BSG, Urt. v. 18.02.2010 - B 14 AS 53/08 R
Die Absenkung des Arbeitslosengeldes II bei Weigerung, einen "Ein-Euro-Job" auszuführen, ist nur bei vorheriger Belehrung über die Rechtsfolgen einer Pflichtverletzung zulässig.
Darum geht es:
Der Absenkungsbescheid, mit dem die Beklagte die der Klägerin gewährten Grundsicherungsleistungen für die Zeit vom 01.03. bis 31.05.2007 herabgesetzt hatte, ist rechtswidrig, weil die Beklagte die Klägerin nur unzulänglich über die Rechtsfolgen belehrt hat, die sich aus der Weigerung ergeben würden, die zusätzliche Arbeitsgelegenheit im Projekt "Job for Junior" weiter auszuführen.
Wesentliche Entscheidungsgründe:
Zwar hat die Klägerin damit ihre in der Eingliederungsvereinbarung übernommene Verpflichtung verletzt. Die Sanktionstatbestände des § 31 Abs 1 Satz 1 Nr. b und c SGB II setzen jedoch voraus, dass der Hilfe bedürftige über die Rechtsfolgen einer Pflichtverletzung belehrt worden ist.
Die Belehrung über die Rechtsfolgen muss konkret, verständlich, richtig und vollständig sein. Erforderlich ist insbesondere eine Umsetzung der in Betracht kommenden Verhaltensanweisungen und möglicher Maß nahmen auf die Verhältnisse des konkreten Einzelfalls. Diese strengen Anforderungen an den Inhalt der Rechtsfolgenbelehrung sind vor allem deshalb geboten, weil es sich bei der Herabsetzung der Grundsicherungsleistungen, wie aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 09.022010 (1 BvL 1/09, 3/09, 4/09) hervorgeht, um einen schwerwiegenden Eingriff handelt.
Die der Klägerin bei Abschluss der Eingliederungsvereinbarung erteilte Rechtsfolgenbelehrung genügt den genannten Anforderungen nicht.
Die Klägerin wurde nicht konkret über die Rechts folgen einer Pflichtverletzung belehrt; die Belehrung bestand vielmehr im Wesentlichen aus einer Wiedergabe des Gesetzestextes. Sie führte eine Vielzahl von Sanktionstatbeständen und möglichen Rechtsfolgen auf, ohne die konkret in Betracht kommenden deutlich zu machen. Auch im Schreiben vom 04.01.2007, das der Klägerin zuging, nachdem sie angekündigt hatte, die Maßnahme nicht fortsetzen zu wollen, findet sich keine Belehrung, die den genannten Anforderungen genügt. Da der Absenkungsbescheid schon wegen der unzulänglichen Rechtsfolgenbelehrung aufzuheben war, war nicht darüber zu entscheiden, ob die im Bescheid angeordnete völlige Streichung der Regelleistung für einen Zeit raum von drei Monaten zulässig war.
Der 14. Senat des Bundessozialgerichts hat die Revision der beklagten Arbeitsgemeinschaft zurückgewiesen und das angefochtene Urteil des Sozialgerichts bestätigt.
Quelle: BSG - Pressemitteilung vom 18.02.10