Sozialrecht -

Opferentschädigung nach Schönheitsoperation

Eine Schönheitsoperation stellt eine vorsätzliche, rechtswidrige gefährliche Körperverletzung dar, wenn die Zustimmung durch bewusst falsche Aufklärung erschlichen wurde. In einem solchen Fall kommt ein Anspruch des Patienten auf Entschädigung nach dem Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (OEG) in Betracht.

Dies hat das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen in einem inzwischen rechtskräftig gewordenen Urteil vom 21.05.2008 festgestellt und damit ein Urteil der 3. Kammer des Sozialgerichts Aachen bestätigt (SG Aachen, Urteil vom 21.12.2006, S 3 VG 163/04).

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall war es bei einer Patientin im Anschluss an zwei kosmetische Operationen zu erheblichen Komplikationen gekommen. Die Klägerin hatte den Arzt im Vorfeld auf bei ihr vorhandene Vorerkrankungen aufmerksam gemacht. Der Arzt verschwieg der Klägerin aber, dass wegen dieser Vorerkrankungen die Operationen ein erhebliches Gesundheitsrisiko darstellten. Er tat dies aus finanziellen Motiven, weil er befürchtete, die Patientin werde sich sonst nicht von ihm operieren lassen. Hierfür wurde der Arzt mit rechtskräftigem Urteil des Landgerichts Aachen wegen vorsätzlicher gefährlicher Körperverletzung verurteilt.


Die Klägerin stellte daraufhin einen Antrag nach dem Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (OEG). Nach diesem Gesetz können Personen, die Opfer von Gewalttaten geworden sind, einen Anspruch auf Entschädigung gegen den Staat geltend machen. Hintergrund dieser gesetzlichen Regelung ist, dass der Staat dafür einstehen soll, wenn er trotz des von ihm in Anspruch genommenen Gewaltmonopols seine Bürger nicht hinreichend im Einzelfall vor Gewalttaten geschützt hat.


Das beklagte Land lehnte den Antrag der Klägerin jedoch mit der Begründung ab, es habe sich hier lediglich um einen mehrfachen Kunstfehler gehandelt, dem zum einen die für einen Anspruch nach OEG erforderliche feindselige Willensrichtung fehle. Zum anderen sei der Schutz vor Kunstfehlern nicht vom Sinn und Zweck des Gesetzes erfasst.


Dieser Auffassung erteilten das Sozialgericht Aachen und nunmehr auch das Landessozialgericht NRW eine Absage. Sie stellten ausdrücklich fest, dass das Verhalten des Arztes, durch unzureichende Aufklärung der Patientin die (rechtsunwirksame) Einwilligung in die Operationen zu erlangen, eine gravierende Missachtung der Persönlichkeitsrechte der Klägerin darstelle. Der Arzt habe bewusst die Klägerin daran gehindert, sich in ihrer persönlichen Integrität zu schützen. Hieraus folge objektiv die nach dem OEG erforderliche feindselige Tendenz der Körperverletzung. Daneben finde die einschränkende Auffassung, ärztliche Kunstfehler seien nicht vom Schutzzweck des Gesetzes umfasst, im Gesetz keine Stütze. Dass sog. „Kunstfehler“ regelmäßig keine Ansprüche nach dem OEG nach sich zögen, liege vielmehr daran, dass – anders als im vorliegenden Fall – es sich fast immer um fahrlässige Delikte handele.

Quelle: SG Aachen - Pressemitteilung vom 29.09.08