Vorbemerkung: Die Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrecht vom 04.05.2021 soll helfen, den (natürlichen) Willen der unter Betreuung stehenden Person zu verwirklichen. Dem soll bereits bei der Anordnung der Betreuung Rechnung getragen werden. Obwohl die Novelle erst am 01.01.2023 in Kraft tritt, entsprechen neuere Entscheidungen schon dieser Tendenz, wie unter anderem im folgenden Beitrag dargestellt. Allgemeine rechtliche Informationen zur Betreuerbestellung erhalten Sie außerdem auf dieser Seite.
Eignung
Die Bestellung einer natürlichen Person zum Betreuer setzt deren Eignung voraus. Sie muss in dem gerichtlich bestimmten Aufgabenkreis die Angelegenheiten des Betreuten rechtlich besorgen und ihn in dem hierfür erforderlichen Umfang auch persönlich betreuen (§ 1897 Abs. 1 BGB). Dies wird im Rahmen der Reform dahin gehend konkretisiert, dass der Betreuer den Betreuten dabei unterstützt, dass dieser seine Angelegenheiten rechtlich selbst besorgt, und er deshalb von seiner Vertretungsmacht nur Gebrauch macht, soweit dies erforderlich ist (§ 1821 Abs. 1 BGB n.F.). Zusätzlich wird der persönliche Kontakt mit dem Betreuten betont (§ 1816 Abs. 1 BGB n.F.). Es sind somit zwei Komponenten, die die Eignung des Betreuers ausmachen und die das Gericht im Rahmen einer Prognose zu beurteilen hat: Neben der fachlichen Qualifikation[1] muss er auch in persönlicher Hinsicht zur Führung der Betreuung geeignet sein.[2] Diese Komponente dürfte nach der Betreuungsrechtsreform zunehmend Bedeutung bei der Überprüfung der Eignung des Betreuers bekommen.
Vorschlag
Der Betroffene kann einen Vorschlag hinsichtlich seines Betreuers machen, dem vom Gericht zu entsprechen ist, wenn er nicht seinem Wohl zuwiderläuft (§ 1897 Abs. 4 Satz 1 BGB, künftig § 1816 Abs. 2 Satz 1 BGB, wobei das Gesetz von einem Wunsch spricht und nicht mehr von einem Vorschlag). Eine negative Erklärung, wonach eine bestimmte Person nicht zum Betreuer bestellt werden soll, soll das Betreuungsgericht bisher berücksichtigen (§ 1897 Abs. 4 Satz 2 BGB), nach neuer Rechtslage ist auch die gewünschte Ablehnung für das Gericht grundsätzlich bindend (§ 1816 Abs. 2 Satz 2 BGB n.F.).
Der Betroffene muss hierzu nicht geschäftsfähig sein; bisher ging die Literatur davon aus, dass natürliche Einsichtsfähigkeit genügt.[3] Dies hat die Rechtsprechung nunmehr konkretisiert und klargestellt, dass weder die Geschäftsfähigkeit noch die natürliche Einsichtsfähigkeit des Betroffenen erforderlich ist. Vielmehr genügt es, dass der Betroffene seinen Willen oder Wunsch kundtut. Auch die Motivation des Betroffenen ist für die Frage, ob ein betreuungsrechtlich beachtlicher Vorschlag vorliegt, ohne Bedeutung.[4] Erklärt der Betroffene, dass es ihm egal sei, wer sein Betreuer ist, so liegt hierin kein verbindlicher Vorschlag zur Person des Betreuers.[5]
Soll die vorgeschlagene Person nicht zum Betreuer bestellt werden, so setzt dies voraus, dass sich aufgrund einer umfassenden Abwägung aller relevanten Umstände Gründe von erheblichem Gewicht ergeben, die gegen die Bestellung der vorgeschlagenen Person sprechen. Es muss die konkrete Gefahr bestehen, dass die vorgeschlagene Person die Betreuung des Betroffenen nicht zu dessen Wohl führen kann oder will. Die Vermutung, dass die vorgeschlagene Person möglicherweise nachteilig zu Lasten des Betroffenen handelt, reicht nicht. Nicht ausreichend ist ferner, dass eine andere Person geeigneter ist als die vorgeschlagene.[6]
Häufig sind Geschwister mit der Betreuerbestellung eines Bruders oder einer Schwester für ihre Eltern nicht einverstanden. Beschwerdeberechtigt sind sie allerdings nur, wenn sie im ersten Rechtszug beteiligt worden sind (§ 303 Abs. 2 Nr. 1 FamFG). Einem Angehörigen, der erstinstanzlich nicht beteiligt worden ist, steht kein Beschwerderecht zu, unabhängig davon, aus welchen Gründen die Beteiligung unterblieben ist. Eine Hinzuziehung liegt nicht bereits darin, dass die Geschwister E-Mails oder Schreiben an die Betreuungsbehörde senden und diese ihrerseits in ihrer Stellungnahme, die später das Betreuungsgericht mitberücksichtigt, verwerten. Für die Beschwerdeberechtigung ist erforderlich, dass eine Hinzuziehung vorliegt, die den Geschwistern eine Einflussnahme auf die Entscheidung ermöglicht.[7]
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[1] Vgl. zur Vermögenssorge nur BGH, Beschl. v. 10.02.2021 – XII ZB 158/20, FamRZ 2021, 799 (auch zur Auswirkung auf die Vergütung).
[2] BGH, Beschl. v. 03.02.2021 – XII ZB 181/20, FamRZ 2021, 797; BGH, Beschl. v. 10.03.2021 – XII ZB 174/20, MDR 2021, 686.
[3] Vgl. Jürgens, in: Jürgens, Betreuungsrecht, 6. Aufl. 2019, § 1897 BGB Rdnr. 17 a.E.
[4] BGH, Beschl. v. 29.04.2020 – XII ZB 242/19, FamRZ 2020, 1300; BGH, Beschl. v. 18.08.2021 – XII ZB 151/20, FamRZ 2021, 1822, 1823.
[5] BGH Beschl. v. 03.02.2021 – XII ZB 181/20, FamRZ 2021, 797.
[6] BGH, Beschl. v. 28.03.2018 – XII ZB 558/17, FamRZ 2018, 947; BGH, Beschl. v. 29.04.2020 – XII ZB 242/19, FamRZ 2020, 1300; BGH, Beschl. v. 18.08.2021 – XII ZB 151/20, FamRZ 2021, 1822.
[7] BGH, Beschl. v. 03.02.2021 – XII ZB 437/20, FamRZ 2021, 799.