Ein Mieter hat keinen Anspruch auf eine behindertengerechte Bedienbarkeit von Rollläden, wenn dies nicht im Mietvertrag festgelegt wurde und der Umbau der Rollladensysteme lediglich eine Erhaltungsmaßnahme und keine Modernisierung darstellt. Unter Umständen kann der Mieter aber die Zustimmung zu behindertengerechten Umbaumaßnahmen verlangen - die Kosten muss er dann allerdings selbst tragen.
Darum geht es
Die Klägerin ist seit dem 01.03.2003 Mieterin einer Erdgeschoss-Wohnung in München. Sie bewohnt diese Wohnung gemeinsam mit ihrem 1991 geborenen schwerstbehinderten Sohn, der im Elektro-Rollstuhl sitzt. Er ist tagsüber allein zu Hause. Aufgrund der Behinderung verfügt er lediglich über eine verminderte Kraft im Oberkörper und über eine geschwächte Stabilität mit einer erschwerten Koordination beider Hände.
Zu Mietvertragsbeginn konnte er die Rollladen-Gurte mit der linken Hand bedienen. Zum Jahreswechsel 2009/2010 wurden von der Vermieterin neue Fenster und Rollladensysteme eingebaut. Anstelle der bis dahin vorhandenen, mit Gurten versehenen Rollläden, wurden nun Rollläden eingebaut, die mit einer Kurbel zu bedienen sind. Diese Kurbeln kann der Sohn der Mieterin - im Gegensatz zu den früher vorhandenen Gurten - nicht bedienen.
Die Mieterin hat nun am 30.01.2013 Klage erhoben gegen die Vermieterin. Sie verlangt den Umbau der Rollläden derart, dass sie auch von dem schwerbehinderten Sohn bedient werden können. Die Vermieterin weigerte sich, die Rollläden umzubauen. Deshalb erhob die Mieterin Klage vor dem Amtsgericht München.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Die Richterin gab der Vermieterin Recht und wies die Klage ab. Es bestehe kein Anspruch auf einen Umbau des Rollladensystems derart, dass es der behinderte Sohn der Mieterin bedienen kann.
Aus dem Mietvertrag würden sich keine besonderen Vereinbarungen bezüglich einer behindertengerechten Ausstattung der Mieträume, abgestimmt auf die speziellen Bedürfnisse des behinderten Sohnes der Mieterin, ergeben. Die eingebauten Rollläden seien voll funktionsfähig. Die Tatsache, dass die Rollläden den besonderen Bedürfnissen des Sohnes nicht entsprechen, sei kein Mangel der Mietsache.
Das Gericht stellte fest, dass es sich beim Austausch der Rollläden lediglich um eine Instandhaltungsmaßnahme und nicht um eine Modernisierungsmaßnahme gehandelt hat. Erhaltungsmaßnahmen sind aber vom Mieter, soweit sie erforderlich sind, zu dulden.
Eine Ausnahme wäre dann gegeben, wenn die Vermieterin bewusst eine Ausstattung gewählt hätte, die der Sohn nicht bedienen kann. Dies wäre dann eine Schikane und würde gegen das Schikaneverbot der §§ 242, 226 BGB verstoßen. Dafür gab es aber in diesem Fall keinerlei Anhaltspunkte.
Das Gericht gab der Mieterin noch einen rechtlichen Rat: Sie kann von der Vermieterin Zustimmung zu (von der Mieterin selbst vorzunehmenden und zu zahlenden) baulichen Veränderungen oder sonstigen Einrichtungen verlangen, die für die behindertengerechte Nutzung der Mietsache erforderlich sind, wenn sie ein berechtigtes Interesse daran nachweisen kann.
Im Übrigen könne die Mieterin allenfalls Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands zum Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses verlangen. Soweit sich seitdem der Gesundheitszustand des Sohnes so verschlechtert hat, dass er auch das Gurtsystem nicht mehr bedienen kann bestehe kein Anspruch auf weitergehende Maßnahmen.
Das Urteil ist rechtskräftig.
Amtsgericht München, Urt. v. 16.04.2013 - 433 C 2726/13
Quelle: Amtsgericht München, Pressemitteilung v. 05.09.2014