Das Landessozialgericht Baden-Württemberg hat entschieden, dass die Mietobergrenzen in Heilbronn auf einem rechtmäßigen „schlüssigen Konzept“ beruhen. Das Konzept beziehe sich auf den gesamten Wohnungsmarkt im Stadtgebiet. Die Datengrundlage der Mietwerterhebung ist demnach hinreichend valide und repräsentativ. Das Landessozialgericht widersprach insoweit der Bewertung der Vorinstanz.
Darum geht es
Die 1973 geborene M. ist die Mutter der 1995 geborenen T. Für die angemietete 67 m² große Zweizimmerwohnung in Heilbronn bezahlten sie im streitigen Zeitraum Juni bis August 2017 monatlich 587 € Bruttokaltmiete (530 € Kaltmiete, 50 € Nutzungsentgelt für eine Einbauküche sowie 7 € für kalte Nebenkosten).
Das Jobcenter Stadt Heilbronn übernahm die Unterkunftskosten unter Berufung auf ein von der Firma A entwickeltes „schlüssiges Konzept“ jedoch nur teilweise in Höhe von 470 €. Hiernach betrage die abstrakt angemessene Nettokaltmiete 463 € zuzüglich kalter Betriebskosten in Höhe von 7 €.
Das „schlüssige Konzept“ der Stadt Heilbronn sei unwirksam, urteilte in erster Instanz das Heilbronner Sozialgericht (Az. S 7 AS 1912/17). Die Datenerhebung sei in wesentlichen Teilen nicht valide.
Aufgrund der Unwirksamkeit des schlüssigen Konzeptes sei nach höchstrichterlicher Rechtsprechung auf die Werte der Wohngeldtabelle zurückzugreifen. Auch wenn dem Urteil nur ein Zweipersonenhaushalt zugrunde liege, dürften die maßgeblichen Erwägungen auf sämtliche vom schlüssigen Konzept erfassten Haushalte übertragbar sein.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Auf die Berufung des Jobcenters der Stadt Heilbronn hat das Landessozialgericht das Urteil des Heilbronner Sozialgerichts aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Das Konzept erfülle die von der Rechtsprechung des Bundesozialgerichts gestellten Mindestanforderungen.
Zutreffend habe sich das Konzept auf den gesamten Wohnungsmarkt im Stadtgebiet Heilbronn, also Wohnungen einfachen, mittleren und gehobenen Standards bezogen. Die mit der Mietwerterhebung erfasste Datengrundlage sei auch hinreichend valide und repräsentativ.
So lägen dem Konzept insgesamt mehr als 1.500 Mietwerte bzw. Angebotsmieten, demnach mindestens 5 % des Gesamtwohnungsbestandes von seinerzeit 29.800 Wohnungen zugrunde. Es sei nicht ersichtlich, dass die in die Auswertung eingegangenen Daten kein realistisches Bild des Wohnungsmarktes im Stadtgebiet Heilbronn vermittelt hätten.
Unbedenklich sei, dass auch Daten von Leistungsberechtigten aus dem SGB II-Bestand des Jobcenters in die Ermittlung der Angemessenheitsgrenzen eingeflossen seien. Denn weder bestehe vorliegend die Gefahr eines Zirkelschlusses noch fielen die Daten des Jobcenters mit lediglich 412 Mietwerten überproportional ins Gewicht.
Die erhobenen Daten seien auch hinreichend valide und repräsentativ in Tabellenform jeweils unter Angabe der Quelle und des Datums des Inserats aufbereitet worden. Im Rahmen der von den Fachgerichten durchzuführenden nachvollziehenden Kontrolle sei es nicht Aufgabe der Gerichte, ohne Anlass jedes einzelne Mietangebot zu überprüfen.
Ein solcher Anlass habe vorliegend angesichts der umfassenden Zusammenstellung der Rohdaten nicht bestanden. Eine Unschlüssigkeit des Konzepts ergebe sich auch nicht aus dem Umstand, dass hierin die Gruppe der Studenten und Empfänger von Berufsausbildungsbeihilfe nicht berücksichtigt worden sei.
Denn diese Paare und WG-Bewohner verfügten jeweils über ein zwar niedriges, aber eigenes Einkommen und hätten zusammen oftmals eine höhere Kaufkraft als viele Familien. Schließlich sei im Konzept beanstandungsfrei auf Durchschnittswerte aller Betriebskostenwerte (hier in Höhe von 1,45 € pro m² für Wohnungsgrößen bis 60 m² im Vergleichsraum) abgestellt worden.
LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 21.07.2021 - L 3 AS 1027/19
Quelle: LSG Baden-Württemberg, Pressemitteilung v. 03.08.2021