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Eigenmächtige Räumung und zulässige Gegenwehr

Wenn einem Mieter der Besitz durch den Vermieter mittels verbotener Eigenmacht entzogen wird, darf er sich „sofort“ nach der Entziehung wieder in den Besitz der Wohnung bringen. Er muss sich aber nicht auf körperliche Auseinandersetzungen einlassen und kann ggf. warten, um sich wieder Zugang zu seiner Wohnung zu verschaffen. Das hat das Amtsgericht München entschieden.

Darum geht es

Der Kläger ist Mieter einer möblierten Einzimmerwohnung im Münchner Westend. Die Parteien schlossen am 05.12.2016 einen bis zum 01.03.2017 befristeten Mietvertrag über die oben genannten Räumlichkeiten. Die Befristung des Mietvertrages dürfte unwirksam sein.

An einem Dienstag im Mai 2017 soll der Vermieter dem Kläger telefonisch erklärt haben: „Das Amt zahlt keine Miete mehr! Ich schmeiß‘ Sie raus! Ich räume Sie!“. Als der Mieter am darauffolgenden Mittwoch gegen 16 Uhr zu seiner Wohnung kam, war das Schloss ausgewechselt. Die Polizei soll daraufhin dem Mieter mitgeteilt haben, er dürfe in seine eigene Wohnung einbrechen, er müsse aber die Konsequenzen tragen, wenn sich dieser Vorgang im Nachhinein als illegitim herausstellen sollte.

Bei dem durch Vermittlung der Polizei am Abend stattfindenden Treffen mit Vertretern der Vermieterin verweigerten diese dem Mieter den Zutritt. Man sagte, man würde nur aufsperren, damit eine dritte Person die nötigsten Dinge des Mieters aus der Wohnung holt. Der Mieter brach sodann zwischen 1 und 2 Uhr in der darauffolgenden Nacht in seine eigene Wohnung ein.

Am nächsten Tag wollten Angestellte der Vermieterin die Wohnung räumen. Als sie feststellten, dass sich der Mieter wieder in der Wohnung befand, riefen sie die Polizei. Die eintreffenden Polizeibeamten teilten mit, dass sie für die Frage der Wohnungsräumung nicht zuständig seien, da es sich lediglich um eine zivilrechtliche Frage handele. Da der Mieter den Beamten die Wohnungstür geöffnet hatte, gelang es den Angestellten einzutreten und die Wohnung zu räumen.

Die Vermieterin begründet ihr Vorgehen damit, dass der befristete Mietvertrag abgelaufen und die Miete vom Jobcenter seit April nicht mehr gezahlt worden sei. Als man damit begonnen habe, die Möbel gemäß der gerichtlichen einstweiligen Verfügung zurückzuschaffen, seien comicartige Zeichnungen gefunden worden, die wegen ihres Inhalts zur Anzeige gegen den Mieter wegen des Verdachts des Besitzes kinderpornographischer Schriften geführt hätten. Die Vermieterin habe mittlerweile, wenn auch erst eine Woche nach der Räumung, dem Mieter formgerecht die fristlose Kündigung erklärt.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Der zuständige Richter am Amtsgericht München gab dem Kläger Recht. Das Gericht bestätigte eine bereits im Mai 2017 erlassene einstweilige Verfügung, die dem Vermieter angewiesen hatte, dem Mieter wieder Besitz an seiner Wohnung einzuräumen und den ursprünglichen Zustand inklusive der zuvor vorhandenen Möbel wiederherzustellen.

Der Besitzer eines Grundstücks dürfe, wenn ihm der Besitz durch verbotene Eigenmacht entzogen worden sei, sofort nach der Entziehung sich des Besitzes durch Entsetzung des Täters wieder bemächtigen.

Er musste sich um 19 Uhr nicht auf eine körperliche Auseinandersetzung mit den Mitarbeitern der Beklagten einlassen, sondern durfte noch ein paar Stunden warten, um sich in der Nacht wieder in den Besitz seiner Wohnung zu bringen.

Ansprüche der Beklagten auf Räumung und Herausgabe der Wohnung stehen vorliegend nicht rechtskräftig fest. Der Vermieter kann den Mieterschutz der §§ 573 ff. BGB nicht dadurch aushebeln, dass er den Mieter mit Gewalt aus der Wohnung wirft. Aus den auch erst nach der unzulässigen Räumung aufgefundenen Zeichnungen, die der Mieter für seinen Bruder aufbewahrt haben will, ergäbe sich keine konkrete Gefahr für Leib oder Leben Dritter.

Gerade auf einem Wohnungsmarkt, der wie der in München derart angespannt ist, kann ein Verhalten wie das der Beklagten schlicht nicht geduldet werden.

Das Urteil ist nach Zurückweisung der Berufung vom 10.11.2017 rechtskräftig.

Amtsgericht München, Urt. v. 13.06.2017 - 461 C 9942/17

Quelle: Amtsgericht München, Pressemitteilung v. 26.01.2018