Kann die „Abwrackprämie“ als Einkommen im Bereich des SGB II angerechnet werden?
Die Frage nach der Anrechnung der „Abwrackprämie“ als Einkommen zu Lasten der Alg II-Empfänger beschäftigt in den knapp zehn Monaten seit ihrer Einführung die Sozialgerichtsbarkeit ebenso wie das Fach-Schrifttum (vgl. Labrenz, NJW 2009, 2245 - 2249, mwN).
Rechtliche Grundlage
Die Richtlinie der Bundesregierung zur Förderung des Absatzes von Personenkraftwagen vom 17.03.2009 (Bundesanzeiger Nr. 48 vom 27.03.2009, S. 1144) enthält keine ausdrückliche Regelung, in welcher Weise mit der Abwrackprämie im Bereich des SGB II zu verfahren ist. Die aktuelle Rechtsprechung dazu ist weithin uneinheitlich.
Aufgegriffene Entscheidungen
In der Praxis stellt sich bei tatsächlicher Auszahlung der Prämie an Leistungsempfängernach dem SGB II bzw. bei der üblichen Auszahlung an das Autohaus aufgrund von Vorausabtretungen jeweils die Frage, inwieweit dieser Zufluss an Geldmitteln als Einkommen anzurechnen ist. Wegen der Eilbedürftigkeit bei Grundsicherungsansprüchen sind die wesentlichen gerichtlichen Entscheidungen bisher im Wege einstweiligen Rechtsschutzes ergangen. Diese Entscheidungen (einerseits LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. V. 03.07.2009 — L 20 B 59/09 AS ER und L 20 B 66/09 AS; anderseits SG Magdeburg, Beschl. V. 15.04.2009 — S 16 AS 907/09 ER = NJOZ 2009, 2648, zuletzt LSG Sachsen-Anhalt, Beschl. V. 22.09.2009 — L 2 AS 315/09 B ER, m.w.N, bestätigend zu Beschluss des SG Halle (Saale) vom 07.08.2009 — S 19 AS 3421/09 ER) sollen hier näher beleuchtet werden.
Pro: Umweltprämie unbeschränkt anzurechnendes Einkommen, § 11 Abs. 1 SGB II
Das LSG Nordrhein-Westfalen (Beschl. v. 03.07.2009 — L 20 B 59/09 AS ER und L 20 B 66/09 AS) und ihm folgend einzelne Gerichte u.a. in Sachsen ( SG Dresden, Beschl. v. 26.08.2009 — S 12 AS 3516/09 ER, SG Chemnitz, Beschl. v. 09.09.2009 — S 44 AS 4601/09 ER) haben die Abwrackprämie bei der Berechnung von Ansprüchen nach dem SGB II als leistungsmindernd gewertet. Es handele sich bei der Prämie um eine "Einnahme in Geld", da sie als unmittelbare finanzielle Zuwendung gewährt werde. Als solches sei die Prämie nach § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II auch keine zweckbestimmte Einnahme. Zwar werde die Prämie zweckentsprechend nur dann gewährt, wenn sie für die Anschaffung eines PKW verwendet wird und nicht in der üblichen, alltäglichen und breiten Ausgabenstreuung für die Erfüllung grundlegender Bedarfs i.S.d. SGB II. Allerdings stehe es Leistungsbeziehern nach dem SGB II auch frei, einen Teil ihrer Leistungen für die Anschaffung und den Betrieb eines PKW zu verwenden, sofern dieser sich in seinem Wert im Rahmen dessen halte, was nach § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB II als angemessenes Kraftfahrzeug angesehen wird. Jedenfalls würde die Gewährung der Umweltprämie jedoch die Lage des Empfängers so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach dem SGB II nicht gerechtfertigt wären. Denn mit ihr würden dem Leistungsbezieher erhebliche Geldmittel in mehrfacher Höhe einer monatlichen Regelleistung — 359 € seit dem 01.07.2009 — letztlich für ein (wenn auch längerlebiges und höherwertiges) Verbrauchsgut und damit für den privaten Konsum zur Verfügung gestellt. Voraussetzung soll allein sein, dass die Prämie ab dem Anrechnungszeitraum tatsächlich vom zuständigen Bundesamt bewilligt und zugeflossen ist.
Ausnahmen hinsichtlich des Anrechnungszeitraums
Sie sollen nur dann greifen, wenn das erworbene Kfz schon vor Auszahlung der Umweltprämie an den Antragsteller vom verkaufenden Autohaus faktisch ausgehändigt wird. Denn durch diese rein tatsächliche Gebrauchsüberlassung am „neuen“ Fahrzeug werde rechtlich noch nicht über berücksichtigungsfähiges Einkommen verfügt, so differenzierend SG Dresden, Beschl. v. 26.08.2009 — S 12 AS 3516/09 ER.
Zweck der Umweltprämie
Im Übrigen lassen es das LSG NRW und die ihm zustimmenden Gerichte offen, ob die Umweltprämie einem anderen Zweck als die Leistungen nach dem SGB II dient. Mit der Richtlinie zur Förderung des Absatzes von Personenkraftwagen habe die Bundesregierung neben umweltpolitischen Zwecken die Absicht verfolgt, durch Erleichterung der Anschaffung eines Neu- oder Jahreswagens, welcher eine strenge Abgasnorm ("Euro 4") erfüllt (unter gleichzeitiger Verschrottung des Altfahrzeugs), die Automobilkonjunktur zu beleben.
Keine Vergleichbarkeit mit der Eigenheimzulage
Selbst wenn es sich aber um eine nach § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II zweckbestimmte Einnahme handeln sollte, bestünde nach dieser Rechtsprechungslinie keine Vergleichbarkeit mit der nicht auf Leistungen nach dem SGB II anzurechnenden Eigenheimzulage (bei Verwendung für die Finanzierung einer nach § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II als Vermögen geschützten Immobilie; vgl. BSG, Urteil vom 30.09.2008 — B 4 AS 19/07 R, DRsp Nr. 2008/20845) . Denn anders als bei der Anschaffung eines PKW diene die Eigenheimzulage der langfristigen — in der Regel so gut wie lebenslangen — Absicherung des Grundbedürfnisses des Wohnens, welches zugleich in der Verfassung mit Art. 13 Abs. 1 GG besondere Berücksichtigung finde.
Aspekte des allgemeinen Gleichheitssatzes, Art. 3 Abs. 1 GG
Eine Ungleichbehandlung von Grundsicherungsempfängern mit Beziehern der Umweltprämie, die nicht Leistungen nach dem SGB II beziehen, sieht diese Sichtweise nicht tangiert. Zwar erhalten andere Bezieher die Prämie ohne jede Einschränkung. Dies rechtfertige sich jedoch aus dem Umstand, dass die nach dem SGB II Berechtigten erhebliche fürsorgegleiche Leistungen beziehen, für die bereits die Allgemeinheit über die Entrichtung von Steuern aufzukommen habe. Hingegen werde bei Nichtbezug solcher Grundsicherungsleistungen die Allgemeinheit nicht in entsprechender Weise in Anspruch genommen.
Kein Ersatz für vorhandenes Fahrzeug
Die Umweltprämie sei schließlich kein Surrogat für ein nach § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB II angemessenes Kraftfahrzeug und damit als geschütztes Vermögen nach dem SGB II anrechnungsfrei. Denn der Hilfeempfänger solle nach dieser Vorschrift zwar ein vorhandenes, angemessenes Kraftfahrzeug behalten dürfen. Damit gehe jedoch nicht einher, dass alle mit der Anschaffung eines Fahrzeugs verbundenen Mittel ebenfalls vor der Anrechnung geschützt seien.
Contra: zwar Einkommen, aber als zweckbestimmte Einnahme anrechnungsfrei
Die Gegenmeinung in der Rechtsprechung (SG Magdeburg, Beschl. v. 15.04.2009 — S 16 AS 907/09 ER = NJOZ 2009, 2648; zuletzt LSG Sachsen- Anhalt, Beschl. v. 22.09.2009 — L 2 AS 315/09 B ER, m.w.N, bestätigend zu Beschluss des SG Halle (Saale) vom 07.08.2009 — S 19 AS 3421/09 ER) hält die Umweltprämie grundsätzlich ebenfalls für Einkommen i.S.d. § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Danach sind Einnahmen in Geld oder Geldeswert als Einkommen zu berücksichtigen. Gegen ihre Berücksichtigung spräche auch nicht die — übliche — Vorausabtretung zugunsten des Autohauses, da bereits diese Verfügung eine Befreiung von der Kaufpreisschuld in Höhe der Prämie von 2.500 € bewirke. Bei der Prämie als Einmalzahlung sei die Berücksichtigung als Einkommen nicht auf den Monat des Zuflusses begrenzt. Die Anrechnung könne anteilig über mehrere Monate, den sog. Verteilzeitraum, erfolgen, wie auch aus § 2 Abs. 3 der Arbeitslosengeld II/Sozialgeldverordnung (Alg II- VO) folgt. Die Anrechnung kann auch in einem späteren Monat beginnen (BSG, Urt. v. 13. 05.2009 — B 4 AS 49/08 R, DRsp Nr. 2009/21205).
Besondere Zweckrichtung der Leistung
Entscheidender Unterschied sei jedoch, dass die Umweltprämie als zweckbestimmte Einnahme i.S.v. § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II zu behandeln sei (so schon SG Magdeburg, Beschl. v. 15.04.2009 — S 16 AS 907/09 ER, Juris). Nach dieser Vorschrift sind Einnahmen nicht als Einkommen des Hilfebedürftigen zu berücksichtigen, soweit sie als zweckbestimmte Einnahmen einem anderen Zweck als Leistungen nach dem SGB II dienen und die Lage des Empfängers nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen der Grundsicherung nicht gerechtfertigt wären. Unstreitiger Sinn der Vorschrift ist es zu verhindern, dass die besondere Zweckrichtung einer Leistung durch die Berücksichtigung (als anzurechnendes Einkommen) im Rahmen des SGB II verfehlt wird (BSG, Urt. v. 03.03.2009 — B 4 AS 47/08 R, DRsp Nr. 2009/14067). Es muss eine Zweckbestimmung der Leistung erkennbar sein, wonach diese einem anderen Zweck dient als die zur Sicherung des Lebensunterhalts gewährten SGB II- Leistungen. In der Bundes- Richtlinie zur Förderung des Absatzes von Personenkraftwagen wird zum "Zuwendungszweck" ausgeführt, die Bundesregierung habe sich zum Ziel gesetzt, mit Hilfe der Umweltprämie die Verschrottung alter und den Absatz neuer Personenwagen zu fördern. Deshalb werden die nachzuweisende Verschrottung des Alt-Pkw und der Erwerb eines Neufahrzeugs zu Voraussetzungen für die Gewährung der Zuwendung gemacht. Die Zuwendungsempfänger sollten zu solchen Handlungen motiviert werden.
Zweckbestimmung
Diese Zweckbestimmung kann danach bei der Prämienbewilligung an Hilfebedürftige nach dem SGB II nur erreicht werden, wenn diese den Zuwendungsbetrag nicht vorrangig vor den ansonsten nach dem SGB II gewährten Leistungen für ihren Lebensunterhalt einsetzen müssten. Denn dann würde der Prämienbetrag wirtschaftlich dem Träger der Grundsicherung zugute kommen und nicht den Hilfebedürftigen, die in der ganz überwiegenden Anzahl der Fälle auch nicht zum Einsatz ihres Schonvermögens für die Verschrottung ihres Altfahrzeuges und den Ankauf eines Neuwagens motiviert werden könnten. Dies gelte jedenfalls unter der aus rechtsstaatlichen Gründen anzunehmenden Prämisse, dass es nicht als Erreichung des Zuwendungszwecks angesehen werden könne, wenn die Hilfebedürftigen auf Grund der falschen Vorstellung von einer "Anrechnungsfreiheit" der Prämie zur Anschaffung eines Neufahrzeugs motiviert würden.
Zudem wird darauf hingewiesen, dass der Gesetz- bzw. Verordnungsgeber die rechtliche Konstruktion für die Gewährung der Umweltprämie gewählt hat, um den Verwaltungsaufwand so gering wie möglich zu halten. So wäre anderenfalls im Einzelnen die zweckentsprechende Verwendung einer vorab für die Kaufpreiszahlung bewilligten Summe nachzuweisen und zu überprüfen gewesen (vgl. Labrenz, NJW 2009, S. 2248). Die konkrete Ausgestaltung spräche mithin nicht gegen die Zweckbestimmung der Zuwendung.
Dieser Annahme einer erkennbaren öffentlich- rechtlichen Zweckbestimmung könne nicht entgegen gehalten werden, dass seitens der Bundesregierung nach Erlass der für die Gewährung der Umweltprämie maßgeblichen Richtlinie auf parlamentarische Anfragen hin Antworten in dem Sinne gegeben worden sind, dass die zugeflossene Umweltprämie von den Hilfebedürftigen zur Bestreitung des Lebensunterhalts einzusetzen sei (so die Antwort des Staatssekretärs Scheele vom 05.02.2009 und 20.02.2009, BT-Drucksachen 16/11845, S. 38 und 16/12073, S. 32). Diese Antworten stellten, ebenso wie entsprechende Einschätzungen von Parlamentariern, nur Meinungsäußerungen zur bestehenden Rechtslage nach Inkrafttreten der Richtlinie dar, sagten aber nichts über die mit der Gewährung der Umweltprämie intendierte Zweckbestimmung aus. Denn bei Erlass der maßgeblichen Richtlinie soll sich der Gesetzgeber bzw. die für die untergesetzliche Umsetzung durch Verordnung zuständige Bundesregierung der Frage nach der Berücksichtigungsfähigkeit der Umweltprämie bei Leistungen nach dem SGB II überhaupt nicht bewusst gewesen sein (Labrenz, NJW 2009, S. 2248). Dafür, dass Hilfebedürftige nach dem SGB II nicht in den Genuss der Umweltprämie kommen sollten, sieht diese Rechtsprechungslinie keine Anhaltspunkte.
Gegenargument gegen die Auffassung des LSG NRW
Dr gegenteiligen Auffassung (s.o., Beschl. v. 03.07. 2009 — L 20 B 66/09 AS u.a., Juris) wird entgegen gehalten, dass dem Hilfebedürftigen im Ergebnis eben keine Mittel zuflössen, die er für seinen Unterhalt oder sonst frei verwenden könne. Bei der Erfüllung der Voraussetzungen für die Gewährung der Umweltprämie nehme der Hilfebedürftige eine Umschichtung von Schonvermögen vor, dass er nun für den Ankauf des neuen Fahrzeugs verwende. Die staatliche Prämie fließe dabei wirtschaftlich betrachtet in die Bezahlung ein, ohne für andere Zwecke zur Verfügung zu stehen (so SG Lüneburg, Beschl. v. 22. August 2009 — S 75 AS 125/09 ER, Juris). Dies gelte jedenfalls für solche Konstellationen, bei denen — wie in dem vom LSG Sachsen- Anhalt entschiedenen Fall — im Verhältnis zwischen dem Hilfebedürftigen und dem Verkäufer des Neufahrzeugs geregelt wird, dass die Auszahlung der Prämie unmittelbar an diesen zu erfolgen hat und dann erfüllungshalber auf die Kaufpreisschuld anzurechnen ist. Dadurch werde der Hilfebedürftige im Hinblick auf die ihm für den Lebensunterhalt zur Verfügung stehenden Mittel faktisch nicht besser gestellt.
Schließlich sei auch keine Verweisung darauf zulässig, zur Bestreitung des Lebensunterhalts im streitigen Zeitraum verwertbare Vermögensgegenstände zu veräußern. Den bei einem Verkauf zu realisierenden Ertrag des neu angeschafften Pkw bemisst z.B. das LSG Sachsen- Anhalt anhand der "Schwacke Fahrzeugbewertung". Beachtlich ist dann im Einzelfall die vom BSG bei 7.500 € angenommene Angemessenheitsgrenze (dazu BSG, Urteil v. 06.09.2007 — B 14/7b AS 66/06 R, DRsp Nr. 2009/5053). Der im streitigen Fall auf nur noch 4.900 € wertreduzierte Pkw war daher nach § 12 Abs. 3 Nr. 2 SGB II auch nicht mehr als Vermögen zu berücksichtigen.
Zusammenfassung und Ausblick
Die gegenläufigen o.g. Entscheidungen zur Frage der Anrechnung der Umweltprämie auf Leistungen nach dem SGB II haben große Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit gefunden. Bereits kurz nach Erlass der Regelungen hatte sich der Präsident des BSG, Peter Masuch, ausdrücklich gegen die Anrechnung der Abwrackprämie als Einkommen im Sinne des SGB II ausgesprochen(spiegel.de vom 23.03.2009). Die Prämie diene — wie die Eigenheimzulage beim Immobilienerwerb — nicht dem Lebensunterhalt.
Die Befürworter der fehlenden Anrechenbarkeit berufen sich ebenso auf die BSG- Rechtsprechung zur — früheren — Eigenheimzulage. Sie gilt im Rahmen des SGB II als zweckbestimmtes und somit anrechnungsfreies Einkommen, wenn sie zur Finanzierung von Wohneigentum verwendet wird (so z.B. BSG, Urt. v. 30.9.2008 — B 4 AS 19/07 R, DRsp Nr. 2008/20845). Ebenso sei es bei der Abwrackprämie. Diese erhalte nur und ausschließlich, wer sie zum Zwecke des Kaufes eines Neufahrzeugs oder Jahreswagen einsetze. Im Gegensatz zur Eigenheimzulage sei die Zweckgebundenheit damit sogar noch weiter reichend. Irgendeine andere Verwendung außer zum Erwerb eines Fahrzeugs sei bei der Umweltprämie ausgeschlossen, weshalb diese als (einmaliges) Einkommen nicht nach dem SGB II Anrechnung finden dürfe (so ausdrücklich bereits SG Magdeburg, Beschl. v. 15.04.2009 — S 16 AS 907/09 ER = NJOZ 2009, 2468, vgl. auch Labrenz, NJW 2009, 2245, 2248 m.w.N). Diese Rechtsprechungslinie ist mit Einschluss des aktuellen Beschlusses des LSG Sachsen- Anhalt vom 22.09.2009 derzeit in der anwaltlichen Beratungspraxis bei betroffenen „Hartz IV“- Empfängern gut vertretbar.
Nach der vom LSG NRW und den ihm folgenden Gerichten vertretenen Gegenmeinung soll die staatliche Abwrackprämie als einmaliges Einkommen bei der Berechnung des Bedarfs zu berücksichtigen sein wie etwa eine Einkommenssteuerrückerstattung. Sie sei auch nicht als eine nach § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II zweckbestimmte Einnahme anzusehen. Jedenfalls würden sie die Lage ihres Empfängers im Sinne der Vorschrift so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach dem SGB II (zeitweise) nicht mehr zu rechtfertigen wären. Der Pkw als ein (wenn auch längerlebiges und höherwertiges) Verbrauchsgut für den privaten Konsum sei dabei nicht mit der für Leistungen nach dem SGB II anrechnungsfreien Eigenheimzulage vergleichbar. Anders als die Anschaffung eines PKW diene die Eigenheimzulage der langfristigen — in der Regel so gut wie lebenslangen — Absicherung des Grundbedürfnisses des Wohnens, welches durch Art. 13 Abs. 1 GG von der Verfassung besonders berücksichtigt werde.
Für die — in jedem Fall allein durch rechtliche Wertung zu ermittelnde - Lösung kommt es mithin darauf an, ob die Umweltprämie ebenso wie Leistungen nach dem SGB II der Existenzsicherung des Begünstigten dient. Dabei ist auch die Frage der Zwecksetzung der Umweltprämie selbst — Förderung des Neu- und Jahreswagenabsatzes und zugleich Entlastung der Umwelt durch Abwracken schadstoffintensiver Altfahrzeuge — zu berücksichtigen. In den vom LSG Sachsen-Anhalt im aktuellen Beschluss vom 22.09.2009 zutreffend wiedergegebenen Antworten von Vertretern der Bundesregierung nach Erlass der Richtlinie zur Umweltprämie gelangt dies wiederum nicht zum Ausdruck. Vielmehr wird vom Bund nun schlicht statuiert, die zugeflossene Umweltprämie sei von Hilfebedürftigen nach dem SGB II zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts einzusetzen.
Ob aber nicht doch diese Anrechnung etwa gegen Art. 3 Abs. 1 GG zu Lasten der Grundsicherungsbedürftigen verstößt (so namentlich Labrenz, NJW 2009, S.2245, 2249), wird sich erst in Zukunft durch Hauptsacherevisionen zum BSG abschließend und rechtssicher für alle Bundesländer einheitlich erweisen.
Lesen Siezu diesem Thema auch die Pressemeldung des Deutschen Bundestags vom 29.10.2009 "Bundesregierung pro Verrechnung der Abwrackprämie"!
Quelle: Heinz Schäfer, RiLSG NRW - Beitrag vom 29.10.09