Eine Vermieterin ist vor dem Landgericht Berlin mit der Durchsetzung von Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen gescheitert. Demnach müssen Mieter wesentliche Maßnahmen nicht dulden, wenn diese nach dem Mietvertrag nicht „notwendig“ - das heißt zur Sicherung des Bestands der Mietsache kurzfristig nicht unerlässlich sind. Auch rechtliche Energiesparvorgaben ändern daran ggf. nichts.
Darum geht es
Die Beklagten sind seit 1987 Mieter eines Reihenhauses und hatten 1992 auf eigene Kosten eine Gasetagenheizung einbauen lassen. In dem mit dem früheren Eigentümer, dem Land Berlin, geschlossenen Mietvertrag war unter § 6 Absatz 1 vereinbart worden, dass der Vermieter Ausbesserungen und bauliche Veränderungen, die u.a. notwendig seien, um drohende Gefahren abzuwenden, ohne Zustimmung der Mieter vornehmen dürfe.
Maßnahmen, die zwar nicht notwendig, aber doch zweckmäßig seien, dürfe der Vermieter gemäß § 6 Absatz 2 veranlassen, wenn sie den Mieter nur unwesentlich beeinträchtigen würden oder er den Maßnahmen zustimme. Ferner übernahmen die Mieter aufgrund einer weiteren Regelung im Mietvertrag eine Veranda, die schon vom Vormieter an der Rückseite des Hauses angebaut worden war.
Mit ihrer Klage beanspruchte die neue Vermieterin, die Mieter zu verurteilen, den Anbau sowie die Gasetagenheizung zu entfernen sowie die bereits genannten umfangreichen Modernisierungs- und Instandsetzungsarbeiten zu dulden.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Das Landgerichts Berlin hat in zweiter Instanz entschieden, dass die Vermieterin gegenüber den Mietern die Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen nicht durchsetzen kann. Das Landgericht erteilte allen Begehren eine Absage und wies damit die Berufung der Vermieterin zurück.
Der Anbau an die Veranda müsse schon deshalb nicht entfernt werden, als der frühere Vermieter durch die Regelung im Mietvertrag zum Ausdruck gebracht habe, mit dem Anbau einverstanden zu sein. Die Gasetagenheizung befinde sich seit nunmehr 24 Jahren in dem Haus und es sei ebenfalls davon auszugehen, dass der frühere Vermieter den Einbau, den er niemals beanstandet habe, genehmigt habe.
Zu berücksichtigen sei ferner, dass nach dem Mietvertrag die Beheizung des Hauses allein Sache des Mieters sei. Es sei nicht zu erkennen, dass die Vermieterin durch den Einbau der Heizungsanlage beeinträchtigt werde. Insbesondere die Vorschriften der Energieeinspar-Verordnung (EnEV) stünden nicht entgegen, da Heizkessel, die nach dem 01.01.1985 eingebaut worden seien, erst nach 30 Jahren nicht mehr betrieben werden dürften.
Ebenso wenig könne die neue Vermieterin von den Mietern beanspruchen, dass sie die angekündigten umfangreichen Modernisierungs- und Instandsetzungen dulden müssten. Die mit dem früheren Vermieter getroffene Regelung in § 6 des Mietvertrages, die auch die neue Vermieterin binde, schließe es für sie aus, sich auf die gesetzlichen Bestimmungen zu berufen.
Die Mieter müssten nach dem vorrangigen Mietvertrag nur solche Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen dulden, die „notwendig“ seien. Anders als die gesetzliche Regelung, die nur eine „Erforderlichkeit“ voraussetze, sei § 6 Absatz 1 des Mietvertrages so zu verstehen, dass ohne Zustimmung des Mieters nur Maßnahmen zulässig seien, die zur Sicherung des Bestands der Mietsache unerlässlich seien und einen zeitlichen Aufschub schlechterdings ausschließen würden.
Modernisierungsmaßnahmen, die dagegen rein zweckmäßig und nützlich seien, könnten nach § 6 Absatz 2 des Mietvertrages nur durchgeführt werden, wenn die dadurch verursachten Beeinträchtigungen unwesentlich blieben. Dies sei hier nicht der Fall, da die Maßnahmen mehrere Monate dauern würden. Zudem würde sich die mit der beabsichtigten Modernisierung verbundene Miete um über 1.680 € erhöhen.
Der Vermieterin helfe es auch nicht, sich auf eine etwaige Pflicht zur energetischen Nachrüstung des Hauses nach den Vorgaben der Verordnung über energiesparenden Wärmeschutz und energiesparende Anlagentechnik bei Gebäuden (EnEV) zu berufen. Denn insoweit müsse der Mietvertrag ergänzend ausgelegt werden.
Danach hätten die Mieter allenfalls solche Maßnahmen zu dulden, für die die Vermieterin zuvor erfolglos bei der zuständigen Behörde versucht hätte, eine Ausnahme oder Befreiung nach der EnEV zu erlangen, und hinsichtlich derer zumindest die konkrete Gefahr bestehe, dass die Behörde ordnungsrechtliche Maßnahmen verhängen könnte. An diesen Ausnahmevoraussetzungen fehle es nach Auffassung der Kammer.
Die Kammer hat die Revision zum BGH nicht zugelassen. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision würde eine Beschwer von über 20.000 € erfordern. Ob dieser Wert vorliegend erreicht ist, wäre vom Bundesgerichtshof selbst zu entscheiden.
Landgericht Berlin, Urt. v. 08.12.2016 - 67 S 276/16
Quelle: Landgericht Berlin, Pressemitteilung v. 17.01.2017