Bislang war der Begriff „Stiftung“ vom Gesetzgeber nicht definiert worden. Die Ansätze zu einer Definition waren – vor dem Hintergrund der historischen und rechtspolitischen Betrachtungsweise – aber vielfältig. Mit der Zeit wurde der Stiftungsbegriff jedoch immer konkreter geformt und steht in seinen Grundzügen mittlerweile fest.
Nach allgemeiner Auffassung ist eine Stiftung eine rechtlich verselbständigte juristische Person des bürgerlichen Rechts. Sie ist ein selbständiger, nicht auf einem Personenverband beruhender – also mitgliederloser – Rechtsträger, welcher die in einem Stiftungsgeschäft festgelegten Zwecke mit Hilfe eines diesen Zwecken gewidmeten Vermögens dauerhaft verfolgt (vgl. Staudinger/Hüttemann/Rawert, BGB, Neubearb. 2017, Vorbem. §§ 80 ff. Rdnr. 1 m.w.N.; Jakob, in: Richter, Stiftungsrecht, 2019, § 30 Rdnr. 68).
Darüber hinaus lassen sich die Merkmale einer „Stiftung“ aus Gesetzen, Verordnungen, Rechtsprechung und Literatur ableiten.
Erstmals wurde im Gesetz zur Vereinheitlichung des Stiftungsrechts 2021 der Begriff „Stiftung“ in § 80 Abs. 1 BGB n.F. über eine Legaldefinition als eine mit einem Vermögen zur dauernden und nachhaltigen Erfüllung eines vom Stifter vorgegebenen Zwecks ausgestattete mitgliederlose juristische Person definiert (vgl. Schauhoff, in: Schauhoff/Mehren, Stiftungsrecht nach der Reform, 2022, Kap. 1 Rdnr. 1).
Diese Legaldefinition gilt mit dem Inkrafttreten der §§ 80 ff. BGB n.F. ab dem 01.07.2023.
Stifterwille
Der Stifter muss nach den Anforderungen von § 80 Abs. 2, § 81 Abs. 1 BGB (§ 82 Abs. 1, § 81 BGB n.F.) den Willen zur Errichtung einer Stiftung eindeutig zum Ausdruck bringen (insbesondere durch die Formulierung des Stiftungszwecks).
Dies muss durch die Festlegung der Stiftungsorganisation gem. § 81 Abs. 1 Nr. 5 BGB (§ 81 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d) BGB n.F.: Pflichtorgan Vorstand), die Vermögensausstattung (§ 81 Abs. 1 Nr. 4 BGB) und insbesondere durch eine klare Formulierung der Stiftungszwecke, § 81 Abs. 1 Nr. 3 BGB (§ 81 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a) BGB n.F.), geschehen.
Der Vollzug des Stifterwillens und die Stiftungstätigkeit werden also durch die Stiftungssatzung geregelt und insoweit konkretisiert. Mit § 83 Abs. 2 BGB n.F. wird die Wichtigkeit des ursprünglichen Stifterwillens festgesetzt und dessen Bedeutung ausdrücklich hervorgehoben.
Ziel der Satzung sollte immer sein, dass der ursprüngliche Stifterwille über die Gründungsphase hinauswirkt und die Richtschnur für die künftige Stiftungstätigkeit darstellt.
Stiftungszweck
Die Bestimmung des Stiftungszwecks prägt die anzustrebende Individualität der Stiftung in besonderem Maß.
Der Stiftungszweck kann sowohl in vielfältiger Weise dem Gemeinwohl (Kultur, Wissenschaft, Forschung, Soziales, Umwelt u.a.) als auch einem kleinen, begrenzten Personenkreis (Familie, Mitarbeiter usw.) dienen und lediglich privatnützig sein. Er ist das wichtigste Medium zur Verdeutlichung des Stifterwillens und ist Leitlinie für die Stiftungsorgane.
Dauerhaftigkeit
Die Stiftung ist grundsätzlich auf Dauer angelegt. Zwecksetzung und Zweckverwirklichung müssen zumindest auf einen größeren Zeitraum ausgerichtet sein. Dauerhaftigkeit muss dadurch gewährleistet sein, dass das Stiftungsvermögen und die Stiftungsorganisation eine nachhaltige Zweckverwirklichung ermöglichen. Als Ausnahme ist nur die sogenannte Verbrauchsstiftung anerkannt (siehe Teil 4/6.7.2).
Stiftungsvermögen
Stiften bedeutet die unwiderrufliche Entäußerung von Teilen des Vermögens und deren Nutznießung. Die Stiftung wird als selbständige juristische Person Eigentümerin des ihr zugewendeten Vermögens.
Das Stiftungsvermögen kann verschiedener Art sein (Barvermögen, Wertpapiere, Immobilien, Unternehmensanteile, Rechte, Kunstgegenstände usw.). Es muss allerdings darauf geachtet werden, dass keine einseitige Vermögensausstattung erfolgt.
Eine Ausstattung ausschließlich mit Wertpapieren ist i.d.R. nicht zu empfehlen, da die Gefahr einer Vermögensschmälerung in dieser Situation größer ist als bei einer Ausstattung mit Barvermögen und demzufolge die Erfüllung des Stiftungszwecks insgesamt gefährdet werden könnte. Gerade bei gemeinnützigen Stiftungen ist eine Ausstattung mit risikoreichen Wirtschaftsgütern bereits im Anerkennungsverfahren problematisch.
Die Vermögensausstattung muss ausreichend bemessen sein, um den Stiftungszweck nachhaltig fördern zu können. Sie kann zu Lebzeiten des Stifters oder von Todes wegen erfolgen. Mittels Zustiftungen ist ein schrittweiser Aufbau des Stiftungsvermögens möglich.
Praxistipp: Bei der Errichtung der Stiftung ist auch nach dem neuen Stiftungszivilrecht weiterhin kein gesetzliches Mindestvermögen vorgesehen. Maßgeblich ist, wie viel Vermögen es erfordert, um den konkreten Stiftungszweck zu erfüllen bzw. eine positive Lebensfähigkeitsprognose stellen zu können (vgl. Orth, in: Orth/Uhl, Stiftungsrechtsreform 2021, 2021, Rdnr. 334).
Es ist gängige Praxis, dass die jeweiligen Landesstiftungsbehörden hinsichtlich der Erstausstattung abweichend voneinander darüber urteilen können, ob die Vermögensausstattung ausreichend erscheint. Je nach Bundesland kann – trotz vergleichbarer Zwecksetzung – ein Erstausstattungsvermögen (unantastbares Grundstockvermögen) von 50.000 € bis zu 300.000 € gefordert werden.
Sollte die Landesstiftungsbehörde dies immer noch nicht als ausreichend für die Erreichung des Stiftungszwecks erachten, so kann zum Zwecke der Anerkennung dargelegt werden, welches sonstige Vermögen noch zur Zweckerreichung in die Stiftung eingebracht werden soll.
Stiftungsorganisation
Die privatrechtliche Stiftung erweist ihre Autonomie in ihrer eigenständigen Organisation. Der organisatorische Aufbau befähigt die Stiftung zur Zweckverfolgung und zum Handeln im Rechtsverkehr.
Die Organisation der Stiftung kann prinzipiell sehr einfach gestaltet werden. Gemäß gesetzlicher Mindestanforderung benötigt sie nicht mehr als ein Organ, den Stiftungsvorstand. Der Stifter kann weitere Organe mit entscheidender, beratender und kontrollierender Funktion einrichten.
Da die Stiftung keine Gesellschafter, Eigentümer oder Mitglieder hat, „gehört sie sich praktisch selbst“ (Bundesverband Deutscher Stiftungen, 10 Fakten über Stiftungen, Stiftungen in Deutschland, www.stiftungen.org).
Es gibt insbesondere keine Anteilseigner, so dass sich die Interessenskonflikte, die innerhalb einer Aktiengesellschaft auftreten (Principal-agent-Theorie) auf den ersten Blick nicht ergeben. Jedoch ist zu berücksichtigen, dass der Stifter „seiner“ Stiftung das eigene Vermögen zur Verfügung stellt und naturgemäß ein stärkeres Interesse an der Wirtschaftlichkeit der Stiftung hat als ein angestelltes Vorstandsmitglied.
Ihr liegt kein Personenverband – wie bei einer Gesellschaft oder einem Verein – zugrunde.
Unterschiedliche Erscheinungsformen der Stiftung
Als Erscheinungsformen der Stiftung sind – zunächst gemäß der rechtlichen Konstruktion – die selbständigen (rechtsfähigen) und unselbständigen (nicht rechtsfähigen) Stiftungen zu unterscheiden.
Die selbständigen Stiftungen treten als Stiftungen des bürgerlichen Rechts oder öffentlich-rechtliche Stiftungen in Erscheinung. Der jeweils zugrundeliegenden Vermögensausstattung zufolge können vor allem Kapitalfonds-, Unternehmens-, Anstalts- und Funktionsträgerstiftungen gekennzeichnet werden.
Besondere Gestaltungsformen sind beispielsweise Unternehmensstiftung, Familienstiftung, gemeinnützige Stiftung, Kombinationsmodelle, Gemeinschafts- und Bürgerstiftung.
Unternehmensstiftung als Nachfolgeinstrument
Insbesondere die Unternehmensstiftung ist für mittelständische Unternehmer ein beliebtes Instrument, um ihr Unternehmen im Rahmen einer Stiftung über ihren Tod hinaus fortführen zu können (Nachfolgeinstrument).
Die Unternehmensstiftung bezeichnet eine Stiftung, die – i.d.R. die überwiegende Mehrheit – Gesellschaftsanteile in ihrem Stiftungsvermögen hält und somit wie ein Gesellschafter auch Einfluss auf die Geschäftsführung nehmen kann. Bekannt sind auch sogenannte Doppelstiftungskonstruktionen (bekanntestes Beispiel: Robert-Bosch-Stiftung).
Vereinfacht kann eine solche Konstruktion wie folgt dargestellt werden:
- Eine gemeinnützige Stiftungs-GmbH (die GmbH ist keine Stiftung, sondern eine Kapitalgesellschaft) hält die Mehrheit des Kapitals (90 %) an der selbständig wirtschaftlich agierenden GmbH.
Dabei hat sie keine Stimmrechte (0 %). Diese werden typischerweise fast ausschließlich von einer (privatnützigen) Familienstiftung ausgeübt (90 %).
Auf diese Weise soll die unternehmerische Führung von der gemeinnützigen Mittelverwendung getrennt werden. Diese funktionale Trennung dient der Vermeidung von Konflikten, die sich daraus ergeben, dass die Anforderungen der Gemeinnützigkeit eingehalten werden müssen und parallel dazu eine moderne Unternehmensführung notwendig ist (vgl. dazu Kögel/Berg, FuS 2011/1, 13 ff.).