Kinder haften nicht für Beschädigungen an geparkten Fahrzeugen, wenn der Schaden bei altersgemäß falscher Einschätzung der im Verkehr bestehenden Gefahren zugefügt wurde. Das hat das Amtsgericht München entschieden. Im Streitfall hatte ein siebenjähriger Junge durch den Lenker eines Kickboards einen Schaden an einem geparkten Pkw verursacht, nachdem er einem anderen Fahrzeug ausgewichen war.
Darum geht es
Der Kläger trägt vor, dass sich bald nach dem Schadensereignis der Stiefvater des Jungen bei ihm gemeldet und für den gerade verursachten Schaden entschuldigt habe.
Der als Zeuge einvernommene 43jährige Stiefvater gab an, dass der Junge die ihm und seiner älteren Schwester gehörenden Kickboards, die sie beide woanders abgestellt hatten, nun wieder holen wollte. In der Wohnstraße mit Tempo 30 habe ein Pkw ausgeparkt und sei nicht allzu schnell am Jungen vorbeigefahren, als dieser im Begriff war mit den Kickboards an beiden Händen die Straße zu überqueren, um zur restlichen Familie zu kommen.
Der Junge sei dann bei Vorbeifahren des Pkw mit dem rechten Kickboardlenker an dem geparkten klägerischen Auto hängen geblieben. Der Junge habe sich schmal gemacht, um dem Pkw auszuweichen. Der Lenker habe leider keine Gummigriffe gehabt. Man habe dann den Schaden angesehen. Es habe sich um einen frischen langen Kratzer an der Fahrertür und am Kotflügel des noch sehr gut erhaltenen Autos gehandelt.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Der zuständige Richter wies die Klage ab. Die Klagepartei hat gegen den Beklagten keine Ansprüche auf Schadensersatz.
Gemäß § 828 BGB haftet der Beklagte vorliegend nach dem Wortlaut nur für Vorsatz: „Wer das siebente aber nicht das zehnte Lebensjahr vollendet hat, ist für den Schaden den er bei einem Unfall mit einem Kraftfahrzeug, einer Schienenbahn oder einer Schwebebahn einem anderen zufügt, nicht verantwortlich. Dies gilt nicht, wenn er die Verletzung vorsätzlich herbeigeführt hat“.
Diesen Wortlaut hat der BGH bei einem Unfall mit einem geparkten Fahrzeug eingeschränkt. Grund dafür ist, dass im ruhenden Verkehr normalerweise gerade nicht die besonderen Gefahren von Kraftfahrzeugen wirken, welche ein Kind überfordern können: Der Gesetzgeber habe Kinder dieses Alters von Haftung freistellen wollen, wenn sich bei der gegebenen Fallkonstellation eine typische Überforderungssituation des Kindes durch die spezifischen Gefahren des motorisierten Verkehrs realisiert hat.
Der vorliegende Fall unterscheidet sich aber dadurch, dass auch nach dem Vortrag der Klagepartei das Kind einem anderen fahrenden Kraftfahrzeug ausgewichen ist und dabei den Schaden verursacht hat.
Dementsprechend handelt es sich nicht allein um die Beschädigung eines abgestellten Pkw, sondern Unfallursache war ebenfalls ein bewegtes Kraftfahrzeug. Die Fähigkeit Entfernungen und Geschwindigkeiten richtig einzuschätzen und sich entsprechend dieser Gefahren zu verhalten war vorliegend relevant, anders als bei einem Unfall allein im ruhenden Verkehr.
Es sei unerheblich, ob die Überforderung des Kindes vom beschädigten oder einem anderen Pkw ausgegangen ist.
Das Urteil ist nach Zurückweisung der Berufung rechtskräftig.
Amtsgericht München, Urt. v. 11.12.2017 - 345 C 13556/17
Quelle: Amtsgericht München, Pressemitteilung v. 18.05.2018