Das LSG Niedersachsen-Bremen hat entschieden, dass die Abtretung von Hartz-IV-Ansprüchen zur Tilgung von Altschulden nicht im wohlverstandenen Interesse des Leistungsberechtigten liegt und damit unwirksam ist. Im Streitfall hatte eine Hartz-IV-Empfängerin ihrem Vermieter 50 € pro Monat von der Regelleistung abgetreten, um Rückstände für Betriebs- und Nebenkosten zu tilgen.
Darum geht es
Ein Vermieter aus dem Landkreis Peine verlangte vom Jobcenter Mansfeld die Auszahlung von Grundsicherungsleistungen seiner ehemaligen Mieterin aus dem Südharz.
Hierzu legte er mehrere Vereinbarungen vor, wonach die Frau ihm unwiderruflich je 50 € pro Monat von der Regelleistung abgetreten habe. Es bestünden knapp 2.000 € Rückstände für Betriebs- und Nebenkosten aus den Vorjahren, die hierdurch ratenweise getilgt werden sollten.
Das Jobcenter lehnte eine monatliche Abzweigung ab. Zur Begründung führte es aus, dass eine solche Auszahlung nicht im wohlverstandenen Interesse der Frau liege.
Es gehe nicht um die Abtretung laufender Unterkunftskosten, sondern um die Tilgung von Altschulden. Hierfür habe der Mann bereits Vollstreckungstitel durch das Amtsgericht erwirkt.
Grundsicherungsleistungen dienten nicht der Schuldentilgung, sondern der laufenden Existenzsicherung.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Das LSG Niedersachsen-Bremen hat die Rechtsauffassung des Jobcenters bestätigt.
Eine Abtretung sei nach den gesetzlichen Vorgaben nur im wohlverstandenen Interesse des Leistungsberechtigten zulässig.
Voraussetzung hierfür sei ein gleichwertiger Vermögensvorteil, wie etwa der Schutz der aktuellen Wohnung vor Kündigung.
Dies sei schon deshalb nicht mehr möglich, weil die Frau zwischenzeitlich ausgezogen sei. Außerdem läge es nicht im wohlverstandenen Interesse, Betriebs- und Nebenkosten aus der Regelleistung zu zahlen.
Denn durch die Regelleistung solle der laufende Lebensunterhalt gedeckt werden, der durch die Abtretung geschmälert werde. Die Abtretung von zweimal 50 € pro Monat sei auch mehr als ein Jobcenter von einem Hartz-IV-Empfänger zur Darlehenstilgung einbehalten dürfte – nämlich 10% des Regelsatzes.
Grundsätzlich sei die Tilgung von Altschulden aus der Regelleistung mit dem Gedanken der aktuellen Sicherung des Lebensnotwendigen nicht vereinbar.
Nach dem Auszug aus der Wohnung dürfe das Jobcenter der Frau auch kein Darlehen zur Tilgung der Mietschulden mehr gewähren.
LSG Niedersachsen-Bremen, Urt. v. 03.05.2021 - L 11 AS 234/18
Quelle: LSG Niedersachsen-Bremen, 05.07.2021