Eine Verfassungsbeschwerde gegen die Anhebung der Altersgrenzen bei vorzeitigem Rentenbezug ist erfolglos geblieben.
Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts hatte bereits zuvor mit Beschluss vom 11. November 2008 entschieden, dass Kürzungen von Altersrenten bei vorzeitigem Bezug verfassungsgemäß sind (1 BvL 3/05 u.a.).
Der Beschwerdeführer, im März 1940 geboren, war zunächst arbeitslos undbezog nach Vollendung seines 60. Lebensjahres seit April 2000 einevorzeitige Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nachAltersteilzeitarbeit aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Die fürihn maßgebliche Altersgrenze für einen ungekürzten Rentenbezug hätte ererst 39 Kalendermonate später erreicht, weshalb ihm die Rente für diegesamte Dauer des Rentenbezugs um 11,7 % gekürzt wurde. Nach den biszum 31. Juli 1996 geltenden Altersgrenzen (also vor Inkrafttreten desRuhestandsförderungsgesetzes) hätte der Beschwerdeführer eineungekürzte Rentenleistung erhalten, nach den bis zum 31. Dezember 1996geltenden Altersgrenzen (also vor Inkrafttreten des Wachstums- undBeschäftigungsförderungsgesetzes) wäre die Rente lediglich um 10,8 %vermindert worden.
Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts hatte bereits mitBeschluss vom 11. November 2008 entschieden, dass Kürzungen vonAltersrenten bei vorzeitigem Bezug verfassungsgemäß sind (1 BvL 3/05u.a.). Die 2. Kammer des Ersten Senats hat daran anschließend dieVerfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers, der die mehrfachevorgezogene Anhebung der für die Berechnung der Abschläge maßgeblichenAltersgrenzen rügt, nicht zur Entscheidung angenommen. DieVerfassungsbeschwerde hatte keine Aussicht auf Erfolg, da dievorgezogene Anhebung des Renteneintrittalters für einen ungekürztenBezug einer Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nachAltersteilzeitarbeit durch das Ruhestandsförderungsgesetz und die durchdas Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz beschleunigteAnhebung verfassungsgemäß sind. Die angegriffenen gesetzlichenRegelungen genügen insbesondere den Anforderungen an eineverfassungsgemäße Inhalts- und Schrankenbestimmung nach Art. 14 Abs. 1Satz 2 GG.
Das Rentenversicherungsverhältnis baut auf dem Gedanken derVerantwortung und des sozialen Ausgleichs auf; Eingriffe inrentenrechtliche Anwartschaften müssen einem Gemeinwohlzweck dienen unddürfen den Betroffenen nicht übermäßig belasten. Die mittelbarangegriffenen rechtlichen Regelungen verfolgten den Zweck, denMehrkosten aus dem Zuwachs an Frühverrentungen bis Mitte der1990er-Jahre für die gesetzliche Rentenversicherung entgegenzuwirken.Die bereits mit dem Rentenreformgesetz 1992 begonnene stufenweiseAnhebung des Renteneintrittsalters für eine vorzeitige Altersrente mitder Folge der Verlängerung der Lebensarbeitszeit ist sachlichgerechtfertigt, weil sie allein Personen belastet, welche zu einemfrüheren Zeitpunkt eine Altersrente beziehen. Aus demselben Grund liegtauch eine übermäßige Belastung der Betroffenen nicht vor; insbesondereauch deshalb nicht, weil die Versicherten jedenfalls bis zum 31.Dezember 2007 uneingeschränkt selbst über den Zeitpunkt ihrerRentenantragstellung und damit über die Höhe des Abschlags bestimmenkonnten.
Der Grundsatz des rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes wurde nichtverletzt. Im Ruhestandsförderungsgesetz wurde diesem Rechnung getragen,denn die im Rentenreformgesetz von 1992 ursprünglich erst für 2001vorgesehene und dann durch das Ruhestandsförderungsgesetz auf 1997vorgezogene Anhebung der Altersgrenze wurde in Abhängigkeit von demGeburtsmonat des Versicherten gestuft. So war gewährleistet, dassältere Versicherte einen geringeren Abschlag in Kauf zu nehmen hattenals jene, denen mehr Zeit zur Umstellung blieb. Eine andere Bewertungergibt sich auch nicht daraus, dass das zunächst für dieGeburtsjahrgänge ab 1941 geschaffene Übergangskonzept beseitigt wurde;denn ein entsprechendes Vertrauen konnte für die vor dem 1. Januar 1941Geborenen aus dem Rentenreformgesetz 1992 nicht erwachsen, da sie nichtRegelungsthema dieses Gesetzes waren. Die neuerliche Änderung derRechtslage durch das Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetzhielt die verfassungsgemäße Regelungstechnik einer stufenweisenAnhebung der Altersgrenze je nach Alter aufrecht. Zudem verabschiedeteder Deutsche Bundestag das Wachstums- undBeschäftigungsförderungsgesetz nur zwei Monate nach demRuhestandsförderungsgesetz. Die dazwischen liegende Zeit war zu kurz,als dass bei den betroffenen Versicherten ein Vertrauen auf dieKontinuität der erst geschaffenen Übergangsregelung hätte entstehen undDispositionen zur Gestaltung ihrer Altersvorsorge und der weiterenLebensplanung hätten getroffen werden können. Ferner hatten die ältesten von der Regelung betroffenenGeburtenjahrgänge aus dem Jahr 1940 noch mindestens vier Jahre Zeit,sich auf die geänderte Situation einzustellen.
Quelle: BVerfG - Pressemitteilung vom 20.03.09