Wird ein Reisebüro beauftragt, eine Flugreise in Begleitung zweier Hunde zu vermitteln, haftet es für die Folgen, die sich aus einer nicht erlaubten Beförderung der Hunde ergeben. Das hat das Amtsgericht München entschieden. Im Streitfall stellte sich erst bei einer Zwischenlandung heraus, dass für das Reiseziel eine Hundemitnahme im Passagierflugzeug rechtlich nicht zulässig war.
Darum geht es
Die Beklagte beauftragte die Klägerin als Trägerin eines Reisebüros mit der Vermittlung einer Familienflugreise über Silvester 2021 von München über Zürich nach Dubai für sich, ihre drei mitreisenden Familienmitglieder und ihre beiden Chihuahuas-Hunde zu einem Preis von insgesamt 3.743,20 € einschließlich Vermittlungsgebühr.
Bei der Buchung teilte die Beklagte der Mitarbeiterin der Klägerin mit, dass die Hunde während des Flugs im Passagierraum mitreisen sollten.
Den Beteiligten war nicht bekannt, dass nach den Vorschriften der International Air Transport Association (IATA) alle Haustiere, die nach Dubai reisen, als deklarierte Fracht transportiert werden müssen und weder im Passagierraum noch im Frachtraum des Passagierflugzeugs mitgenommen werden dürfen.
Um 30.12.2021 erschien die Beklagte mit ihrer Familie und den beiden Hunden am Check-In und zur Gepäckaufgabe am Flughafen München. Hierbei wurde ihnen von einer Dame am Schalter – ohne nähere Begründung - mitgeteilt, dass die Hunde ab Zürich nicht in der Kabine angemeldet seien.
Die Beklagte trat den Flug bis Zürich dennoch an. Als die Beklagte und ihre Familie in Zürich zum Umstieg ankamen, wurden sie informiert, dass grundsätzlich keine Tiere in Passagiermaschinen auf dem Luftweg nach Dubai einreisen dürften. Der Weiterflug von Zürich nach Dubai wurde sodann durch die Beklagte abgebrochen.
Die Klägerin verlangte die Erstattung der Kosten für die vermittelten Flüge zuzüglich Vermittlungsgebühr in Höhe von insgesamt 3.743,20 €.
Die Beklagte beantragte, die Klage abzuweisen und macht im Wege der Widerklage die Kosten in Höhe von 194,88 € geltend, die ihr durch die abgebrochene Reise entstanden sind.
Der Beklagten entstanden Kosten für einen Covid-19 Antigentest für die minderjährige Tochter am Flughafen Zürich und die Beförderung der Hunde zurück nach München.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Das Amtsgericht München hat die Klage abgwiesen und der Widerklage vollumfänglich stattgegeben. Die Klage eines Reisebüros auf Zahlung von 3.743,20 € wurde damit in vollem Umfang abgewiesen und die Klägerin im Gegenzug zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 194,88 € verurteilt.
Bei den von der Klägerin verauslagten Kosten für die vier Flugtickets zuzüglich der Vermittlungsgebühr handelt es sich nach dem Gericht um keine Aufwendungen, die die Klägerin zum Zwecke der Ausführung des Auftrags den Umständen nach für erforderlich halten durfte (vgl. § 670 BGB).
Das Reisebüro der Klägerin wurde demnach von der Beklagten damit beauftragt, Flüge für die Beklagte, ihre Familie und ihre zwei Chihuahas zu vermitteln, die es ermöglichen, dass die Tiere während der gesamten Flugreise im Passagierraum mitreisen können.
Die Beklagte habe insofern glaubhaft dargelegt, dass die Reise der Hunde im Passagierraum überhaupt der entscheidende Grund war, weshalb sie die Flüge über das Reisebüro und nicht selbst über das Internet gebucht hat.
Dies decke sich mit der Aussage der Mitarbeiterin des Reisebüros, die im Rahmen der Zeugenvernehmung ausgesagt hat, dass die Kabinenbeförderung der Hunde von Anfang an im Fokus gestanden habe.
Das für die Beklagte bestimmende Motiv sei der Mitarbeiterin der Klägerin daher bewusst gewesen, so dass der Auftrag sich nicht nur auf die Vermittlung von Flugtickets bezogen habe, sondern klar bestimmt war von dem Sonderwunsch „Reise mit Tieren an Bord“.
Nach sorgfältiger Prüfung der der Mitarbeiterin des Reisebüros bekannten Umstände, hätte diese den Beförderungsvertrag mit dem Flugunternehmen nie abschließen bzw. vermitteln und die Ticketpreise als Aufwendungen verauslagen dürfen.
Aus objektiver Sicht war die Beförderung der Tiere im Passagierraum das leitende Motiv für die Buchung der Flugtickets. Gemäß den Vorschriften der International Air Transport Association (IATA) müssen jedoch alle Haustiere, die nach Dubai reisen, als deklarierte Fracht transportiert werden und dürfen weder im Passagierraum noch im Frachtraum des Passagierflugzeugs transportiert werden.
Demzufolge hätte die [Mitarbeiterin des Reisebüros] zur Erfüllung des Auftragszwecks vor Buchung zweifelsfrei abklären müssen, dass die Beförderung der Tiere im Passagierraum zulässig und möglich ist.
Die Vorab-Erkundigung war vor allem vor dem Hintergrund erforderlich, dass der [Mit-arbeiterin des Reisebüros] bereits bekannt war, dass das Beförderungsunternehmen E. [Anmerkung: eine andere Airline] gerade keine Tiere im Passagierraum transportiert.
Als Mitarbeiterin eines Reisebüros, die täglich mit Fragen betreffend Einreisebestimmungen konfrontiert ist, hätte sie bereits dieser Umstand dazu veranlassen müs-sen, bei der Auswahl der Flüge besonderes Augenmerk auf die Zulässigkeit des Tiertransports an Bord in der Kabine zu legen und diesen Umstand zwingend vor Buchung abzuklären.
Dies gelte umso mehr als die Einbuchung der Tiere unstreitig erst nach Buchung der Flugtickets erfolgen konnte, das heißt es mussten zunächst 3.327,20 € verauslagt werden, um die Hunde überhaupt einbuchen zu können.
Da die Einreise mit Haustieren im Passagierraum nach Dubai von vornherein rechtlich unmöglich war und dies nicht im Vorfeld durch das Reisebüro abgeklärt wurde, sei die Verauslagung der Ticketpreise nicht geeignet, notwendig und in angemessenem Verhältnis zur Verfolgung des Auftragszwecks gewesen. Ein Aufwendungsersatzanspruch bestehe daher nicht.
Das Gericht hat zur Begründetheit der Widerklage ausgeführt, dass das Reisebüro seine Pflichten aus dem Reisevermittlungsvertrag verletzt habe (vgl. § 280 Abs. 1 BGB).
Die Mitarbeiterin des Reisebüros der Beklagten habe ihre Aufklärungs- und Beratungspflicht dahingehend verletzt, dass sie vor Buchung der Flugreise nicht zweifelsfrei abgeklärt hat, ob Hunde auf allen Streckenabschnitten nach Dubai im Passagierraum erlaubt sind.
Die Beklagte habe ihren Schaden auch nicht sehenden Auges und unter Verletzung ihrer Schadensminderungspflicht nach § 254 Abs. 1 BGB selbst veranlasst. Sie sei in München gerade nicht darüber aufgeklärt worden, dass die Hunde aus rechtlichen Gründen nicht mit im Passagierraum nach Dubai einreisen dürfen und damit die Flugreise von Anfang an, so wie gewünscht, nicht möglich war.
Diese Information habe die Beklagte erst in Zürich am Schalter erhalten. Hätte die Beklagte diese Information bereits in München bekommen, hätte kein Anspruch auf Schadensersatz bestanden. So hätte sie sich auf die Information des Reisebüros verlassen dürfen, so dass keine Zweifel an der Kausalität und keine Anhaltspunkte für ein Mitverschulden der Beklagten bestünden.
Amtsgericht München, Urt. v. 02.05.2023 - 114 C 8563/22
Quelle: Amtsgericht München, Pressemitteilung v. 15.05.2023