdings darauf, dass der Endwert der vorhergehenden Abrechnung aus dem Jahr 2020 nicht abgelesen, sondern geschätzt worden war und sich diese Schätzung im Nachhinein als zu niedrig herausgestellt hatte.
Im Jahr 2020 wurde daher ein zu niedriger Verbrauch abgerechnet, wodurch auch der Anfangswert für die Abrechnung 2021 ebenfalls deutlich zu niedrig geschätzt wurde. Der Endwert für das Jahr 2021 hingegen war abgelesen worden und entsprach den tatsächlichen Gegebenheiten.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Das Amtsgericht München hat die Klage auf Rückzahlung von 4.259,56 € als unbegründet abgewiesen.
Die Abrechnung der Beklagten sei insgesamt korrekt. Zwar habe die Beklagte mit der Abrechnung vom 05.05.2020 einen offensichtlich falschen Endstand und damit Gesamtverbrauchswert geschätzt.
Der dort ausgewiesene Verbrauch im Zeitraum vom 28.10.2019 bis 30.03.2020, also in den Wintermonaten, von lediglich 52m³ bzw. 566 kWh, beruhte demnach für den Wert vom 30.03.2020 auf einer Schätzung.
Diese demnach viel zu niedrige Schätzung sei dann aber zulässigerweise mit der Abrechnung vom 13.04.2021 mit einem Rechnungsbetrag in Höhe von 4.259,56 € anhand realer, abgelesener Werte vom 18.03.2021 korrigiert und abgerechnet worden.
Einen relevanten Nachweis, dass hieran irgendetwas rechtlich oder tatsächlich nicht richtig sein soll, erhebt die Klageseite nach Auffassung des Gerichts nicht. Zwischenzeitlich falsche Schätzwerte dürften vom Energieanbieter nachträglich korrigiert werden.
Aus Sicht des Gerichts ist die Klägerin insbesondere verpflichtet, das tatsächlich von der Beklagten bezogene Gas auch zu bezahlen. Vorliegend stellt es sich für das Gericht so dar, dass der abgerechnete Verbrauch in der Rechnung für das Jahr 2019/2020 viel zu gering war, weil er hinsichtlich der Endwerte auf Schätzwerten beruhte.
Dies führte dann zu einem höheren abgerechneten Verbrauch in der Rechnung für das Jahr 2020/2021, da die dortigen Endwerte auf tatsächlicher Ablesung beruhten.
In der Zusammenschau der beiden Rechnungen sei damit der Verbrauch für zwei Abrechnungsjahre zusammen richtig erfasst worden, da die Anfangs- und Endwerte dieses Gesamtabrechnungszeitraums auf Ablesungen beruhten. Dieser (tatsächlich bezogene) Gesamtverbrauch für diese zwei Jahre sei dementsprechend von der Klägerin auch zu bezahlen.
Eine bessere Verteilung der Kosten für die einzelnen Jahre hätte die Klägerin durch eine Ablesung des Verbrauchs am Ende des ersten Jahres herbeiführen können.
Da sie diese Möglichkeit nicht wahrgenommen hat, hat die Beklagte von ihrer Möglichkeit zur Schätzung Gebrauch gemacht, was im Ergebnis weder zur Fehlerhaftigkeit der Rechnung für das erste noch für das zweite Jahr geführt habe, sondern den gesetzlich zulässigen Abrechnungsmechanismen entspreche.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Amtsgericht München, Urt. v. 19.03.2024 - 172 C 12407/23
Quelle: Amtsgericht München, Pressemitteilung v. 22.04.2024