Sozialrecht, Familienrecht -

Haftung für den Sozialleistungsbetrug des Lebensgefährten?

Das LSG Niedersachsen-Bremen hat entschieden, dass eine ehemalige Grundsicherungsempfängerin für den Sozialleistungsbetrug ihres Lebensgefährten haften muss. Im Streitfall ging das Gericht davon aus, dass die Frau sich das Verhalten ihres Lebensgefährten nach den Grundsätzen der Anscheins- und Duldungsvollmacht zurechnen lassen muss und sie sich nicht auf Vertrauensschutz berufen kann.

Darum geht es

Geklagt hatten eine Frau und deren Tochter (geb. 2006) aus Hannover. Mit ihrem Lebensgefährten und Vater bezogen sie seit 2005 Grundsicherungsleistungen. 

Um die Anträge der Bedarfsgemeinschaft kümmerte sich der Lebensgefährte. Als die Frau nach der Elternzeit wieder arbeitete, beauftragte sie ihn 2008 mit der Abmeldung der Bedarfsgemeinschaft beim Jobcenter, da sie ihren Lebensunterhalt nun selbst sicherstellen konnten. 

Ihr Lebensgefährte aber leitete stattdessen die Leistungen auf ein anderes Konto um und fing sämtlichen Schriftverkehr ab.

Erst Jahre später erfuhr das Jobcenter durch eine Mitteilung der Deutschen Rentenversicherung von der Beschäftigung. In der Folge machte es eine Erstattungsforderung von rund 11.000 € gegenüber der Frau geltend, die sie zunächst in Raten bezahlte.

Nach der Verurteilung des Mannes wegen Sozialleistungsbetrugs und dem Ende der Beziehung klagte sie jedoch, da sie von dem Vorgang nichts gewusst habe. 

Von dem Handeln ihres damaligen Lebensgefährten habe sie erst erfahren, als eine Gehaltsanfrage des Jobcenters bei ihrem Arbeitgeber eingegangen war.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen hat die Rechtsauffassung des Jobcenters bestätigt. 

Die Frau könne sich nicht auf Vertrauensschutz berufen, da sie sich das Verhalten ihres Lebensgefährten als Vertreter zurechnen lassen müsse. Sie habe dessen Vollmacht nie widerrufen. 

Wer den Rechtsschein dazu setze, dass ein anderer für ihn wie ein Vertreter auftrete, müsse sich nach den Grundsätzen der Anscheins- und Duldungsvollmacht dessen Verhalten zurechnen lassen, selbst wenn er keinen Bevollmächtigungswillen mehr hatte. 

Es sei der Rechtsfigur einer solchen Vollmacht immanent, zum Schutz des Rechtsverkehres ein im Außenverhältnis wirksames Handeln des Vertreters herzustellen, wenn die Grenzen im Innenverhältnis überschritten seien.

LSG Niedersachsen-Bremen, Urt. v. 27.02.2024 - L 11 AS 330/22

Quelle: LSG Niedersachsen-Bremen, Pressemitteilung v. 02.04.2024

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