Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat entschieden, dass die Pflicht, sich nach einer Alkoholfahrt einer medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU) zu unterziehen, nicht durch die Erneuerung einer spanischen Fahrerlaubnis entfällt. Die bloße Erneuerung eines Führerscheins sei kein Beweis dafür, dass die Fahreignung nach Entziehung der Fahrerlaubnis wieder erlangt worden sei.
Darum geht es
Der Kläger ist Deutscher, der sich seit 1992 überwiegend in Spanien aufhält. Er erwarb 1992 in Spanien eine Fahrerlaubnis der Klassen A und B. Diese Fahrerlaubnis wurde ihm 2009 vom Amtsgericht Karlsruhe-Durlach wegen einer Trunkenheitsfahrt mit 2,12 Promille für das Bundesgebiet entzogen. Nach Ablauf der vom Amtsgericht verhängten Sperrfrist für eine Neuerteilung der Fahrerlaubnis wurde der spanische Führerschein des Klägers in Spanien mehrmals erneuert.
In Spanien sind Führerscheine - abhängig vom Lebensalter des Inhabers - zehn, fünf oder zwei Jahre gültig. Bei Ablauf der Gültigkeitsdauer wird der Führerschein dann erneuert, wenn ein vorgeschriebener Gesundheitstest bestanden worden ist. Wegen der im Recht der Europäischen Union verankerten Pflicht der Mitgliedstaaten, die von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheine „ohne jede Formalität“ anzuerkennen, vertrat der Kläger gegenüber der deutschen Fahrerlaubnisbehörde den Standpunkt, dass er infolge der Erneuerung seines spanischen Führerscheins wieder berechtigt sei, in Deutschland ein Kraftfahrzeug zu führen.
Die deutsche Fahrerlaubnisbehörde vertrat hingegen die Auffassung, dass ihm das Recht, von seiner spanischen Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen, erst dann wieder zustehe, wenn er durch ein medizinisch-psychologisches Gutachten belegt habe, dass er inzwischen in der Lage sei, Alkoholkonsum und Autofahren hinreichend voneinander zu trennen. Das Verwaltungsgericht Karlsruhe folgte dieser Rechtsauffassung und hat die Klage abgewiesen.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat die eingelegte Berufung des Klägers zurückgewiesen.
Zur Begründung führt der Senat in seinem Urteil unter anderem aus, dass unionsrechtlich ein von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellter Führerschein nur dann „ohne jede Formalität“ von Deutschland anzuerkennen sei, wenn der ausstellende Mitgliedstaat unionsrechtlich verpflichtet gewesen sei, sämtliche Voraussetzungen für die Erteilung einer Fahrerlaubnis zu prüfen.
Dies sei aber nicht der Fall, wenn ein Führerschein der Klassen A und B bei Ablauf der Gültigkeit erneuert werde. Vielmehr könne jeder Mitgliedstaat selbst entscheiden, ob und ggf. in welchem Umfang er die Erneuerung eines Führerscheins von bestimmten Tests oder Kursen abhängig mache. Die bloße Erneuerung eines Führerscheins tauge daher - anders als das bei einer Neuerteilung der Fall ist - nicht als Beweis dafür, dass sein Inhaber - nach der Fahrerlaubnisentziehung - seine Fahreignung wieder erlangt habe.
Die Revision zum Bundesverwaltungsgericht wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen. Diese kann von dem Kläger binnen eines Monats nach Zustellung des Urteils eingelegt werden.
VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 27.06.2017 - 10 S 1716/15
Quelle: VGH Baden-Württemberg, Pressemitteilung v. 14.07.2017