Bei regelmäßigem Konsum von Cannabis kann der Führerschein mit sofortiger Wirkung entzogen werden. Das hat das Verwaltungsgericht Neustadt entschieden. Die Fahreignung entfällt ebenfalls bei einer Selbstmedikation - selbst wenn diese ärztlich begleitetet wird. Auch wenn Cannabis-Extrakt ärztlich verordnet wird, führt dies nicht ohne weiteres zu einem atypischen Sachverhalt.
Darum geht es
Im zugrunde liegenden Fall hatte die Polizei bei einer Durchsuchung der Wohnung des Antragstellers Anfang Oktober 2016 3.675,78 Gramm Marihuana sichergestellt. Der Antragsteller gab bei seiner Vernehmung hierzu an, seit Mai/Juni 2015 regelmäßig Marihuana zu nehmen. In letzter Zeit konsumiere er fast jeden Tag einen „Bong“.
Eine dem Betroffenen entnommene Blutprobe ergab bei dem Parameter THC-Carbonsäure einen Wert von 240 ng/mL; ab einem Wert von 150 ng/mL kann auf einen regelmäßigen Cannabiskonsum geschlossen werden. In einem vorläufigen ärztlichen Entlassungsbericht des Pfalzklinikums vom November 2016 heißt es zudem, dass bei dem Antragsteller eine Cannabisabhängigkeit vorliege. Die Kreisverwaltung entzog ihm deshalb mit Bescheid vom 2. Februar 2017 mit sofortiger Wirkung der Führerschein.
Der Betroffene erhob hiergegen Widerspruch und beantragte wegen des angeordneten Sofortvollzugs beim Verwaltungsgericht vorläufigen Rechtsschutz. Zur Begründung trug er im Wesentlichen vor, dass er nunmehr den Cannabisextrakt Sativex nehme, welcher ärztlich verordnet sei. Auch schon vor der Verordnung habe er Cannabis ausschließlich im Wege der Eigenmedikation zu sich genommen.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Der Antrag hatte keinen Erfolg. Nach der Fahrerlaubnisverordnung habe die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich der Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweise. Aufgrund des ermittelten Sachverhalts habe die Kreisverwaltung zu Recht davon ausgehen dürfen, dass der Antragsteller regelmäßig Cannabis konsumiere.
Bei einem regelmäßigen Konsum bestehe nach den Vorschriften der Fahrerlaubnisverordnung aber keine Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen. Dies gelte auch im Hinblick auf die angebliche Selbstmedikation. Diese begründe keinen Ausnahmefall.
Ansonsten hätte es jeder regelmäßige Konsument von Cannabis in der Hand, durch den Verweis auf eine tatsächliche oder vermeintliche Selbstmedikation die Regelung der Fahrerlaubnisverordnung einfach zu unterlaufen. Ohnehin schließe ein (fast) täglicher Konsum von Cannabis, das - wie im Fall des Antragstellers - nach Aktenlage illegal beschafft worden sei, grundsätzlich die Fahreignung sogar dann aus, wenn der Betroffene im Rahmen einer ärztlich begleiteten Selbsttherapie Medizinal-Cannabis hätte erwerben dürfen.
Auch der Umstand, dass der Antragsteller nunmehr aufgrund ärztlicher Verordnung einen Cannabis-Extrakt einnehme, lasse keinen atypischen Sachverhalt erkennen. Zum einen begründe alleine die faktische Substitution des - nach Aktenlage illegal gewonnenen - Cannabis durch den Antragsteller gegen einen ärztlich verordneten Cannabis-Extrakt keinen Grund zur Annahme, dass allein durch die Einnahme des ärztlich verordneten Präparats nunmehr Fahreignung bestehe.
Dies gelte insbesondere auch deshalb, weil bisher völlig ungeklärt sei, wie dieser Extrakt sich bei dem bisher regelmäßig Cannabis konsumierenden Antragsteller auf dessen motorisches und psychomotorisches Leistungsvermögen auswirke, zumal das vom Antragsteller behauptete Ende seines regelmäßigen Cannabiskonsums erst kurz vor der Verordnung und Einnahme von Sativex erfolgt sein solle und damit jedenfalls im vorliegenden Eilverfahren keine hinreichende zeitliche und psychische Distanz zu dem bisherigen Konsumverhalten erkennen lasse.
Hinzu komme, dass die Inhaltsstoffe des Extrakts demjenigen des Cannabis, nämlich Tetrahydrocannabinol und Cannabidiol, insoweit entsprächen.
Gegen den Beschluss ist das Rechtsmittel der Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz zulässig.
Verwaltungsgericht Neustadt, Beschl. v. 22.03.2017 - 1 L 153/17.NW
Quelle: Verwaltungsgericht Neustadt, Pressemitteilung v. 31.03.2017