Familienrecht -

Unterhaltsvorschuss für Kinder im Ausland

Arbeitet ein alleinerziehender Elternteil mehr als nur geringfügig in Deutschland, kann auch dann ein Anspruch auf Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz bestehen, wenn die Kinder in einem anderen Mitgliedsstaat der EU leben. Das hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden. Es kann jedoch angemessen sein, bei günstigeren Lebenshaltungskosten im Ausland Abschläge vorzunehmen.

Sachverhalt

Nach der Trennung der Eltern blieben die Kinder zunächst bei der Mutter, die deutscher Staatsangehörigkeit war. Die Mutter ging einer Erwerbstätigkeit nach. Der Vater zahlte keinen Unterhalt. Die Kinder zogen nach Portugal zur Großmutter. Die Mutter blieb in Deutschland (mit weiterem Wohnsitz in Portugal).

Die Mutter beantragte Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz für die Kinder.
Der Antrag wurde abgelehnt, der Widerspruch gegen die Entscheidung verworfen. Das Verwaltungsgericht wies die Klage der Mutter ab, das Oberverwaltungsgericht wies ihre Berufung zurück. Erst in der Revision vor dem Bundesverwaltungsgericht war der Antrag erfolgreich; es wurden die Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz zugesprochen.

Wesentliche Aussagen der Entscheidung

Nach dem Unterhaltsvorschussgesetz sind für ein Kind, dass von einem unterhaltspflichtigen Elternteil keinen oder keinen regelmäßigen Unterhalt erhält, unter besonderen Voraussetzungen Leistungen in der Form des Unterhaltsvorschusses bzw. der Unterhaltsausfallleistung zu gewähren. Zudem besteht der Anspruch dem Unterhaltsvorschussgesetz nach aber nur für in Deutschland lebende Kinder. Diese Voraussetzung war nicht erfüllt, weshalb der Zahlungsanspruch versagt wurde.

Aber, und dies war die Besonderheit der Erwägungen des BVerwG: Vorrangig vor dem deutschen Recht gilt auch in Deutschland das Unionsrecht. Das Unionsrecht kennt den Grundsatz der Freizügigkeit der Arbeitnehmer. Dieser Grundsatz hat zum Inhalt, dass ein Arbeitnehmer, der Staatsangehöriger eines Mitgliedsstaates ist, im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedsstaates grundsätzlich die gleichen sozialen Rechte hat wie ein inländischer Arbeitnehmer.

Diesen Grundsatz beachtend sowie aufgrund der Tatsache, dass die Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz nicht Zahlungen an die Kinder sind, sondern nur für sie in der Art einer sozialen Vergünstigung der Mutter, kam das Gericht zu folgendem Schluss: Da die Mutter in Deutschland lebt und sozialversicherungspflichtig arbeitet, kann ihr nicht allein eine ihr sonst zustehende Leistung vorenthalten werden, wenn sie in einem anderen Mitgliedsstaat lebt. Und dasselbe gilt, so das Gericht, wenn nicht sie im anderen Mitgliedsstaat lebt, sondern dies bei ihren Kindern der Fall ist. Diese Ungleichbehandlung ist nicht gerechtfertigt.

Folgerungen aus der Entscheidung

Wer in Deutschland durch seine Abgaben zur Finanzierung von Leistungen beiträgt, kann diese auch beanspruchen.

Praxishinweis

Ausdrücklich stellt der Senat klar, dass damit keine Entscheidung zur Höhe der Leistungen getroffen ist. Da sich die Höhe der Zahlungen laut Unterhaltsvorschussgesetz nach den Lebensverhältnissen in Deutschland richtet, sei es angemessen, bei günstigeren Lebenshaltungskosten im Ausland Abschläge vorzunehmen.

BVerwG, Urt. v. 18.12.2017 - 5 C 36.16

Quelle: Rechtsanwalt und FA für Familienrecht Dr. Lambert Krause