Das OLG Oldenburg hat ein Krankenhaus zur Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 265.000 € an den Haftpflichtversicherer eines Unfallverursachers verurteilt. Im Krankenhaus hatte ein Oberarzt falsch auf eine Störung am Beatmungsgeräts des Unfallopfers reagiert, woraufhin der Patient neben seinen unmittelbaren Verletzungsfolgen einen schweren Hirnschaden erlitt.
Darum geht es
Die Klägerin war Haftpflichtversicherer eines Pkw, der im April 2009 in einen schweren Unfall verwickelt war. Der Fahrer des Pkw erfasste beim Überholen auf der Landstraße ein entgegenkommendes Krad. Das Krad kam von der Straße ab und prallte gegen einen Baum. Dessen Fahrer, ein 42jähriger Mann, erlitt durch den Zusammenstoß eine beidseitige Rippenserienfraktur mit Lungenquetschung.
Er wurde in das Krankenhaus der Beklagten eingeliefert, sediert und beatmet. Zwei Tage nach Aufnahme in das Krankenhaus kam es zu einem Zwischenfall. Das Beatmungsgerät zeigte eine Störung an. Der hinzugerufene Oberarzt war mit der Situation überfordert und ergriff grob fehlerhaft die falschen Maßnahmen. Dadurch kam es bei dem Kradfahrer zu einem schweren Hirnschaden. Er befindet sich heute im Zustand des Wachkomas. Hoffnung auf Besserung besteht nicht.
Die Klägerin einigte sich mit dem Kradfahrer auf die Zahlung eines Schadensersatzbetrages, insbesondere Schmerzensgeldes in Höhe von 275.000 €.
Mit der Klage verlangte sie von dem beklagten Krankenhaus einen Betrag in Höhe von 265.000 € zurück. 10.000 € wollte sie selber übernehmen. Sie vertrat die Auffassung, dass das Krankenhaus für den Hirnschaden des Kradfahrers allein hafte. Ohne den groben Fehler des Oberarztes würde dieser heute nicht mehr an den Folgen des Unfalls leiden.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Das Landgericht gab der Klägerin nur teilweise Recht und entschied, dass das Krankenhaus zu 70 % für den Hirnschaden des Kradfahrers hafte. Im Übrigen habe die Klägerin für die schweren Folgen einzustehen, da der Unfall den Kradfahrer erst in die gefährliche Beatmungssituation gebracht habe.
Die Berufung vor dem OLG Oldenburg führte zu einer Änderung des landgerichtlichen Urteils. Der Zivilsenat entschied, dass das Krankenhaus zu 100 % für den Hirnschaden des Kradfahrers hafte.
Dies folge daraus, dass die von dem Versicherungsnehmer der Klägerin, dem Fahrer des Pkw, zu verantwortenden unmittelbaren Verletzungsfolgen (Rippenfraktur und Lungenquetschung) im Vergleich zu den von dem beklagten Krankenhaus zu verantwortenden Verletzungsfolgen (Hirnschaden) als gering anzusehen seien, weiter daraus, dass das von dem beklagten Krankenhaus zu verantwortende Verhalten in deutlich höherem Maße als der Unfall geeignet gewesen sei, den Hirnschaden des Kradfahrers herbeizuführen. Bei wertender Betrachtung trete der von der Klägerin zu verantwortende Verursachungsbeitrag vollständig hinter dem des beklagten Krankenhauses zurück.
Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.
OLG Oldenburg, Urt. v. 08.07.2015 - 5 U 28/15
Quelle: OLG Oldenburg, Pressemitteilung v. 16.07.2015