Das Amtsgericht München hat eine Mieterin zur Duldung von Baumaßnahmen verurteilt - darunter ein Balkonanbau, Außenaufzug, Zentralheizung und Isolierverglasung. Solche Baumaßnahmen stellen demnach keine Luxusmodernisierungen sondern typische Modernisierungsmaßnahmen nach heutigem Standard dar. Ob die angekündigte Mieterhöhung auch rechtmäßig ist, wurde damit noch nicht entschieden.
Darum geht es
Die Mieterin bewohnt seit 1958 nun noch allein eine Vier-Zimmer-Wohnung von rund 100 m² im Münchner Gärtnerplatzviertel. Der Mietvertrag war von ihren Eltern zum damaligen Mietpreis von 190 DM monatlich geschlossenen worden. Die Miete kalt belief sich zuletzt auf 517,66 €. Die im 3. OG gelegene Wohnung ist bisher mit zwei Gaseinzelöfen, doppelt verglasten Fenstern und zweiadrigen Elektroleitungen ausgestattet. Nur für die Badewanne gibt es einen Gasdurchlauferhitzer für Warmwasser. Die Mieterin beziffert ihre Gaskosten auf 24 € monatlich.
Im Mai 2015 unterrichtete der 2011 in die Vermieterstellung eingetretene neue Eigentümer und Kläger die Mieterin von den geplanten Baumaßnahmen und kündigte nach Fertigstellung eine Mieterhöhung um 751,67 € auf dann 1296,33 € an Diese teilte umgehend mit, ihre Zustimmung zu verweigern.
Die Beklagte behauptet, die angekündigten Modernisierungsmaßnahmen seien nur vorgeschoben, um sie zum Auszug zu bewegen, um dann den Wohnungszuschnitt ändern und weitergehende Modernisierungen durchführen zu können. Überdies handele es sich nicht um Modernisierungsmaßnahmen, sondern um Luxusmodernisierungen zur Vertreibung der alten Mietparteien. Schließlich läge auch aufgrund der enormen geplanten Mieterhöhung ein Härtefall vor.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Die zuständige Richterin am Amtsgericht München gab dem Kläger Recht. Die Modernisierung mittels Balkonanbau, Außenaufzug, Zentralheizung, Isolierverglasung und dreiadriger Stromkabel ist vom Mieter zu dulden. Das Amtsgericht München verurteilte die 70jährige verrentete Mieterin nach insgesamt vier Verhandlungsterminen, darunter zwei Beweisterminen, zur Duldung dieser Baumaßnahmen.
Auf Seite des Klägers ist vorliegend zu berücksichtigen, dass er sein Mietobjekt dem üblichen Wohnkomfort sowie den jeweiligen technischen und sonstigen nachgefragten Standards anpassen muss, um die Vermietbarkeit des Hausbesitzes langfristig zu sichern.
Hier handelt es sich gerade nicht um überdurchschnittliche Ausstattungen, die regelmäßig nur von einem kleinen Interessentenkreis nachgefragt werden, sondern vielmehr um typische Modernisierungsmaßnahmen zur Anpassung des mietvertraglichen Dauerschuldverhältnisses an den Wandel des Fortschritts, die ja geradezu als durchschnittliches Niveau nach heutigem Standard von jedem Mieter erwartet werden können.
Die Beweisaufnahme habe ergeben, dass der Kläger die Baumaßnahmen nicht bloß vorgeschoben, sondern tatsächlich konkret geplant hatte. Die zu erwartende Bauzeit belaufe sich auf zehn Tage. Bewegt sich die Dauer aber im Bereich sozial üblicher Ortsabwesenheiten wie im Rahmen eines Urlaubs, ist die Zumutbarkeit grundsätzlich zu bejahen.
Zwar ist eine Mieterhöhung von 245 % als für die Beklagte im Raum stehende Folge der durchgeführten Maßnahmen durchaus beachtlich. Jedoch stellen die vorgenommenen Maßnahmen - wie oben ausgeführt - keine Luxusmodernisierungen dar. Überdies stellt das Gesetz dem Mieter hinreichend Mittel zur Verfügung, um sich gegen ein vermeintliches Hinausmodernisieren durch eine Mieterhöhung effektiv zur Wehr zu setzen.
Zwar mag es für den Mieter durchaus bedauerlich sein, wenn er sich aufgrund der Modernisierungsmaßnahmen die Wohnung nicht mehr leisten kann. Jedoch ist dies unter Abwägung der Eigentümerinteressen an Veränderungen und Verbesserungen seines Mietshauses hinzunehmen, um nicht den grundrechtlich verankerten Eigentumsschutz nach Art. 14 GG auszuhebeln.
Anmerkung: Mit der Entscheidung über die Duldung der Baumaßnahme ist noch keine Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der angekündigten Mieterhöhung getroffen.
Das Urteil ist nach Zurückweisung der Berufung seit 27.09.2017 rechtskräftig.
Amtsgericht München, Urt. v. 30.12.2016 - 453 C 22061/15
Quelle: Amtsgericht München, Pressemitteilung v. 09.02.2018