Die Regelung einer Zusatzversorgungskasse zur Durchführung des Versorgungsausgleichs im Fall der Scheidung eines pflichtversicherten Mitglieds ist nichtig. Der dort vorgesehene Wechsel des ausgleichsberechtigten Ehegatten in den Tarif für freiwillig Versicherte verstößt gegen das Gebot der gleichwertigen Teilhabe nach § 11 VersAusglG. Das hat das OLG Frankfurt entschieden.
Darum geht es
Im Rahmen eines Scheidungsverbundverfahrens war über den Ausgleich von Anrechten aus Zusatzversorgungskassen zu entscheiden. Der Ehemann hatte Ansprüche bei der Evangelischen Zusatzversorgungskasse (EZVK) erworben, die Ehefrau Ansprüche in der Zusatzversorgungskasse des öffentlichen Dienstes.
Im Zuge einer Ehescheidung wird in der Regel ein Versorgungsausgleich durchgeführt. Dabei sollen alle in der Ehezeit aufgebauten Anrechte auf Versorgung im Alter einzeln betrachtet und ihr Wert jeweils hälftig zwischen den Ehegatten ausgeglichen werden.
Ziel des Versorgungsausgleichs ist die gleichmäßige Teilhabe der Ehegatten an den in der Ehezeit erworbenen Ansprüchen aus Altersvorsorge. Der Versorgungsausgleich erfolgt vorrangig durch die sogenannte interne Teilung der Anrechte.
Das Familiengericht begründet dabei zugunsten des jeweils ausgleichsberechtigten Ehegatten bei dem jeweiligen Versorgungsträger ein Anrecht in Höhe des Ausgleichswerts, welcher dem hälftigen Wert des ehezeitlichen Anrechts möglichst nahekommen soll.
Wegen der Einzelheiten der Durchführung der Teilung eröffnet der Gesetzgeber dem Versorgungsträger einen gewissen Gestaltungsspielraum (§ 10 Abs. 3, § 11 Abs. 1 VersAusglG), den dieser durch Regelungen in Versicherungsbedingungen oder seiner Satzung ausfüllen kann.
Die getroffene Regelung ist durch das Familiengericht darauf zu überprüfen, ob sie das Gebot der nicht exakt gleichen, aber doch gleichwertigen Teilhabe der Ehegatten an den in der Ehezeit erworbenen Anrechten wahrt.
Das Familiengericht hatte hier die Gleichartigkeit der beiderseitigen Anrechte aus diesen Zusatzversorgungen verneint und nur das Anrecht des Ehemanns bei der EZVK entsprechend deren Vorschlag durch interne Teilung beim Versorgungsausgleich berücksichtigt.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Die gegen die Entscheidung des Familiengerichts eingelegte Beschwerde hatte vor dem OLG Erfolg.
Anrechte in den Zusatzversorgungseinrichtungen des öffentlichen und des kirchlichen Dienstes (sind) gleichartig, stellte das OLG fest. Das gelte auch für Anrechte bei der EZVK, weil deren Satzungsregelung nichtig sei, soweit sie anders als die Satzungen anderer Träger der Zusatzversorgung für den ausgleichsberechtigten Ehegatten einen Wechsel in den Tarif für freiwillig Versicherte vorsehe.
Diesen Tarif biete die EZVK pflichtversicherten Mitgliedern als Zusatzversicherung an. Die Satzung der EZVK gewährleiste insoweit keine gleichwertige Teilhabe der Ehegatten an den in der Ehezeit erworbenen Anrechten (§ 11 Absatz 1 S. 1 VersAusglG). Im entschiedenen Fall würde die ausgleichsberechtigte Ehefrau aus der freiwilligen Versicherung bis zur Vollendung des 80.
Lebensjahres geringere Leistungen erhalten, als ihr bei Teilung in der Pflichtversicherung zustünde. In der Chance auf spätere (nach Vollendung des 80. Lebensjahres) höhere Leistungen liege angesichts ihres Vorversterbensrisikos kein angemessener Ausgleich.
Zudem seien die garantierten Leistungen in der Pflichtversicherung höher, während Versicherte im Tarif der freiwilligen Versicherung nur auf Überschussbeteiligungen hoffen könnten, womit sie ein höheres Kapitalmarktrisiko tragen würden.
Für das zu Gunsten der Ehefrau übertragene Anrecht seien deshalb die Regelungen über das Anrecht des Ehemanns entsprechend anzuwenden.
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Das OLG hat die Rechtsbeschwerde zum BGH zugelassen. Die Frage, ob der in der Satzung der EZVK vorgesehene Tarifwechsel bei interner Teilung eines Anrechts auf Pflichtversicherung dem Gebot der gleichwertigen Teilhabe entspreche, sei bislang nicht entschieden und stelle sich in einer Vielzahl von Verfahren.
OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 02.07.2019 - 6 UF 238/17
Quelle: OLG Frankfurt am Main, Pressemitteilung v. 23.07.2019