Trotz der vielfältigen sinnvollen Einsatzmöglichkeiten einer Stiftung muss dieses Rechtsinstitut wie kein anderes um seinen „guten Ruf kämpfen“.
Nach der Erfahrung in der Beratungspraxis ist der Terminus „Stiftung“ in der Wahrnehmung überwiegend verknüpft mit einer vermeintlichen Aussicht auf Steuerersparnisse einerseits und andererseits mit der angeblichen Notwendigkeit, die innerhalb der Stiftung erwirtschafteten Erträge gemeinnützig zu verwenden. Beides ist in dieser Form unrichtig und irreführend.
Modernisierung des Stiftungsrechts endlich am Ziel?
Durch die Reform des Gemeinnützigkeitsrechts im Zuge des Jahressteuergesetzes 2020 sowie die Modernisierung des Stiftungszivilrechts im Jahr 2002 wurden bereits die rechtlichen und steuerlichen Rahmenbedingungen für Stiftungen verbessert.
Am 22.07.2021 wurde schließlich das Gesetz zur Vereinheitlichung des Stiftungsrechts verkündet (Gesetz zur Vereinheitlichung des Stiftungsrechts und zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes v. 16.07.2021, BGBl I, 2947).
Das bisher nur in Ansätzen im BGB und im Übrigen in den 16 Landesstiftungsgesetzen enthaltene Stiftungszivilrecht wird künftig bundeseinheitlich in den §§ 80 ff. BGB n.F. zusammengeführt.
Inkrafttreten des neuen Stiftungsrechts am 1.7.2023
Das neue Stiftungszivilrecht tritt am 01.07.2023 in Kraft und betrifft nicht nur Stiftungen, die nach dem 01.07.2023 errichtet werden, sondern alle dann bestehenden Stiftungen. Das neue Stiftungszivilrecht soll mehr Rechtssicherheit schaffen.
Das Reformgesetz sieht für bestehende Stiftungen keine Übergangsregelungen vor (vgl. Orth, in: Orth/Uhl, Stiftungsrechtsreform 2021, 2021, Rdnr. 17).
Praxistipp: Weichen ältere Satzungen von den ab dem 01.07.2023 geltenden Bestimmungen ab, so sollen diese Satzungen dann aber nicht nichtig werden. Ihnen wird Bestandsschutz zugebilligt, und die Stiftungsbehörden sollten es billigen und die Möglichkeit einräumen, Satzungsänderungen zu veranlassen. Aber aufgepasst: Auch dies sollte vor dem 01.07.2023 geschehen.
Die wichtigsten Änderungen der Stiftungsrechtsreform auf einen Blick
- Das Stiftungsrecht ist mit dem neuen Gesetz bundeseinheitlich geregelt und im BGB niedergeschrieben.
- Die Grundsätze der Business Judgment Rule werden für wirtschaftliche Fehleinschätzungen gelten. Mit dieser Maßnahme wird die Haftung der Vorstandsmitglieder beschränkt, indem der Vorstand nicht mehr persönlich haftet, sofern dieser die Entscheidung rational auf der Grundlage von ausrechenden Informationen getroffen hat.
- Eine Ewigkeitsstiftung kann in Zukunft in eine Verbrauchsstiftung umgewandelt werden. Weiterhin kann sich eine Stiftung aus mehreren anderen Stiftungen zusammenschließen.
- Unter der Voraussetzung, dass das Stiftungskapital erhalten bleibt, dürfen für die Zweckverwirklichung Umschichtungsgewinne eingesetzt werden.
- Die Möglichkeit zu einer späteren grundlegenden Satzungsänderung wird für Stifter erleichtert.
- Ab dem 1. Januar 2026 tritt ein Stiftungsregister mit Publizitätswirkung in Kraft. Dies verpflichtet rechtsfähige Stiftungen, einen Rechtsformzusatz zu führen. Meldepflichten sollten nicht zu einer Doppelmeldung führen (Transparenzregister).
Zwei und fünf Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes soll eine Evaluierung stattfinden. Damit soll Stiftungen die Möglichkeit gegeben werden, auf Lücken und Fehler hinzuweisen.
Zentrales Stiftungsregister ab 2026
Zum 01.01.2026 wird zudem ein zentrales Stiftungsregister eingeführt, das die Transparenz über Stiftungen verbessert und den Stiftungen die Teilnahme am Rechtsverkehr erleichtert (vgl. RegE eines Gesetzes zur Vereinheitlichung des Stiftungsrechts, BT-Drucks. 19/28173, S. 81).
Vor den Reformen in den Jahren 2000 und 2002 hatten Stifter, insbesondere vor dem Hintergrund der staatlich in Aussicht gestellten Steuerersparnis, nicht selten ohne tiefgehende Überlegungen und Konzept eine gemeinnützige Stiftung errichtet.
Solche ausschließlich steuerlich motivierten Stiftungsgründungen führten in vielen Fällen – auf Seiten der jeweiligen Stifter – zu unerwünschten Ergebnissen und haben die zahlreichen Vorteile, die mit einer Stiftung zu erreichen sind, in den Hintergrund treten lassen.
Neben der durchdachten Verwirklichung eines gemeinnützigen Zwecks sind Stiftungen ein wertvolles Instrument zur:
- nachhaltigen Gestaltung der Unternehmensnachfolge
- und zur personenunabhängigen Sicherung von Vermögenswerten.
Das Vermögen wird in der Stiftung verselbständigt und besteht losgelöst vom persönlichen Schicksal natürlicher Personen.
Familienstiftung
Der Stifter selbst entscheidet durch die Formulierung des Stiftungszwecks in der Stiftungsverfassung, ob die Erträge der Stiftung gemeinnützig zu verwenden sind oder ob andere Zwecke verwirklicht werden sollen.
Möglich ist beispielsweise die ausschließliche Begünstigung des Stifters, seines Ehepartners sowie der Kinder, Enkel, Urenkel usw. und ggf. weiterer Mitglieder der Familie (sog. Familienstiftung). Hier findet keinerlei gemeinnützige Zweckverwirklichung statt.
Gemeinnützige Stiftung
Sofern hingegen nicht bzw. nur in engen Grenzen die Begünstigung des Stifters und seiner Familie mit der Stiftung bezweckt wird, kommt die Gründung einer gemeinnützigen Stiftung in Betracht.
Die Errichtung gemeinnütziger Stiftungen ist eine Form des privaten Engagements. Es besteht ein Interesse an einer gestalterischen Mitwirkung am gesellschaftlichen Prozess und eine steigende Bereitschaft zur Übernahme von Sozialverantwortung. Bei der Errichtung einer gemeinnützigen Stiftung erwarten den Stifter steuerliche Vorteile.
Da der Stifter einer gemeinnützigen Stiftung mit dem von ihm auf die Stiftung übertragenen Vermögen soziale – gemeinnützige – Zwecke verwirklicht, wird dieses Engagement für die Gesellschaft steuerlich berücksichtigt.
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Bislang war der Begriff „Stiftung“ vom Gesetzgeber nicht definiert worden. Dies ändert sich mit dem 1.7.2023. Alles Wichtige zum neuen Stiftungsbegriff und zur Legaldefinition der Stiftung lesen Sie im folgenden Beitrag. Hier klicken und weiterlesen!
Die denkbaren Motive zur Errichtung einer Stiftung sind vielfältig und individuell. Zentral im Rahmen einer stiftungsrechtlichen Beratung ist die Frage, ob die Motivation des potentiellen Stifters zur Errichtung einer Stiftung passt und ob hierdurch dessen Zielsetzung erreicht werden kann. Hier klicken und weiterlesen!
Mit dem Inkrafttreten des neuen Stiftungszivilrechts zum 01.07.2023 wird das gesamte Stiftungszivilrecht in den §§ 80 ff. BGB n.F. einheitlich und abschließend im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelt. Sodann treten die landesstiftungsrechtlichen Regelungen, die im Widerspruch zum BGB stehen, außer Kraft. Es ist zu erwarten, dass Landesstiftungsgesetze bis zum 01.07.2023 an die neue Rechtslage angepasst werden. Welche rechtlichen Möglichkeiten zur Errichtung einer Stiftung aktuell gegeben sind, erfahren Sie im folgenden Beitrag.
Der Stiftungszweck ist Ausdruck der Zielrichtung des Stifters. Er prägt das Stiftungsgeschäft und die Stiftungssatzung, liefert für die Tätigkeit der Stiftung das Programm, bestimmt die Destinatäre, ist Leitlinie und Richtschnur für das Handeln und Entscheiden der Stiftungsorgane und formt die Individualität und das Profil der Stiftung maßgeblich mit (vgl. auch Stumpf, in: Richter, Stiftungsrecht, 2019, § 4 Rdnr. 68 ff., § 5 Rdnr. 1 ff.). Hier mehr erfahren.
Die Stiftung ist eine rechtlich verselbständigte juristische Person des bürgerlichen Rechts. Sie wird bis zum Inkrafttreten der Stiftungsrechtsreform durch das Gesetz zur Vereinheitlichung des Stiftungsrechts zum 30.06.2023 ohne Legaldefinition als selbständiger, nicht auf einem Personenverband beruhender, mitgliederloser Rechtsträger festgelegt. Hier mehr erfahren.
Den rechtlichen Rahmen für die Verwaltung der Stiftung bilden in erster Linie die Satzung, die stiftungsrechtlichen Vorschriften des BGB (§§ 80 ff.) und der Landesgesetze sowie steuerrechtliche Regelungen (insbesondere die §§ 51 ff. AO). Aus diesen Rechtsgrundlagen – i.V.m. der Auslegung und Anwendung der Gesetze durch die Rechtsprechung und die Finanzverwaltung – sind einige Grundsätze erkennbar bzw. abzuleiten, die der Stiftungsverwalter zu berücksichtigen hat. Hier mehr erfahren.