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Miet- und WEG-Recht -

Mietverträge: Wann sind Nebenkostenpauschalen unwirksam?

Pauschale Nebenkosten können nach AGB-Recht überraschend und damit unwirksam sein, wenn sie in einer Anlage zum Mietvertrag angesetzt werden, aber ansonsten der Eindruck erweckt wird, dass es sich durchweg um Nebenkostenvorauszahlungen handelt. Das hat das OLG Hamm im Fall eines gewerblichen Mietvertrags entschieden. Andere Klauseln sind speziell gegenüber gewerblichen Mietern zulässig.

Sachverhalt

Ein gewerblicher Formularmietvertrag sah vor, dass der Mieter über die Grundmiete hinaus Nebenkostenvorauszahlungen leisten musste. Unter „Mietnebenkosten“ sind laut einer Klausel des Mietvertrags „alle Betriebskosten laut Betriebskostenverordnung sowie die in Anlage 2 zum Mietvertrag aufgeführten Positionen und Kostenarten“ zu verstehen.

Diese Anlage enthielt dabei zahlreiche Positionen, die sich an den Vorgaben des § 2 der Betriebskostenordnung orientierten. Zu diesen Positionen wurde jeweils ein Umlageschlüssel bezüglich der jeweiligen Kosten angegeben. Anders war dies lediglich für die die Positionen „Hausverwaltung“ in Ziffer 14 sowie „Instandhaltung und Instandsetzung“ in Ziffer 18. Hierfür sah die Anlage jeweils pauschale Kosten vor, für die jeweils ein bestimmter Prozentsatz der Jahresnettomiete bzw. Jahreskaltmiete angesetzt wurde.

Als der Mieter die Nebenkostenabrechnung bekommen hatte, weigerte er sich hinsichtlich dieser beiden Kostenpositionen, die geforderte Nachzahlung zu leisten. Er argumentierte damit, dass er mit dem Ansetzen von Pauschalen hier nicht zu rechnen brauche. Es handele sich um eine verdeckte Erhöhung der Grundmiete. Der Vermieter verklagte ihn daraufhin auf Zahlung.

Nachdem das LG Bielefeld die Klage des Vermieters in Bezug auf diese Kosten abgewiesen hatte, legte der Vermieter hiergegen Berufung ein. Doch diese hatte keinen Erfolg.

Wesentliche Aussagen der Entscheidung

Das OLG Hamm wies die Berufung des Vermieters zurück. Das Gericht begründete die Zurückweisung damit, dass die Regelungen in der Anlage zum Vertrag hinsichtlich der Hausverwaltung und die Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten rechtswidrig und daher nicht wirksam sind. Sie stellen eine unzulässige Klausel i.S.v. § 305c Abs.1 BGB dar.

Dies ergibt sich daraus, dass der Mieter mit ihnen hier nicht zu rechnen brauchte. Denn der Mieter musste bei diesem Mietvertrag nebst Anlage den Eindruck haben, dass es sich durchweg um Nebenkostenvorauszahlungen handelt. Er brauchte nicht damit zu rechnen, dass zwei in einer Auflistung in der Anlage befindliche Positionen Pauschalen enthielten. Dieses Überraschungsmoment wird nicht dadurch aufgewogen, dass die Pauschalen auf einen bestimmten Prozentsatz i.H.v. 4 % der Jahresnettomiete begrenzt werden.

Darüber hinaus wies das Gericht darauf hin, dass der Mieter i.S.v. § 307 Abs. 1 BGB hierdurch unangemessen benachteiligt wird. Denn die hier vorliegende undurchsichtige Vertragsgestaltung verstößt gegen das Transparenzgebot.

Folgerungen aus der Entscheidung

Bei dem Abschluss eines gewerblichen Formularmietvertrags muss der Mieter damit rechnen, dass eine Klausel vorsieht, dass es auch für die Instandsetzung und Instandhaltung der Mietsache aufkommen muss. Das Gleiche gilt für Verwaltungskosten. Dies setzt allerdings voraus, dass diese Kosten begrenzt werden. Insofern sieht die rechtliche Situation anders aus als bei einem privaten Mieter, bei dem normalerweise der Vermieter diese Kosten tragen muss.

Allerdings braucht auch ein gewerblicher Mieter nicht mit überraschenden Klauseln zu rechnen. Zwar muss er grundsätzlich auf Nebenkosten in Form von Pauschalen gefasst sein, aber der Vermieter darf nicht beim flüchtigen Lesen des Vertrags den Eindruck erwecken, dass er keine Pauschalen verwendet. Abzustellen ist dabei zunächst einmal auf den Wortlaut des Mietvertrags, aber auch darauf, was im Allgemeinen üblich ist.

Es geht nicht an, dass in der Anlage des Mietvertrags vereinzelte Kostenpositionen abweichend nach Pauschalen berechnet werden, obwohl im Mietvertrag von Nebenkostenvorauszahlungen die Rede ist. Dass hierin eine Überrumpelung liegt, hat das OLG Hamm zutreffend herausgestellt. Dass es hierbei auch auf die Stellung der Klausel ankommt, folgt aus der Entscheidung des BGH vom 09.12.2009 (XII ZR 109/08). Das OLG Hamm hat die Revision zum BGH nicht zugelassen.

Praxishinweis

Gewerbliche Vermieter sollten gerade bei Formularmietverträgen aufpassen. Diese sollten nicht durch die äußere Aufmachung den unzutreffenden Eindruck erwecken, dass es sich lediglich um tatsächlich entstandene Nebenkosten handelt. Hierzu ist erforderlich, dass die Anlage zu dem jeweiligen Mietvertrag passt.
Auch gewerbliche Mieter dürfen normalerweise darauf vertrauen, dass im Text des Mietvertrags auf Ausnahmen hingewiesen wird. Denn eine Anlage dient nur der Konkretisierung des Vertragstextes. Ansonsten kommt schnell der Verdacht auf, dass Mieter durch versteckte Ausnahmen in der Anlage getäuscht werden sollen.

Gewerbliche Mieter sollten sich den Mietvertrag samt Anlage in Ruhe durchlesen. Besonders aufpassen sollte man, wenn Vereinbarungen getroffen werden, die individuell ausgehandelt werden. Hier können sich Mieter nicht auf § 305c BGB berufen.

OLG Hamm, Urt. v. 08.06.2017 - 18 U 9/17

Quelle: Harald Büring