Verkehrsrecht, Baurecht -

„Freiwillig-Tempo 30“-Schilder müssen weg

„Freiwillig-Tempo 30“-Schilder, die Anwohner im Landkreis Konstanz auf ihren Grundstücken aufgestellt haben, müssen wegen der Gefahr der Verwechslung mit amtlichen Verkehrszeichen entfernt werden. Das hat das Verwaltungsgericht Freiburg in mehreren Eilverfahren entschieden. Maßgeblich sei das Gesamtbild des jeweiligen Schildes, wie es sich einem flüchtigen Betrachter darstellt.

Darum geht es

Die Anwohner auf der Halbinsel Höri (Landkreis Konstanz) hatten „Freiwillig-Tempo 30“-Schilder auf ihren innerorts gelegenen Grundstücken aufgestellt.

Mit Bescheiden vom 26.04.2024 verfügte das Landratsamt Konstanz jeweils unter Anordnung der sofortigen Vollziehung gegenüber den Anwohnern die Entfernung der Schilder und drohte Zwangsgelder in Höhe von jeweils 800 € an. 

Nachdem das Regierungspräsidium Freiburg die Widersprüche hiergegen zurückgewiesen hatte, erhoben die Anwohner Klage und stellten Eilanträge. 

Wesentliche Entscheidungsgründe

Das Verwaltungsgericht Freiburg hat die Eilanträge abgelehnt. Mit der Aufstellung der Schilder werde voraussichtlich gegen § 33 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung (StVO) verstoßen. 

Die Schilder könnten mit den amtlichen Vorschriftszeichen 274-30 (zulässige Höchstgeschwindigkeit 30 km/h) und 274.1 (Tempo 30-Zone) verwechselt werden. Maßgeblich sei das Gesamtbild des jeweiligen Schildes, wie es sich einem flüchtigen Betrachter darstelle. 

Hiernach sei voraussichtlich eine Verwechslungsgefahr zu bejahen, zumal ein Verkehrsteilnehmer sich nicht sicher sein könne, ob es sich nicht um ein amtliches Verkehrsschild handele, das nachträglich verändert worden sei.

Die Größe und Form der Schilder, die Abbildung von fünf rennenden Kindern und die Aufschrift „Freiwillig“ führten nach der gebotenen Gesamtschau nicht auf den ersten Blick zum eindeutigen Schluss auf ein privates Wunsch-/Fantasiebild. 

Mit der Abbildung der Kinder sei die Ähnlichkeit zu nach der StVO vorgesehenen „schwarzen Sinnbildern“ angelegt. Nach der StVO seien auch „Aufschriften“ zulässig. 

Dass das Bild der Kinder und der Schriftzug „Freiwillig“ nicht - wie es die StVO vorschreibe - schwarz umrandet seien, nehme ein flüchtiger Betrachter nicht zwingend auf den ersten Blick wahr. 

Gerade bei ausschließlich fremdsprachigen Verkehrsteilnehmern sei eine Verwechslungsgefahr gegeben, da bei flüchtigem Blick nur die vermeintliche Geschwindigkeitsbeschränkung, aber nicht die Überschrift „Freiwillig“ verstanden werde. 

Amtliche Verkehrszeichen müssten aber international verständlich sein. Auch weiche die Größe der Schilder nicht offensichtlich von der vergleichbarer amtlicher Verkehrszeichen ab.

Zu beachten sei auch, dass die Fahrerassistenzsysteme der Dienstwagen des Landratsamts und des Regierungspräsidiums beim Vorbeifahren an den Schildern eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 30 km/h angezeigt hätten.

Schließlich sei davon auszugehen, dass die Verwechslungsgefahr negative Folgen für die Sicherheit oder Leichtigkeit des Verkehrs haben könne, wenn statt der an sich zulässigen 50 km/h von manchen Verkehrsteilnehmern nur 30 km/h gefahren würden, während andere Verkehrsteilnehmer die höhere zulässige Geschwindigkeit ausnutzen wollten. 

Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass die Zulassung entsprechender Schilder die Aufstellung weiterer im Wesentlichen gleicher Schilder nach sich ziehen dürfte. Bei der Aufstellung der Schilder handele es sich nicht um isolierte private Einzelmaßnahmen. 

Vielmehr seien sie Teil einer breiten, u. a. von der Deutschen Umwelthilfe unterstützten Initiative, die die „Höri“ mit den Landesstraßen 192 und 193 betreffe.

Die Beschlüsse sind nicht rechtskräftig. Die Anwohner können innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung Beschwerde zum Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim einlegen.

Verwaltungsgericht Freiburg, Beschlüsse v. 08.08.2024 - 6 K 2226/24, 6 K 2227/24 und 6 K 2228/24

Quelle: Verwaltungsgericht Freiburg, Pressemitteilung v. 13.08.2024

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