Das Sozialgericht Dortmund hat Zweifel an der Rechtsgültigkeit der Altersgrenze von 68 Jahren im Rahmen der kassenärztlichen Versorgung.
In einem Rechtsstreit über die Höchstaltersgrenze für Vertragszahnärzte es beschlossen, den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) um Auslegung des europarechtlichen Verbots der Altersdiskriminierung zu bitten.
Nach deutschem Recht endet die Zulassung von Zahnärzten, Ärzten und Psychotherapeuten zur Teilnahme an der Versorgung von "Kassenpatienten" mit Ablauf des Kalendervierteljahres, in dem der jeweilige Zahnarzt, Arzt oder Psychotherapeut das 68. Lebensjahr vollendet. Eine im April 1939 geborene Zahnärztin aus Hagen, die infolge dieser Regelung ihre Zulassung verloren hat, hält diese Regelung für europarechtswidrig.
Das europäische Recht verbietet zwar eine Altersdiskriminierung, lässt eine Ungleichbehandlung aber zu, wenn diese erforderlich und angemessen ist, um legitime beschäftigungspolitische, soziale, demografische und ähnliche Ziele zu erreichen. So kann eine Höchstaltersgrenze, z.B. im Interesse der Verteilungsgerechtigkeit zwischen den Generationen, zulässig sein, wenn nicht genügend Arbeitsplätze vorhanden sind. Anders als bei Ärzten und Psychotherapeuten hält das Gericht entsprechende gesellschaftspolitische Erwägungen zur Höchstaltersgrenze bei Vertragszahnärzten nicht mehr für gerechtfertigt, nachdem in diesem Bereich alle übrigen Zulassungs-beschränkungen aufgehoben worden sind, weil der Gesetzgeber insoweit keinen Bedarf mehr sieht.
Die Höchstaltersgrenze für Vertragszahnärzte ließe sich deshalb nur noch unter dem Gesichtspunkt rechtfertigen, dass nach allgemeiner Lebenserfahrung das Leistungsvermögen mit zunehmendem Alter nachlässt und von einer eingeschränkten Leistungsfähigkeit Gefahren für die Patienten ausgehen. Mit dieser Begründung hat das Bundesverfassungsgericht die Höchstalters-grenze als verfassungsgemäß angesehen, mangels Zuständigkeit aber keine europarechtliche Überprüfung vorgenommen.
Vor diesem Hintergrund hat sich das Sozialgericht an den EuGH gewandt, der für die Auslegung europarechtlicher Vorschriften zuständig ist und den die nationalen Gerichte in Zweifelsfällen anrufen können. Es bittet insbesondere um Klärung, ob das europäische Verbot der Altersdiskriminierung die Annahme einer auf allgemeine Lebenserfahrung gestützten Einschränkung der Leistungsfähigkeit als Rechtfertigung einer Höchstaltersgrenze ausschließt.
Quelle: SG Dortmund - Pressemitteilung vom 21.07.08