Erleidet ein Fahrzeug einen Unfallschaden, muss der Geschädigte im Fall eines späteren Verkaufs des Fahrzeugs – und zwar auch dann, wenn er den Schaden vollständig und fachgerecht repariert hat bzw. hat reparieren lassen - dem Käufer gegenüber den Unfallschaden angeben.
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Da ein Käufer für ein beschädigtes Fahrzeug aber nicht mehr den gleichen Preis bekommt, wie für ein unbeschädigtes Fahrzeug, kann der Geschädigte das Fahrzeug mit einem Unfallschaden nicht den gleichen Verkaufspreis erzielen, wie bei dem Verkauf eines unfallfreien Fahrzeugs.
Dadurch erleidet der Geschädigte einen weiteren Schaden, nämlich die Differenz zwischen dem Kaufpreis ohne Unfallschaden und mit Unfallschaden. Dieser Schaden nennt sich merkantiler Minderwert bzw. Wertminderung und wird durch die Versicherungen auch im Fall der fiktiven Reparatur ersetzt.
Doch Vorsicht: Eine Erstattung kommt nur dann in Betracht, wenn diese in einem Sachverständigengutachten oder in einem von einem Sachverständigen erstellten Kostenvoranschlag ausgewiesen ist.
Versicherungen versuchen oft, die Wertminderung zu kürzen oder zu streichen
Allein der Umstand, dass die Wertminderung durch einen Sachverständigen bestimmt wurde, hindert Versicherungen jedoch nicht daran, diese zu kürzen oder ganz zu strichen.
Dabei berufen sich die Versicherungen auf Gerichtsentscheidungen, die sagen, dass Fahrzeuge die älter als 5 Jahre sind, keine Wertminderung mehr erfahren. Dieser Auffassung hat das OLG Düsseldorf im Jahr 2012 eine Absage erteilt, als es urteilte, dass auch bei älteren Fahrzeugen eine Wertminderung eintreten kann. Dennoch wird auch von Gerichten die Grenze oftmals bei einem Alter von fünf Jahren und 100.000 km gezogen.
Diese Auffassung ist aber vor allem in Hinblick auf den technischen Fortschritt und die zunehmende Haltbarkeit von Fahrzeugen nicht mehr haltbar. Vor allem auf starre Grenzen bezüglich Alter und Laufleistung kann es nicht ankommen. Vielmehr ist hier immer eine Einzelfallentscheidung zu treffen.
Weiterhin kürzen Versicherungen die Wertminderung gern, wenn es sich um sogenannte Bagatellschäden handelt. Gestützt wird auch diese Auffassung von entsprechenden Urteilen, in denen die Gerichte die Auffassung vertreten, dass der Ersatz des merkantilen Minderwertes auf erhebliche Unfallschäden zu beschränken sei, da behobene Bagatellschäden beim Verkauf keine Rolle spielen.
Dieser Auffassung kann jedoch nicht zugestimmt werden, da der Geschädigte auch bei „Bagatellschäden“, nämlich soweit und sofern diese ins Blech gegangen sind, offenbarungspflichtig ist und damit das Fahrzeug unter Abzug als Unfallfahrzeug verkaufen muss.
Eine Wertminderung soll auch für Lkws, Busse, Motorräder, gewerblich genutzte Fahrzeuge und Fahrschulwagen entstehen. Da sich hier der Makel eines Unfalls jedoch nicht so erheblich auswirkt wie bei privat genutzten Personenkraftfahrzeugen, muss die entsprechende Wertminderung durch einen Sachverständigen bestimmt werden.
In einem gerichtlichen Verfahren unterliegt die Bestimmung der Höhe der Wertminderung dann der richterlichen Schätzung, § 287 ZPO, wobei alle Umstände des Einzelfalls wie Laufleistung, Alter, Zustand, Schaden, Vorschäden, Zahl der Vorbesitzer, sowie die durch die Reparatur eintretenden Wertverbesserungen zu berücksichtigen sind.
Nadja Wollangk, Rechtsanwältin & Fachanwältin für Verkehrsrecht in Berlin
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