Das Amtsgericht München hat eine Klage auf Rückzahlung und Schadensersatz aus einem Reisevertrag abgewiesen. Ein Urlauber hatte wegen einer Magen-Darm-Erkrankung seine Pauschalreise abgebrochen. Nach dem Gericht kann sich aber erst bei einer Vielzahl von entsprechend erkrankten Hotel-Gästen ein möglicher Indizienschluss auf mit Krankheitserregern belastete Speisen ergeben.
Darum geht es
Der Kläger hatte bei der Beklagten für sich und seine Familie zum Preis von 3.922 € eine einwöchige Pauschalreise im Juli 2022 nach Antalya gebucht.
Der Kläger brach die Reise vorzeitig ab, da bei seiner Familie nach einigen Tagen Übelkeit und Erbrechen auftraten. Dies war nach Auffassung des Klägers auf unzureichende Hygiene im Hotel zurückzuführen.
Schon kurz nach Anreise habe der Kläger Erbrochenes im Bereich des Swimming-Pools festgestellt, das nicht unmittelbar beseitigt worden sei. Das Essen, insbesondere Ei- und Fischgerichte, sei durchgängig gesundheitsbedenklich erschienen, nach dem Eindruck des Klägers also nicht vollständig gegart, sondern noch partiell roh und zum Verzehr nicht geeignet.
Auch habe das Essen von außen betrachtet keinen frischen Eindruck gemacht. Im Hotel hätten weitere Gäste an derselben Krankheitssymptomatik gelitten.
Der Kläger forderte die Rückzahlung der Hälfte des Reisepreises, Ersatz für vertane Urlaubszeit sowie den Ersatz der Behandlungskosten vor Ort und der Kosten für die vorzeitige Rückreise.
Die Beklagte bestritt die Mangelhaftigkeit der Reiseleistungen, insbesondere die behaupteten unhygienischen Zustände und eine Gesundheitsbedenklichkeit des Essens.
Vor Ort habe sich eine Reiseleitung befunden, die für Sprechstunden zur Verfügung gestanden habe, und anlässlich dieser Sprechstunden sei so auch in Rundgängen die Qualität der Leistungen vor Ort geprüft worden, und zwar ohne Beanstandungen.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Das Amtsgericht München hat die Klage auf Zahlung von 3.752,57 € abgewiesen.
Soweit die Klage auf Schadensersatzansprüche gerichtet ist, sei die Klage schon deswegen unbegründet, weil eine Schadenersatzpflicht nur bestehe, wenn belegt ist, dass die behauptete Pflichtverletzung zu dem eingetretenen Schaden geführt hat.
Sowohl der Mangel als auch das Beruhen des Schadens auf diesem Mangel vom Reisenden muss demnach dargelegt und bewiesen werden. Ein Verursachungszusammenhang darf nicht nur zu vermuten sein. Stattdessen muss sich auch ein Verursachungszusammenhang mit Sicherheit und auch zweifelsfrei ergeben.
Jedenfalls an letzterem scheitere die Klage, weil neben der behaupteten mangelnden Hygiene der Einrichtungen und fehlender Unbedenklichkeit des Essens nicht ausschließbar andere Ursachen für die Erkrankung in Betracht kämen.
Zum einen scheidet eine bakterielle Infektion schon nach Vortrag der Klägerseite aus, so dass Salmonellen und damit infektiöses Essen nicht in Betracht kommen würden. Zum anderen führe die Behauptung, dass auch andere Gäste des Hotels an ähnlicher Symptomatik gelitten hätten, nicht dazu, dass zwingend das Hotel verantwortlich sein muss.
Bekanntermaßen beruhe eine Vielzahl von Magen-Darm-Erkrankungen nicht auf kontaminiertem Essen, sondern auf Schmier- oder Tröpfcheninfektionen, bei denen an kleinen, auch aerosolen Partikeln Krankheitserreger anhaften und so die Erkrankung über Kontaktflächen oder schlicht räumliche Nähe zu anderen Gästen und deren Ein und Ausatmen, Husten, Gesprächen oder Lachen übertragen wird.
Dies ist auch zwanglos mit einer Vielzahl fast gleichzeitiger Erkrankungen in Einklang zu bringen. Es genügt dann schon ein einzelner, vorerkrankter Gast, um bei einer hochansteckenden Erkrankung wie etwa einem Noro-Virus zu vielfachen Folgeerkrankungen zu führen.
Ein Hotel verspricht aber keine aseptische Umgebung. Stattdessen realisiert sich dann ein allgemeines Lebensrisiko im Zusammentreffen mit anderen Menschen. Gemessen an diesen ohne weiteres möglichen Erklärungen würde eine Verurteilung der Beklagten, weil sie verantwortlich sei, auf bloßer Mutmaßung beruhen.
Erst dann, wenn so viele Gäste krank werden, dass eine andere Ursache außerhalb des Verantwortungsbereichs des Hotels vernünftigerweise nicht mehr in Betracht kommt, könnten die Erkrankungen anderer Gäste ausreichend Gewicht für einen Indizienschluss auf einen Verursachungszusammenhang haben.
Dies sei hier nicht der Fall, schon weil völlig unbestimmt geblieben ist, wie viele andere Hotelgäste überhaupt erkrankt waren.
Bei fehlender Etablierung eines Verursachungszusammenhangs seien eigene Folgeentscheidungen, wie etwa, die Reise wegen der Schwere der Erkrankungen abzubrechen, nachvollziehbar, aber nicht der Beklagten zurechenbar. Für solche allgemeinen Risiken bestehe nur die Möglichkeit, eine Reiseabbruchversicherung abzuschließen.
Soweit die Klage auf Mangelhaftigkeit und deswegen geschuldeter Rückzahlung des Kaufpreises gerichtet ist, ist die Klage ebenfalls unbegründet.
Ohne Kausalität der bemängelten Hygiene für die Erkrankung der Reisenden stelle sich der Vortrag nur noch als Vortrag eines einfachen Reisemangels dar. Für diesen sei aber eine Anzeige nicht entbehrlich.
Diese Anzeige müsse auch gegenüber der Beklagten bzw. gegenüber den vor Ort tätigen Reiseleitern erfolgen. Eine Anzeige allein gegenüber dem Hotel als Leistungserbringer genügt nicht. Von Beklagtenseite ist eine solche Anzeige bestritten und von Klägerseite nicht näher substantiiert worden.
Die Klägerseite trägt zwar vor, man habe sich an die Reiseleitung gewandt, aber erst nachdem sich bei seiner Familie Krankheitssymptome gezeigt hatten und so frühestens am 08.07.2022.
Nach eigenem Vortrag wurde dann auch wegen des bedrohlichen Verlaufs der Erkrankung des minderjährigen Sohnes die Reise am 08.07.2022 abgebrochen. Damit wird aber nach dem Gericht der Beklagten die Möglichkeit genommen, ihrer Gewährleistungspflicht zu genügen und den Reisepreis mit einer Abhilfe auch umfänglich zu verdienen.
Das Urteil ist rechtskräftig.
Amtsgericht München, Urt. v. 02.08.2023 - 132 C 230/23
Quelle: Amtsgericht München, Pressemitteilung v. 03.06.2024