Das Anlocken und Füttern von Tauben auf dem Balkon einer Eigentumswohnung ist von Gesetzes wegen verboten und führt in der Regel zu einem Unterlassungsanspruch der Eigentümergemeinschaft. Das hat das Amtsgericht München entschieden. Neben einer Verletzung des Rücksichtnahmegebots nach § 14 WEG ging das Gericht im Streitfall auch von einem Verstoß gegen die Hausordnung aus.
Darum geht es
Der beklagte Münchner ist Mitglied einer Wohnungseigentümergemeinschaft in 81243 München. Seine Wohnung hat einen Balkon. In § 5 Ziffer 10 der Hausordnung heißt es: „Das Füttern von Tauben und Möwen auf dem Grundstück oder von Wohnungen aus ist nicht gestattet.“
Der Beklagte hat auf seinem Balkon Wassergefäße als Vogeltränken aufgestellt, an der Decke Meisenknödel sowie einen kleinen Behälter mit Käsestreifen und Sonnenblumenkernen aufgehängt und in den Blumenkästen Rosinen als Vogelfutter ausgelegt. Auf dem Balkon des Beklagten halten sich täglich viele Tauben auf.
Die Eigentümergemeinschaft verlangte von dem Münchner, dass er die Fütterung von Tauben auf seinem Balkon einstellt. Hausdach und Balkon seien bereits erheblich durch Taubenkot verschmutzt. Es sei bekannt, dass Taubenkot ein intensiver Überträger von Keimen und Krankheiten ist. Der Beklagte verstoße zudem gegen das Taubenfütterungsverbot der Landeshauptstadt München. Der Münchner änderte sein Verhalten nicht.
Er gab gegenüber der Gemeinschaft an, seinen eigenen Balkon gewöhnlich jeden Tag mit einem Spachtel zu reinigen und zur Schadensvorbeugung zudem Kalkpulver zu streuen. Verschmutzungen des Daches seien ausschließlich die Folge davon, dass es sich um ein Flachdach und kein Satteldach handele. Taubenkot als Überträger von Krankheiten anzusehen sei bloße Panik-Macherei. Die Eigentümergemeinschaft erhob Klage zum Amtsgericht München.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Die zuständige Richterin gab der Klage statt und verurteilte den Münchner es zu unterlassen, auf dem Balkon oder aus der Wohnung heraus verwilderte Tauben zu füttern und Tauben durch das Auslegen von Futter und Lebensmitteln anzulocken. Verstößt ein Wohnungseigentümer gegen die sich aus der bindenden Hausordnung ergebenden Pflichten, so stehen den beeinträchtigten anderen Eigentümern daher Unterlassungsansprüche zu, so das Gericht.
Daneben hat die Eigentümergemeinschaft einen gesetzlichen Anspruch auf Unterlassen der Taubenfütterung. Das Wohnungseigentumsgesetz berücksichtige den Umstand, dass die Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft eine soziale Gemeinschaft bildeten und damit zwischen ihnen eine Sonderverbindung gegeben sei, innerhalb derer allgemein die Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme bestehe.
Das Gericht weiter: Der Beklagte verletzt das Rücksichtnahmegebot des § 14 WEG durch das (unstreitige) Auslegen von Vogelfutter, das Bereitstellen von Trinkwasserbehältern und das Aufstellen von Behältern, die sich zum Nisten und Brüten zumindest eignen. Durch diese Maßnahmen lockt der Beklagte Tauben in letztlich nicht kontrollierbarer Zahl an.
Damit besteht nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht nur die konkrete Gefahr der vermehrten Beschmutzung auch des Gemeinschaftseigentums und des Sondereigentums anderer Wohnungseigentümer, sondern auch eine konkrete Gesundheitsgefährdung etwa durch von Tauben verbreitete Parasiten wie Taubenzecken und -flöhen oder durch Taubenkot. Dies ist allgemein bekannt und bedarf keines Beweises.“
Das Urteil ist rechtskräftig.
Amtsgericht München, Urt. v. 23.09.2015 - 485 C 5977/15 WEG
Quelle: Amtsgericht München, Pressemitteilung v. 16.09.2016