Die Nachbarn von Grundstücken, die von einem Unternehmen zum Abstellen von Schulbussen genutzt werden, haben keinen Anspruch auf Unterlassung dieser Nutzung. Das hat das Verwaltungsgericht Neustadt entschieden. Die Nachbarn hatten in einem bauplanungsrechtlichen Verfahren mit dem Busunternehmen einen Vergleich geschlossen, waren aber später bauordnungsrechtlich gegen die Nutzung vorgegangen.
Darum geht es
Die Kläger sind Eigentümer eines mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks in Annweiler-Gräfenhausen. Hieran grenzen zwei Grundstücke an, auf deren Freiflächen eine Autobusgesellschaft (im Folgenden: Beigeladene) mehrere Omnibusse abstellt.
Im August 2013 beantragten die Kläger beim beklagten Landkreis Südliche Weinstraße behördliches Einschreiten gegen die Beigeladene mit der Begründung, von dem Busbetrieb gingen unzumutbare Lärmbelästigungen aus. Für die Nutzung liege auch keine Baugenehmigung vor. Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 10.10.2013 ab. Nach erfolgloser Durchführung eines Vorverfahrens erhoben die Kläger dagegen Klage.
Das Klageverfahren wurde in der Folgezeit ausgesetzt, da der Beklagte der Beigeladenen am 01. September 2014 eine Baugenehmigung für das Vorhaben „Stellplätze für Kraftomnibusse“ auf den Freiflächen der beiden Grundstücke erteilt und die Kläger nach Zurückweisung ihres Widerspruchs auch dagegen Klage erhoben hatten.
Dieser Klage gab das Verwaltungsgericht Neustadt/Wstr. mit Urteil vom 24.05.2016 mit der Begründung statt, der Betrieb der Beigeladenen stelle sich als erheblich störender Gewerbebetrieb dar und die Betriebstätigkeiten erwiesen sich gegenüber der Wohnbebauung in der unmittelbaren Nachbarschaft als rücksichtlos.
Dagegen legte die Beigeladene Rechtsmittel ein, dem das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz mit Urteil vom 21.03.2017 mit der Begründung stattgab, das Vorhaben stelle sich den Klägern gegenüber nicht als rücksichtlos dar.
Auf die dagegen von den Klägern eingelegte Beschwerde hob das Bundesverwaltungsgericht das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz im November 2017 auf und wies die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz zurück.
In dem zurückverwiesenen Gerichtsverfahren schlossen die Kläger, der Beklagte und die Beigeladene zwecks Vermeidung einer kostspieligen Beweisaufnahme im Juli 2018 einen Vergleich, in dem sich die Kläger damit einverstanden erklärten, dass die Beigeladene das Gelände in gewissem Umfang zum Abstellen der Busse während der Schulzeit und während der Schulferien nutzen dürfe. Auch wurden Regelungen für die Dauer des Warmlaufenlassens der Busse getroffen.
Nachdem damit der Rechtsstreit der Kläger gegen die Baugenehmigung vom 01.09.2014 sein Ende gefunden hatte, wurde das Verfahren auf Erlass einer Nutzungsuntersagungsverfügung wiederaufgenommen.
Die Kläger machten nunmehr geltend, durch den Vergleich sei ihre Belastung gegenüber der Baugenehmigung zwar etwas gemindert. Ihre grundsätzliche Belastung, die darin liege, dass direkt vor ihren Wohn- und Gartengrundstücken tagtäglich erhebliche Betriebsvorgänge stattfänden, die bereits frühmorgens begännen - einschließlich des besonders störenden „Warmlaufenlassens“ der Motoren -, sei damit jedoch nicht beseitigt.
Zu einem weiteren Entgegenkommen sei die Beigeladene nicht bereit gewesen. Der Vergleich schließe nicht aus, weiterhin bauaufsichtliches Einschreiten gegen die Beigeladene zu verlangen. Denn die Baugenehmigung sei lediglich im vereinfachten Genehmigungsverfahren ergangen, weshalb die Einhaltung bauordnungsrechtlichen Vorschriften nicht überprüft worden sei.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit folgender Begründung abgewiesen:
Die Kläger seien zwar klagebefugt, denn sie könnten sich auf die nachbarschützende Vorschrift des § 47 Abs. 7 Satz 2 Landesbauordnung (LBauO) berufen, wonach durch die Benutzung von Stellplätzen die Gesundheit nicht geschädigt sowie das Wohnen und Arbeiten, die Ruhe und Erholung in der Umgebung nicht unzumutbar beeinträchtigt werden dürfe.
Die Klage sei aber unbegründet, da die Kläger zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts keinen Anspruch gegen den Beklagten auf bauaufsichtliches Einschreiten gegenüber der Beigeladenen dahingehend hätten, dieser die Nutzung der Betriebsgrundstücke in Annweiler-Gräfenhausen als Stellplätze für Kraftomnibusse zu untersagen.
Es könne offenbleiben, ob ein Verstoß gegen § 47 Abs. 7 Satz 2 LBauO vorliege. Denn die Kläger hätten im Juli 2018 vor dem Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz einen gerichtlichen Vergleich geschlossen, in dem sie umfassend akzeptiert hätten, dass die Omnibusse der Beigeladenen in dem Umfang, wie er in dem Vergleich vereinbart worden sei, auf dem Betriebsgelände der Beigeladenen abgestellt werden dürften.
Mit diesem Vergleich sei die Zumutbarkeit der von den Omnibussen ausgehenden Emissionen in Bezug auf die Kläger einvernehmlich bestimmt worden. In dem Vergleich sei dezidiert geregelt worden, wie viele Busse zu welcher Zeit wo genau auf den beiden Grundstücken stehen und wie lange diese Busse vor der jeweiligen Abfahrt warmlaufen dürften.
Es sei treuwidrig, nunmehr zu behaupten, mit dem Vergleich sei lediglich die bauplanungsrechtliche Zumutbarkeit der Stellplätze geregelt worden, nicht aber die bauordnungsrechtliche Zumutbarkeit.
An ihre vergleichsweise erklärte Bereitschaft, das Abstellen der Omnibusse auf den Nachbargrundstücken unter den im Vergleich im Einzelnen geregelten Voraussetzungen hinzunehmen, müssten die Kläger sich auch bei der Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenze im Rahmen des § 47 Abs. 7 Satz 2 LBauO festhalten lassen.
Gegen das Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung Antrag auf Zulassung der Berufung zum Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz eingelegt werden.
Verwaltungsgericht Neustadt, Urt. v. 29.01.2019 – 5 K 806/14.NW
Quelle: Verwaltungsgericht Neustadt, Pressemitteilung v. 21.02.2019