Sozialrecht, Familienrecht -

Schlag mit Vase als Arbeitsunfall des Betreuers

Wenn ein Betreuter seinem ehrenamtlichen Betreuer eine Vase auf den Kopf schlägt, kann das für das Opfer einen Arbeitsunfall darstellen. Dies gilt auch dann, wenn die Beteiligten miteinander verwandt sind und der Vorfall sich in der gemeinsamen Wohnung ereignet. Voraussetzung ist, dass der Angriff infolge der Betreuertätigkeit erfolgt ist. Das hat das LSG Sachsen-Anhalt entschieden.

Darum geht es

Der Kläger in diesem Verfahren war als ehrenamtlicher Betreuer für seinen erwachsenen Sohn bestellt worden, der aufgrund einer geistigen Behinderung beeinträchtigt war. 

Zum Aufgabenkreis des Betreuers gehörte u.a. die Gesundheitsfürsorge für den Sohn. Zwischen den beiden Männern kam es im Februar 2016 in der gemeinsamen Wohnung zum Streit, weil das Zimmer des Sohnes von Schimmel befallen war und ein Bausachverständiger den Schaden begutachten sollte. 

Der Vater versuchte, seinen 38jährigen Sohn dazu zu überreden, die Besichtigung zu dulden und vorher noch einen Teil seiner Lego-Steine zur Seite zu räumen, damit der Sachverständige die Möglichkeit hätte, sich die betroffenen Stellen anzusehen. 

Als der Vater seinem Sohn Hilfe beim Aufräumen anbot, zog dieser sich zunächst in sein Zimmer zurück. Wenig später schlug er wutentbrannt mit einem Hammer durch die Zimmertür. 

Als der Vater den Notruf wählte, um einen Notarzt und die Polizei zu rufen, stürzte sich der Sohn auf ihn und schlug ihm schließlich eine Vase auf den Kopf.

Die zuständige Unfallkasse weigerte sich, die dabei erlittene Platzwunde als Folge eines Arbeitsunfalls anzuerkennen. Als ehrenamtlicher Betreuer falle der Vater zwar grundsätzlich unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. 

Der Vorfall habe sich aber nicht bei einer versicherten Tätigkeit ereignet. Dass Eltern ihre Kinder anhalten, ihr Zimmer aufzuräumen, gehöre zum Familienalltag und nicht zur unfallversicherten Tätigkeit eines Betreuers.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Die Klage des Vaters gegen die Entscheidung der Unfallkasse hatte in zweiter Instanz vor dem Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt Erfolg. 

Das Gericht stellte darauf ab, dass zur versicherten Tätigkeit des Klägers als Betreuer seines Sohnes u.a. die Fürsorge für dessen Gesundheit gehört habe. 

Der Gefahr des Angriffs mit der Vase sei der Vater nicht nur deshalb ausgesetzt gewesen, weil er mit seinem Sohn in einem Haushalt gelebt habe, sondern auch weil er den Notruf gewählt habe, um ärztliche Hilfe für seinen Sohn herbeizurufen. 

Das sei ein Teil seiner Tätigkeit als Betreuer im Bereich der Gesundheitsfürsorge gewesen. Die Betreuertätigkeit könne jedenfalls nach dem seinerzeit geltenden Betreuungsrecht nicht auf die Vornahme von Rechtsgeschäften reduziert werden.

LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 26.06.2024, L 6 U 19/23

Quelle: LSG Sachsen-Anhalt, Pressemitteilung v. 31.07.2024

Expertentipps für die große Reform im Betreuungsrecht

Prof. Dr. Dr. Herbert Grziwotz führt Sie kompetent durch die neuen rechtlichen Bestimmungen im Betreuungsrecht mit ihren Auswirkungen in der Praxis.

» Hier gratis downloaden!

Jetzt auch als Onlineplattform für den jederzeitige Zugriff erhältlich: Alle seniorenspezifischen Beratungsthemen dank des mandatsorientierten Konzeptes allumfassend beraten und Mandanten langfristig begleiten.

19,90 € mtl. zzgl. USt